Tourismuswelt

Wenn Orte zu Musik-Hits werden

Danke Tina Turner, Abba und Michael Holm: Sie haben unbedeutenden Provinznestern zu enormer Popularität verholfen.

Paris, Wien, New York oder Las Vegas werden häufig besungen - aber auch Orte, die ohne musikalische Unterstützung kein Mensch kennen würde. So jedoch wurden sie unsterblich.

Mendocino (Kalifornien/USA)
Die deutschen Schlagerstars kommen herum! Doch so richtig scheint es nicht geklappt zu haben mit der Fernbeziehung von Michael Holm: "An jeder Tür klopfe ich an, doch keiner kennt mein Girl in Mendocino". Die kleine Künstlerkolonie an der Pazifikküste liegt am berühmten Highway 1 auf dem Weg von San Francisco nach Norden. Ein Stopp lohnt, schon allein wegen der schmucken restaurierten Holzhäuser und ihrer Amerika-untypischen bunten Bauerngärten.

Nutbush (Tennessee/USA)
Der Ort in Tennessee bringt alle Voraussetzungen mit, um in der Bedeutungslosigkeit zu verschwinden. Knapp 300 Einwohner, ein bisschen Baumwollindustrie, das war's. Hätte nicht in diesem Kaff im amerikanischen Süden Tina Turner das Licht der Welt erblickt. "Nutbush City Limits", das sie 1973 mit ihrem Partner Ike Turner schrieb und veröffentlichte, wurde zu einem Song für die Ewigkeit und bleibt trotz unzähliger darauf folgender Nummer-1-Hits Turners musikalisches Erkennungszeichen. Ihr Heimatort Nutbush bedankte sich unter anderem mit dem Tina Turner Highway für den Werbesong. Und erst vor ein paar Jahren wurde in Brownsville ganz in der Nähe von Nutbush ein Museum für die "Queen of Rock" eingeweiht. Es ist in Tinas ehemaligem Schulhaus untergebracht, das von Nutbush nach Brownsville verpflanzt wurde.

Waterloo (Belgien)
Gut 200 Jahre ist es her, dass sich Napoleon in Waterloo, südlich von Brüssel, den Engländern geschlagen geben musste. Der Ortsname wurde zum Synonym für jede Form von Desaster. Am effizientesten aber betätigte sich die schwedische Popgruppe Abba bei der Nachhilfe in Geschichte, als sie 1974 mit dem Lied "Waterloo" den Eurovision Song Contest gewann. "My my, at Waterloo Napoleon did surrender" - nun wusste die ganze Welt, welches Missgeschick dem französischen Feldherrn zugestossen war. Mitte Juni 2015 wurde bei Waterloo die Schlacht anlässlich des 200. Jahrestags mit 5000 Statisten, 300 Pferden und 22 Tonnen Schwarzpulver nachgestellt

Kingston Town (Jamaika)
Das nennt man eine Win-Win-Situation: Der Song "Jamaica Farewell" machte Harry Belafonte zum Weltstar. Der Sänger mit jamaikanischen Wurzeln hat die Karibikinsel mit dieser Ballade zu einem Sehnsuchtsziel gemacht. Inselhauptstadt Kingston im Südosten zählt mittlerweile knapp eine Million Einwohner. Kingston war auch Schauplatz des ersten James-Bond-Films "007 jagt Dr. No" aus dem Jahr 1962 - der Durchbruch für Sean Connery und die Bikini-Schönheit Ursula Andress.

Fürstenfeld (Steiermark)
Fürstenfeld in der Steiermark ist eigentlich das beste Plädoyer für Nichtwegfahren, Daheimbleiben. Wohin man sich zurück sehnt, wenn einen die grosse weite Welt zu erdrücken droht. "I wül ham nach Fürstenfeld" der Gruppe S.T.S. handelt von einem Strassenmusikanten, der in Wien sein Glück versucht, aber irgendwie mit seinem Schicksal hadert und nichts lieber als nach Hause möchte. Verständlich, denn Fürstenfeld ist ein hübscher Ort, der von imposanten Resten alter Befestigungsanlagen geprägt ist. Der Festungsweg Fürstenfeld führt Besucher zu diesen geschichtsträchtigen Orten. Fürstenfeld gehört zum Thermenland Steiermark und nennt sich stolz "steirische Thermenhauptstadt."

West-Virginia (USA)
West Virginia gehört nicht zu den gefragtesten Reisedestinationen der USA. Und doch kennt die ganze Welt den US-Bundesstaat westlich von Washington D.C., die Blue Ridge Mountains und den Shenandoah River - dank John Denvers Welthit "Take Me Home, Country Roads". Der Folksong aus den frühen 1970er Jahren gehört zu den bekanntesten Liedern der Welt, wurde unzählige Male gecovert und 2014 vom Parlament in West Virginia zur offiziellen Hymne erklärt.

Lodz (Polen)
Wer würde Polens drittgrösste Stadt (rund 722000 Einwohner) kennen, hätte nicht Vicky Leandros im Jahr 1974 den folgenschweren Entschluss gefasst: "Theo, wir fahr'n nach Lodz"?! Die Sängerin war, wie sie in einem Interview zugab, nie am Schauplatz ihres Gassenhauers. Daraufhin wurde sie vom dortigen Verkehrsamt zu einem Besuch eingeladen. Dann könne die griechische Sängerin persönlich nachzählen, ob wirklich 18 Flüsse und Bäche durch Lodz fliessen. Neben den verschiedenen Theatern, Kinos, Museen, Galerien ist die Filmhochschule einer der wichtigsten Einflussfaktoren des kulturellen Lebens in Lodz.

Amarillo (Texas)
"Is this the way to Amarillo?", fragte Tony Christie. Wenn dort nicht ein süsses Fräulein auf ihn gewartet hätte ("... and sweet Marie who waits for me"), müsste man sich schon fragen: Was will er da, in dieser Stadt im Norden von Texas mit ihren rund 190000 Einwohnern?

Xanadu (China)
Mit diesem Namen muss man ja irgendwie gross heraus kommen. Und genau so war es bei diesem Ort im nordchinesischen autonomen Gebiet Innere Mongolei, in dem sich einst die kaiserliche Sommerresidenz befand. Von der Stadt existieren heute nur noch Ruinen. Die Fundstätte von Xanadu (auch Shangdu) wurde am 4. Juli 2012 in die Liste der Unesco-Welterbestätten aufgenommen. Gleich zwei Top-Künstler haben sich Xanadu musikalisch unter den Nagel gerissen: Mit "The Legend of Xanadu" landeten Dave Dee, Dozy, Beacky, Mick & Tich im Jahr 1968 einen Riesenhit, und zwölf Jahre später legte Olivia Newton-John zusammen mit dem Electric Light Orchestra nach, als Soundtrack zum Film "Xanadu".

(TN)