Tourismuswelt

Sunday Press Die Schweiz hat zu wenige Piloten und Chauffeure

Der Fachkräftemangel in der Personenbeförderung ist eines der heissen Themen der Schweizer Sonntagspresse. Weiter wird unter anderem über den Camping-Trend, die Fokussierung auf Nebensaisons oder den Frust über Badezimmer in Hotels berichtet.

Travelnews.ch hat sich wieder einmal durch die grossen SonntagsZeitungen gelesen, um Ihnen, lieber Leser, synoptisch das Wichtigste zur Reisewelt bieten zu können. Viel Spass beim Lesen  - wir wünschen einen erholsamen Sonntag!

Fliegerei und der Pilotenberuf haben an Attraktivität eingebüsst

Der «SonntagsBlick» nimmt den ganzen Rummel und den Absturz der JU-52 und die Wiederaufnahme des Flugbetriebs durch die JU-Air zum Anlass für einen Blick auf die allgemeine Lage in der Schweizer Luftfahrt – und konstatiert, dass diese «den Sinkflug eingeleitet» habe. «Die Fliegerei und der Pilotenberuf haben an Attraktivität eingebüsst », wird Urs Holderegger, Kommunikationschef des Bundesamts für Zivilluftfahrt, zitiert. Der Nimbus des Linienpiloten sei mit dem der 80er- oder 90er-Jahre nicht mehr vergleichbar. Doch nach wie vor seien die Ausbildung und das Fliegen von Motorflugzeugen mit hohen Kosten verbunden.

Das bleibt nicht ohne Folgen: In der Schweiz gibt es immer weniger Piloten. 2000 waren 10‘408 Pilotenausweise für Motorflugzeuge in Umlauf, 2017 nur noch 8235 – ein Rückgang um über 20 Prozent. Das liege nicht an den Linienpiloten, von denen es heute sogar etwas mehr gibt als vor dem Swissair-Grounding, sondern an den Privatpiloten. Deren Zahl geht rapide zurück, weil es für die Fliegerei mit kleinen Privatmaschinen immer komplexere Auflagen und Vorschriften gibt. Thomas Steffen, Mediensprecher vom Swiss- und Edelweiss-Pilotenverband Aeropers, hält das für eine gefährliche Entwicklung: «Es fehlt an Nachwuchs, denn Privatpiloten sind potenzielle Berufs- und Linienpiloten. » Sein Fazit: «Ich würde die Pilotenausbildung heute nicht mehr eigenfinanziert machen, sondern nur, wenn eine Airline den grössten Teil davon übernimmt.» Wie er den Pilotenjob sieht, erklärt er übrigens in unserem Video .

Ein weiteres Problem: Nur fünf Prozent der Swiss-Piloten sind weiblich. Um ein Symbol für die Gleichberechtigung zu setzen, flog im Frühling 2016 ein Swiss-Airbus mit ausschliesslich weiblicher Crew von Genf nach New York. Im Durchschnitts-Cockpit hat sich dadurch aber nicht viel geändert. «Der Frauenanteil in den Ausbildungskursen von Swiss ist nach wie vor unbefriedigend – er liegt im tiefen einstelligen Prozentbereich. Um das Geschlechterverhältnis im Cockpit besser auszugleichen, setze man mittlerweile auf «Marketingaktivitäten » und sogar auf Teilzeitmodelle.

Wenn die Optikerin zur Bus-Chauffeurin wird

Die «SonntagsZeitung» behandelt ein ähnliches Thema: Den Mangel an Chauffeuren im Schweizer ÖV. Wie die Verkehrsbetriebe der Stadt Zürich (VBZ) festhalten, fehlten wegen einer Pensionierungswelle Ende vergangenen Jahres bereits 15 Tram- und Buschauffeure. Verschlimmert wurde die Lage durch einen Mangel an geeigneten Kandidaten. Vor allem aber seien früher viele Fahrer den VBZ jahrzehntelang treu geblieben - heute gehörten Jobwechsel alle paar Jahre dazu. Die VBZ haben darum eine neue Zielgruppe entdeckt: Quereinsteiger. Mit einer Plakatkampagne werden zurzeit Serviceangestellte, Pizzaiolos oder Büroangestellte dazu aufgefordert, sich doch zu «Tram- oder Buspiloten» umschulen zu lassen. Die Einstiegslöhne liegen bei 5000 bis 6000 Franken. Und tatsächlich: Die Bewerbungen von Quereinsteigern haben laut einer VBZ-Sprecherin zugenommen. 

Die neue Angst vor Autobahnbrücken

Der «SonntagsBlick» nimmt überdies das Brückendrama von Genua von letzter Woche zum Anlass für einen Blick auf die Schweizer Strassenbrücken. Und stellt anhand eines frühen Blicks in den Strassenzustandsbericht des Astra (Bundesamt für Strassen) fest: Von 4548 regelmässig kontrollierte Brücken in der Schweiz sind 40 in kritischem Zustand, d.h. sie müssen innerhalb der nächsten zwei Jahre saniert werden. Ein Problem besteht jedoch nicht: «Allgemein ist der Zustand des Schweizer Strassennetzes gut», glaubt Astra-Direktor Jürg Röthlisberger. Der Sanierungsbedarf der Schweizer Autobahnbrücken, wovon die meisten aus den 60er und 70er-Jahren stammen, werde aber in den kommenden Jahren zunehmen.

In einem Folgeartikel stellt der «SonntagsBlick» dann die Frage, ob man mit dem Auto überhaupt noch nach Italien fahren solle. Dies, weil in Italien laut Expertenmeinungen bis zu 300 Strassenbrücken mangelhaft sein könnten. Die Zeitung bemängelt, dass weder TCS noch ACS oder das EDA über den Strassenzustand in Italien richtig informiert seien. Alle drei Organisationen raten auf jeden Fall nicht davon ab, mit dem Auto nach Italien zu reisen.

Schweizer Tourismus entdeckt die Nebensaisons

Dank dem sonnigen Wetter und dem starken Zuwachs an asiatischen Gästen können in diesem Sommer viele Hotels und Bergbahnen ihre Einnahmen steigern, und auch in Städten boomt der Tourismus. Doch in den meisten Ferienorten und bei den kleineren Bergbahnen kann der Sommertourismus den Rückgang im Wintersport nicht annähernd ausgleichen. Zu diesem Schluss kommt der Schweizer Tourismus-Verband in einem neuen Thesenpapier zur Zukunft des Tourismus in den Berggebieten, wie die «SonntagsZeitung» schreibt. Die Anbieter dächten noch zu oft in den Kategorien Haupt- und Nebensaison, kritisiert der Verband. «Das Marketing ist entsprechend noch immer zu stark auf den Sommer- und Wintertourismus ausgelegt, und die Produktentwicklung hat sich zu lange auf den Klassikern Wandern und Skifahren ausgeruht.»

Der Verband ruft nun die Hoteliers, Wirte, Bahnbetreiber und die lokalen Marketingorganisationen dazu auf, umzudenken. Sie müssten ihr Angebot auf das ganze Jahr verteilen. Umdenken müsse auch Schweiz Tourismus. Bisher hat die Organisation vor allem die Sommer- und die Wintersaison vermarktet. Nun wird sie erstmals eine nationale Herbstkampagne starten, unter dem Motto «Wecke deine Sinne». Angepriesen werden etwa die Herbstküche, der Schweizer Wein, Wildtierbeobachtungen oder traditionelle Herbstanlässe wie Alpabzüge, Chästeilet, Wein- und Marronifeste. Ziel sei es, die Mauern zwischen den Kategorien Haupt- und Nebensaison einzubrechen und aus dem Herbst eine eigenständige, starke Saison zu machen.

Was Hotelgästen sauer aufstösst

Immer mal wieder gibt es Berichte dazu, was Hotelgäste in ihrem Zimmer bemängeln. Der «SonntagsBlick» hat nun ebenfalls geschaut, wo mehr auf Wünsche der Innenarchitekten und Designer statt der Gäste geschaut wird. Und listet auf, was am meisten nervt. Auf Rang 1 kommt, wie so oft, die Glastüre ins Bad – auch wenn dies in Businesshotels, wo meist nur eine Person ein Zimmer besetzt, kaum ein Problem ist, so ist es eben eins, sobald zwei oder mehr Personen im Raum sind. Auch komplizierte elektronische Geräte, mangelhafte Beleuchtung, zu wenige Ablageflächen oder allgemein die Hygiene seien ebenfalls immer wieder ein Thema.

Die neue Lust am Campen

Die «Zentralschweiz am Sonntag» widmet dem Thema Camping ein ganzes Sonderthema mit mehreren Artikeln. Das drängt sich auf: Mit 3,2 Millionen Übernachtungen verzeichneten die Campingplätze in der Schweiz einen Rekord. Dies entspricht einem Plus von 14 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Und 2018 könnte dieses Ergebnis übertroffen werden. «Wir sind auf Rekordkurs», sagt Oliver Grützner, Leiter Tourismus und Freizeit des TCS. Der TCS ist mit 23 eigenen Plätzen mit Abstand der grösste Campingplatzbetreiber in der Schweiz.

Den Ton geben auf den nationalen Campingplätzen die Schweizer an. Sie machen gut drei Viertel aller Gäste aus, dahinter folgen die Camper aus Deutschland und den Niederlanden. Weil aber bei den Schweizer Gästen in den vergangenen Jahren das grösste Wachstum registriert worden ist, lancierte der TCS auf diese Saison hin die Onlineplattform camping-insider.ch. Bereits über 82‘000 Personen haben sich für den Newsletter angemeldet (Stand Ende Juli 2018). Zu der Plattform gehören unter anderem ein digitaler Campingführer für die Schweiz und Europa, Informationen rund ums Campen sowie ein Ratgeber. Im kommenden Jahr soll die Webseite durch eine Buchungsplattform ergänzt werden. Ziel ist es, dass Schweizer Camper über das Portal Plätze in ganz Europa buchen können. Zur Auswahl stehen also nicht nur die TCS-eigenen Plätze. 

Zudem überlege man an Kooperaionsmöglichkeiten mit Festivals und weiteren Gross­anlässen. «Pop-up-Camping» nennt sich das, und die Idee dahinter: Der TCS betreibt während der Dauer eines Grossanlasses einen Campingplatz unter anderem mit kleinen, abschliessbaren Häuschen mit Dusche und WC. Beim diesjährigen Open Air St.Gallen kam das Modell erstmals zum Zuge. 

In weiteren Artikeln wird etwa über die Campingfahrzeug-Legende «VW Bulli» geschrieben, und auch Thomas Jenzer – Hauptberuflich Schulleiter der IST in Zürich – kommt zum Zug: Er hat 2016 mit Peter Creutzig ein Start-up zur Vermietung von VW-Campern gegründet und dabei eine lukrative Nische gefunden. Denn während es an Vermietern von grossen Wohnmobilen nicht mangelt, gibt es in der Schweiz kaum jemanden, der die kleineren Camper im grösseren Stil vermietet. Und genau hier setzen die beiden mit ihrer Firma Citypeak an. Die Camper sind kompakter, verfügen über leistungsstarke Motoren, und mit ihnen kommt man nicht nur über den nächsten Pass, sondern auch ins Stadtzentrum. Ende Saison gelangen sämtliche Fahrzeuge in den Verkauf, damit in der Garage Platz für die neusten Modelle entsteht. Im zweiten Jahr kann Jenzer sagen: «Wir haben Fahrt aufgenommen. Vor allem der Herbst läuft in diesem Jahr unglaublich gut.» 

Unrealistische Erwartungen beim Geschichtstourismus

Im «Gesellschaft»-Bund des «SonntagsBlick» äussert sich Valentin Droebner, Geschichtsprofessor an der Uni Luzern, anhand einiger touristischer Hochburgen wie Eiffelturm, Kolosseum oder Angkor Wat über die «Sehnsucht nach dem Authentischen» und wieso Letzteres leider vielfach längst nicht mehr der Realität entspricht. Seine Betrachtungen zur Entstehung des Tourismus, zur Wirkung von Bildern oder zur Wechselwirkung zwischen Geschichte und Tourismus sind äusserst lesenswert – und im Buch «Retroland» (S. Fischer Verlag) zusammengefasst.

Vermischtes

Die «NZZ am Sonntag» behandelt ausnahmsweise fast kein touristisches Thema – obwohl sehr viele Werbungen, insbesondere für Leserreisen, aus dem Tourismus stammen. In der Beilage «NZZ executive» gibt es immerhin ein Interview mit André Witschi, dem Stiftungspräsidenten der weltbekannten École hôtelière de Lausanne, wo er über seine Vorbilder – Mövenpick-Gründer Ueli Prager und die Accor-Gründer Paul Dubrulé und Gérard Pelisson – oder seine Ferien in Frankreich, Myanmar und Kambodscha sinniert.

In der «Stil»-Beilage findet sich dann ein Portrait der Stadt Lausanne, vor allem über einzelne Kleinunternehmer der Stadt gezeichnet, darüber hinaus Empfehlungen für ein Hotel in Paris (das Hôtel Saint-Marc: «Wer einen ruhigen Rückzugsort im Zentrum sucht, ist hier richtig») und für Wanderungen im Bündner Val Tuoi, sowie eine schöne Reportage zu den schwierig zu erreichenden Skellig Rocks im Südwesten Irlands, welche durch die «Star Wars»-Filme Bekanntheit erlangt haben. Und in der Beilage «Gesellschaft» gibt es einen lesenswerten Artikel über das «Rubber Tramp Rendez-Vous» in Arizona, einem Treffen von Freigeistern, welche die NZZ als das «wahre Burning Man» hinstellt.

Im Reiseteil der «SonntagsZeitung» dann gibt es noch schöne Reportagen über eine Bootsfahrt über den Rideau-Kanal zwischen Ottawa und Kingston im Osten Kanadas, über einen Besuch der Weltkulturerbestätte Baalbek im Libanon sowie über die Altstadt von Rheinfelden.

(JCR)