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In einem Jahr hat sich der Euro um 12 Prozent verteuert. Bild: finanzen.ch

Kommentar Der Teuro

Gregor Waser

Am Mittwochmorgen bewegte sich der Euro auf den bisherigen Jahreshöchststand von 1,1982 Franken –  was das heisst für Ferien am Mittelmeer-Strand und in den Schweizer Alpen.

Der Euro kratzt an der 1,20er-Grenze. 1 Euro kostete am Mittwoch, um 10.20 Uhr genau 1,1982 Franken. Letztmals befand sich der Euro-Kurs am 15. Januar 2015 auf dieser Höhe.

Innerhalb eines Jahres ist der Euro damit um 12 Prozent teurer geworden. Diese Entwicklung hat Auswirkungen auf das Tourismusgeschäft. Reisen nach Mallorca oder Hamburg werden für Schweizer teurer. Ferien in Grindelwald oder St. Moritz werden für Europäer günstiger. Die veränderte Währungssituation dürfte sich in den nächsten Wochen und Monaten für das Outgoing- wie das Incoming-Geschäft deutlich auswirken.

Euro-Destinationen werden teurer

Was sagen die Schweizer Touroperators zur Situation im Outgoing-Geschäft? Bei DER Touristik Suisse gibt man sich gelassen: «Wir kaufen einen Grossteil unserer Leistungen im Voraus zu einem tieferen Kurs ein und geben den Preisvorteil an unsere Kunden weiter. Davon profitieren diese gerade im Vergleich zu einer Direktbuchung», argumentiert Sprecher Markus Flick.

Hotelplan-Sprecherin Prisca Huguenin-dit-Lenoir räumt ein: «Ferien an Destinationen, für die wir Verträge in Euro abgeschlossen haben, dürften – je nach Weiterentwicklung des Eurokurses – für Kunden teurer werden. Da wir aber die Wechselkursschwankungen – in beide Richtungen – den Kunden jeweils weitergeben und tagesaktuelle Preise anbieten, ist eine Prognose für die gesamte Sommersaison noch zu früh.»

Die Schweiz braucht mehr als bloss ein Währungssignal

Und umgekehrt, setzen derzeit Schweizer Hoteliers und Touristiker zum Jubelsprung an? Schweiz-Tourismus-Sprecher Markus Berger sagt: «Eine Schwalbe alleine macht noch keinen Frühling.» Wenn der Euro-Kurs sich nun wieder der Marke von 1.20 annähere, dann seien dies ausserordentlich positive Signale für die Incoming-Branche und die Gäste aus dem Euro-Raum.

Aber Berger relativiert: «Die Frankenstärke dauert nun bereits seit 2008 und hat zu grossen Logiernächteverlusten bei Gästen aus dem Euro-Raum geführt, je nach Markt bis zu 40 Prozent. Diese schwierige Situation wurde am 15. Januar 2015 durch die Aufhebung des Mindestkurses schlagartig nochmals verschlimmert. Für die Rückkehr zu den Logiernächtezahlen von vor 2008 braucht es aber noch deutlich mehr als bloss ein Währungssignal. Dazu müsste einerseits der Franken deutlich stärker abgewertet werden.» Zudem seien Kostennachteile für die Schweizer Tourismusbranche konsequent zu bekämpfen. Und mit Kooperation, Innovation und Investition müsse die Branche weiter fit gemacht werden für die Konkurrenzfähigkeit bei Gästen aus dem Euro-Raum.

Dass sich Währungsschwankungen stark auswirken, sagt Interhome-Sprecherin Bianca Gähwiler: «Interhome hat die Schwächung des Schweizer Frankens gegenüber dem Euro bereits in der vergangenen Wintersaison sehr stark gemerkt. Die europäischen Gäste, insbesondere diejenigen aus Deutschland, haben in der Wintersaison 2017/2018 deutlich mehr Ferienwohnungen in der Schweiz gebucht.» Und zur aktuellen Situation sagt sie: «Gegenüber dem Vorjahr sind bei Interhome mehr Buchungen von europäischen Kunden für eine Ferienwohnung in der Schweiz eingegangen. Zudem haben wir – Stand heute – auch mehr Buchungen von Schweizer Interhome-Gästen für eine Ferienwohnung in der Schweiz.»

Trendwende in Deutschland und Österreich

Die Auswirkungen der neuen Kurssituation dürfte sich nun aber erst in den nächsten Wochen so richtig bemerkbar machen. Dass das Bier an der Playa wegen der Euro-Stärke 12 Prozent teurer wird, ist für manchen Badeferien-Gast ärgerlich. Viel mehr schmerzen dürfte die Touroperators dagegen, dass viele Mittelmeer-Hoteliers dieses Jahr die Preise angezogen haben und weniger rabattierte Zimmer auf den Markt gebracht haben. Im Beispiel Mallorca zeigt sich, dass die Ferieninsel dank einer anhaltend guten Nachfrage bereits deutlich teurer geworden ist – noch ohne die Euro-Stärke einzurechnen.

Auch für das Last-Minute-Geschäft im Mai und Juni kommen die Kursänderungen zu einem schlechten Zeitpunkt. Die zum Tageskurs verrechneten Hotelraten schlagen sich in den Endpreisen in Echtzeit nieder. Dass sich Schweizerinnen und Schweizer aber grundsätzlich das Mittelmeer-Vergnügen nun versalzen lassen, ist nicht zu erwarten.

Schon anderes könnte es für die Nachbarländer Deutschland und Österreich ausschauen. Beide bei Schweizer beliebten Reiseländer konnten in den letzten acht Jahren kontiniuerlich Plus-Zahlen ausweisen. Der starke Euro dürfte 2018 zu einer erstmaligen Trendwende führen.

Gerade Baden-Württemberg profitiert von vielen Schweizer Shopping-Gästen und Wochenend-Ausflüglern. Hier dürfte der teure Euro am deutlichsten für Auswirkungen sorgen. Das Shopping-Erlebnis in Lindau und Lörrach ist preislich getrübt, ein Kurztrip über den Rhein weniger attraktiv.

Aber Deutschland und Österreich werden kurzfristige Rückgänge locker wegstecken, konnten sie doch in den letzten Jahren in der Schweiz ungemein zulegen und dank der günstigen Währungssituation neue, weiter weg gelegene Gebiete – ob in der Steiermark oder in Mecklenburg-Vorpommern – zu attraktiven Konditionen anpreisen.

Und was heisst der Teuro für Schweizer Reisebüros? Gutes. Der Gang in deutsche Reisebüros wird für Schweizer Kunden weniger attraktiv. Das Grenzshopping, das gegenüber 2015 schon im letzten Jahr deutlich nachgelassen hat, wird sich 2018 zumindest nicht verstärken.

Die Reisefreudigkeit von Schweizerinnen und Schweizern bleibt hoch – wenn nicht Richtung eines Euro-Landes, dann in ein Nicht-Euro-Land wie Thailand, Dubai, Grossbritannien, Kroatien oder die Schweiz.