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Geologen streiten über die Caumasee-Bergsturz-These. Wir freuen uns lieber über das Ergebnis. Bild: Marc Iseli

Sieben Schweizer Bergseen, die dich glücklich machen

Marc Iseli

Lago mio, es muss doch nicht immer das Meer sein! Schweizer Bergseen sind das Salz in jeder Staycation-Suppe. Hier kommt ein Septett der prächtigsten Schweizer Seeperlen.

1. Oeschinensee: Der Beliebte

Er darf in keiner Bergsee-Liste fehlen. Reisegruppen lieben ihn. Der Aufstieg geht mühelos mit der Seilbahn. Das Restaurant lockt mit einem wunderbaren Panorama. Klar: es geht um den Oeschinensee, ein Traum in Türkis oberhalb von Kandersteg im Kanton Bern.

Der Oeschinensee ist auch für jene zu erreichen, die keine Berg-Geissen (mehr) sind. Er ist beliebt bei allen, bewundert von allen, zuweilen aber auch unterschätzt. Die Wanderung über die untere Fründenschnur ist ein Abenteuer, das tödlich enden kann. Ein Fehltritt und die Traumkulisse wird zum Albtraum.

Der Oeschinensee liefert den Beweis: Leute durstig lassen kommt nicht gut. Bild: Marc Iseli

Der See liegt auf fast 1600 Metern über Meer. Auf der Seite türmen sich die Berner Alpen. Hoch oben ist das Gletschereis und die Blüemlisalp – eine sagenumwobene Region.

Einst soll hier ein Senn gewohnt haben, der den Boden mit Käselaiben pflasterte, um seiner Magd zu gefallen und damit ihre Füsse nicht schmutzig wurden. Die Fugen füllte er der Sage nach mit süsser Alpbutter. Mit frischer Milch wusch er den Dreck von den Stufen. Die beiden lebten in Saus und Braus, bis zu einem schicksalhaften Tag.

Die Mutter des Sennen stieg auf, um ihrem Sohn die Leviten zu lesen. Er schickte sie durstig und hungrig wieder zurück, woraufhin ihn die eigene Mutter verflucht haben soll. Schwarze Wolken türmten sich in der Folge um den Berg. riesige Fels- und Eisbrocken stürzten von den Gipfeln hinunter. Von nun an blieb die Blüemlisalp weiss und kalt. Alle Versuche, sie vom Eispanzer zu befreien, schlugen fehl.

Übrig von der damaligen Schönheit blieb: Der Oeschinensee.

2. Lago Nero: Der Dunkle

Düster ist auch der Name des Lago Nero am Ende des Maggia-Tals im Kanton Tessin. Eine finstere Geschichte gibt es hier allerdings nicht zu erzählen. Der Name ist eine Referenz an das dunkle Gestein, das sich im kristallklaren Wasser spiegelt und typisch für die Region um den berühmten Piz Cristallina ist.

Der Lago Nero ist ein Geheimtipp für Wanderer und hartgesottene Schwimmer. Selbst im Tessiner Hochsommer schwimmen Eisschollen auf dem Wasser, zumal der See auf 2400 Metern über Meer liegt.

Eis, eis Baby: Der Lago Nero ist nur für hartgesottene Schwimmerinnen. Und Schwimmer. Bild: Marc Iseli

In direkter Umgebung gibt es einige weitere Seen. Aber keiner ist schöner und geheimnisvoller als der Lago Nero. Sein Ufer gibt den Blick frei auf den Basòdino-Gletscher, den weitläufigsten Eisgiganten des Sonnenscheinkantons. Hier zeigen sich die Folgen des Klimawandels wie an kaum einem anderen Ort der Schweiz.

In den letzten 150 Jahren hat sich der Gletscher um 1400 Meter zurückgezogen. Zur wärmsten Jahreszeit bleibt nur noch ein kümmerlicher Eis-Rest. Der Rückgang war derart massiv, dass es sich streng genommen um zwei Gletscher handelt: die Südseite ist der «Basòdino-Gletscher», die Nord-Seite der «Cavergno-Gletscher». Es ist zu befürchten, dass bis 2030 der Gletscher eisfrei sind wird.

Die Aussicht vom Lago Nero bleibt grossartig.

3. Riffelsee: Der Weltbekannte

Er ist der Spiegel des Matterhorns: Der Riffelsee. Kaum ein Tümpel in der Schweiz wird öfter fotografiert. Tümpel? Ja, das passt irgendwie besser. Die Kulisse ist zweifelsohne wunderschön. Aber besonders gross ist die Wasserfläche auf knapp 2800 Metern über Meer nicht.

Mit knappen 100 Metern Länge und 50 Metern Breite ist der Riffelsee kleiner als ein Standard-Fussballfeld. Die maximale Tiefe liegt bei 4 Metern. Zum Vergleich: Der Oeschinensee misst an der tiefsten Stelle 56 Meter.

Das Matterhorn hat mal wieder den Kopf in den Wolken. Ansonsten: Ruhe pur am Riffelsee. Bild: Marc Iseli

Und doch ist der Riffelsee ein Must-See in der Schweizer Berglandschaft. Das liegt an Zermatt und dem Berg aller Berge: dem Matterhorn. Ein Spitz wie aus dem Bilderbuch. Perfekt in die Höhe gewachsen. Nur allzu oft von Wolken geküsst. Geheimnisvoll. Kraftvoll. Ein 4000er, wie er sein soll.

Und genau diese Perfektion spiegelt sich in der Oberfläche des Riffelsees. Deshalb gehört der Tümpel zum begehrtesten Fotomotiv von Schweiz-Reisenden. Insbesondere bei den Asiaten ist er hoch im Kurs. Sie leisten sich oft auch die teure Fahrt mit der Gornergratbahn. Wesentlich schöner ist allerdings der Aufstieg zu Fuss. Immer im Blick: Der Toblerone-Zacken.

4. Caumasee: Der Historische

Kein Bergspiegel, dafür eine Trauminsel: Das bietet der Caumasee. Er ist beliebt als Badesee im Sommer. Bergwanderer treffen hier auf die Unterländer, die von der Rheinschlucht hochgestiegen sind. Kaum ein See ist beliebter in Graubünden als der Caumasee bei Flims.

Graubündens Antwort auf Cancún: Der Caumasee bei Flims. Bild: Pixabay

Für die Touristiker ist der Caumasee die Perle der Region. Seit Jahrzehnte wird er für Werbezwecke eingespannt. Ganzen Generationen gilt er als Sehnsuchtsort – auch wegen seiner karibisch anmutenden Farbpracht.

Aber auch Geografen lieben den See, der angeblich aufgrund des grössten Bergsturzes der Alpen entstand. Vor knapp 10 000 Jahren soll das passiert sein. Geologen streiten aber über die Details. Die Literatur dazu füllt Bibliotheken.

5. Fälensee: Der Unbeachtete

Mitten im Appenzeller Alpstein liegt der Fälensee. Er ist das unbeachtete Geschwister des Seealpsees, der auf der Etikette des Appenzeller Quöllfrisch-Biers prangt. Während der Seealpsee an schönen Sommertagen von Touristen gestürmt wird, bleibt die Stimmung am Fälensee gemütlich.

Auf der einen Seite ragen steile Felswände empor. Auf der anderen Seite türmt sich eine Wiesenlandschaft auf. Dahinter liegt das St. Galler Rheintal.

Wahrscheinlich guckt mal wieder keine Kuh: Der schwach beachtete Fälensee im Alpstein. Bild: Marc Iseli

Der See liegt der Sage nach an dem Ort, an dem einst die Glücksalp war. So erzählen es zumindest die Appenzeller. Ein Senn war Jahr für Jahr mit seinem Vieh auf dieser Glücksalp. Bis zu jenem verhängnisvollen Tag, als Felsmassen seine Tiere auf dem Grund des Sees begruben.

Übrig blieb der Sage nach nur ein Stier und zwei Kühe. Der Senn schimpfte, dass der Donner doch auch gleich die letzten drei mitnehmen möge. So geschah es denn auch. «Do hett’s mer gfählt ond öbel gfählt», soll der Senn gesagt haben. Und der Fälensee war geboren.

6. Golzernsee: Der Gemütliche

Der Grosse Düssi ist halt nicht das Matterhorn. Und deshalb ist der Golzernsee, in dem sich der Grosse Düssi spiegelt, eben nicht so berühmt wie der Riffelsee. Dafür ist er deutlicher gemütlicher, vielleicht sogar der gemütlichste Bergsee in der Innerschweiz.

Versuchs doch mit Gemütlichkeit. Beziehungsweise mit dem Golzernsee. Bild: Marc Iseli

Man muss auch kein berggängier Wander-Profi sein, um hier ein Bad zu nehmen. Von Bristen aus schwebt eine Gondel aus etwas älteren Zeiten fast bis ans Ufer. Der See ist nur knappe 15 Minuten von der Bergstation entfernt, der Weg kinderwagentauglich. Diverse Beizen laden zum Stiär Biär, der Braukunst aus Uri.

Der See selbst liegt auf rund 1400 Metern über Meer. 600 Meter weiter oben ist die Windgällenhütte. 60 Plätze hat die Hütte. Selbst ein Hundebett steht zur Verfügung – für Caninophile. Die Angaben der Hüttenwart-Familie sind aber klar: «Maximal ein Hund pro Nacht (unbedingt anmelden!)».

7. Sägistalsee: Der Unscheinbare

Einen schweren Stand hat der Sägistalsee oberhalb des Brienzersees auf knapp 2000 Metern. Im Vergleich zu seinem grossen Nachbar ist er klein. Nicht einmal annähernd so türkis. Schlicht unscheinbar. Und doch einen Abstecher wert. Ausserdem haftet dem Ort etwas Mysteriöses an.

Die Geschichte ist fast schon ein Krimi.

Irgendwie mysteriös, dieser Sägistalsee. Viele finden das. Weil sie einen Mann nicht mehr finden. Bild: Flickr

Im Sommer 2017 lebte der Senn Erwin Ramsauer am See. Seine Gefährten: 86 Rinder. Ein Reporter des «Schweizer Bauer» ging vorbei, machte ein Interview. Ramsauer lobte den Ort und das Yanusköpfige an der Region. Er sprach vom «Kuhhimmel und der Knechtenhölle».

Zwei Monate später verschwand Ramsauer. Spurlos. Er stieg auf zur Männdlenhütte. In Gummistiefeln machte er sich auf den Heimweg und wurde seither nie mehr gesehen. Vier Tage lang suchten Rettungsflugwacht, Kantonspolizei und andere die Region ab.

Ohne Ergebnis. Im Uferbereich des Sägistalsees gibt es nun einen Gedenkstein für den Verschollenen.


*Nun könnte diese Bergsee-Story in Dir die Lust geweckt haben, dort baden zu gehen. Verständlich. Ob und wie die einzelnen Seen und deren Badis geöffnet sind, lässt sich am besten auf der Website von Badi-Info herausfinden.