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Golf de la Cordelière: Hundertjährige Bäume und unzählige Teiche machen diesen Golfplatz zu einem der schönsten Frankreichs. Bild: HO

Elf Golfplätze und ein Prickeln im Glas

Ein Besuch in der Champagne kann sämtliche guten golferischen Absichten zunichte machen: In Reims und Epernay liegt der Champagner in der Luft.

Insgesamt elf Golfplätze und unzählige Champagnerhäuser sind über das gesamte Gebiet Champagne-Ardennes verteilt. Es ist deshalb in golferischer und kulinarischer Hinsicht goldrichtig, die Erkundungen in den Zentren Reims oder Epernay zu beginnen – für das Prickeln im Glas allemal.

Die vier Plätze im Grossraum von Reims fordern die Golfer sehr unterschiedlich: „Golf de Reims Champagne” bei Gueux ist ein klassischer, wenn auch hügeliger Parkland Course mit altem Baumbestand und trickreichen Wasserhindernissen. Der 1928 von zwei Dutzend namhaften Champagnerhäusern gegründete Club ist der älteste in der Region und bestimmt der traditionsreichste – das Clubhaus befindet sich in einem Schloss.

Vor sechs Jahren wurde der Platz gründlich renoviert und bekam ein automatisches Bewässerungssystem für sämtliche Spielbahnen; das garantiert auch im Hochsommer sattgrüne Zufriedenheit.

Der „Golf de Champagne” 25 Kilometer weiter, an der Autobahn nach Paris, ist etwas flacher, und „Golf de la Grande Romanie”, 1987 eröffnet und rund 50 Kilometer südlich in Richtung Metz gelegen, ist ziemlich flach und weitläufig, droht aber mit einem Slope von 144 die eine oder andere golferische Herausforderung an. Sensible Spieler werden sich daran stören, dass der Kurs an zwei Stellen von Hochspannungsleitungen überquert wird.

Modern mitten im Naturpark

Deutlich weniger anspruchsvoll spielt es sich im „Golf de l'Ailette“. Der Platz nordwestlich von Reims ist zwar flach, verlangt aber beispielsweise bei den Löchern 15 und 17 jeweils präzise und souveräne Schläge übers Wasser. Praktisch gleich weit ist es zum „Golf Val de Secret”. So elegant-unsichtbar, wie er in die Natur eingebettet ist, käme man nicht auf die Idee, dass er auf so geschichtsträchtigem Boden liegt: Hier wurde mehrfach erbittert um Frankreich gekämpft.

 Die drei Plätze im Norden von Reims, „Golf de Poursaudes”, „Golf Sept Fontaines” und „Golf de Menneville”, bieten solides Spiel ohne spektakuläre Herausforderungen. Von den vier Plätzen im Süden liegen der „Golf de l'Ermitage” und der „Golf de la Fôret d'Orient” innerhalb des gleichnamigen riesigen Naturparks bei Troyes – entsprechend naturnah verlaufen die sehr gepflegten, modernen Bahnen.

Käse und viel Champagner

Ebenfalls zu empfehlen sind „Garden Golf de Troyes” und „Golf de la Cordelière”. Letzterer befindet sich bei Chaource, einem kleinen Dorf, das dem gleichnamigen Rohmilchkäse seinen Namen gegeben hat. Dieser Käse mit geschützter AOC-Herkunftsbezeichnung ist rund und faustgross, hat cremige 50 Prozent Fett und ist trotzdem frisch-säuerlich. Er schmeckt ausgezeichnet zu einem kühlen Glas Chablis oder, noch viel besser, zu einem Champagner, der nicht zu trocken sein sollte.

Hundertjährige Bäume und unzählige Teiche haben dem Platz den Ruf eingebracht, zu den schönsten Golfplätzen in Frankreich zu gehören. Das Gebiet ist aber natürlich vor allem auch aus kulinarischer Sicht höchst interessant: In Reims und Epernay liegt der Champagner in der Luft – und unter dem Boden. Millionen von Flaschen warten nach jahrelanger Reife in kühler Dunkelheit nur darauf, von durstigen Golfern befreit zu werden.

Riesige Stollen im Kalkstein zu erkunden

Über 450 Kilometer lang sind die imposanten Stollen, die in das weiche Kalk-Kreide-Gestein getrieben wurden. Ursprünglich wurden hier die Steine gehauen, die zum Bau der Kathedralen und Häuser gebraucht wurden; bald erkannte man, wie gut die über das Jahr gleichbleibend dunklen, kühlen und feuchten Gänge geeignet waren, die Flaschen für die zweite Gärung zu lagern und reifen zu lassen. Selbst einfache Champagner lagern mindestens 15 Monate, Champagner aus grossen Jahrgängen oft 60 Monate und länger. 

Sind Reims und Epernay die wirtschaftlichen Zentren des Champagners, so sind die Weingemeinden die Seele des Champagners. Dort werden die Trauben angebaut, deren Wein sich dank der zweiten Gärung, die nur in der Flasche stattfinden darf, in das köstliche Getränk mit den Millionen Kohlensäureperlen verwandelt. Die Traubensorten Chardonnay (weiss) und Pinot Noir sowie Pinot Meunier (beide rot) dominieren, zugelassen sind auch Pinot Gris, Pinot Blanc und die fast verschwundenen Arbane und Petit Meslier.

Alle Rebberge wurden vor hundert Jahren nach der Qualität ihrer Trauben und den Preisen, die sie erzielten, klassifiziert. So entstanden 17 Grand-Cru-Lagen und 44 Premier Crus. Beide zusammen stellen 38 Prozent der Rebfläche. Als beste Lagen und Dörfer gelten für Pinot Noir und Pinot Meunier der südliche und östliche Teil der Montagne de Reims und das Tal der Marne mit berühmten Weinorten wie Ambonnay, Bouzy oder Verzenay. Die besten Lagen für Chardonnay liegen in der Côte des Blancs mit Weindörfern wie Avize, Cramant und Oger. In den südlich gelegenen Champagnergebieten der Côtes des Bar in der Aube bei der Stadt Troyes entstehen hauptsächlich Champagner aus Pinot-Noir-Trauben.

Die grossen Champagnerhäuser mit den bekannten Marken sind auf Weintouristen eingestellt und unterhalten sprachgewandte Führer, die durch die Produktion und die imposanten Kreidestollen führen und dabei viel Wissenswertes über Produkte und Geschichte zu erzählen wissen. Die kleinen Produzenten, um mit Agrapart, Egly-Ouriet, Jacquesson, Moncuit, Tarlant, Selosse nur einige von Kennern sehr geschätzte zu nennen, sind nicht auf Besucher eingerichtet – zumindest nicht ohne Verabredung. Mittlerweile sind ihre Weine auch ausserhalb der Champagne erhältlich und werden als Winzerchampagner vertrieben.

Spezialitäten und rustikale Küche

Es lohnt sich, bei diesen Winzern nach Spezialitäten zu suchen. Das kann ein reinsortiger Pinot Meunier sein oder ein Blanc de Blancs ohne jegliche Dosage, das heisst, der Wein, mit dem die Flaschen nach dem Entfernen der Hefe wieder aufgefüllt werden, enthält kein Gramm Zucker (ein Standard-Champagner mit der Bezeichnung „Brut” kann bis zu 15 Gramm enthalten). Oder ein Champagner, der im Holzfass ausgebaut wurde, wie es bei den grossen Marken nur noch bei den Edelcuvées von „Krug” und „Bollinger” üblich ist. 

Die traditionelle Küche in der Champagne ist einfach, bodenständig und rustikal. Typische Gerichten sind Eintopf, panierte Schweinshaxen oder Andouillette, eine Wurst aus Kutteln und Darm. Aber in den Restaurants, speziell dort, wo die Champagnerproduzenten mit ihren Kunden zu dinieren pflegen, wird im Stil der französischen Haute Cuisine gekocht. Und das auf bemerkenswertem Niveau. Es ist in der Champagne durchaus üblich, eine ganze Mahlzeit mit Champagner zu begleiten: von leicht nach schwerer, von jung zu gereift. Schon Theodor Fontane wusste: „Hat man die Wahl zwischen Champagner und Austern, so pflegt man sich in der Regel für beide zu entscheiden.

(SW)