Destinationen

Das Delaire Graff Estate in der Weinregion von Stellenbosch und Franschoek präsentiert eine eindrucksvolle Sammlung von zeitgenössischen südafrikanischen Künstlern. Bild: Delaire Graff

Kapstadt, ein Hotspot für Designer und junge Künstler

Die Stadt am Kap der guten Hoffnung lockt mit einer turbulenten Kunst- und Designerszene.

Christopher Moller ist nicht zu bremsen. Er residiert in einer Villa direkt unterm Tafelberg und versammelt in seinen schicken Räumen junge und experimentelle südafrikanische Kunst. Das reicht von Steppenlandschaften mit bunten Farb-Klecksen bis zur Fotokunst aus den Townships. Der Galerist schwärmt von den "jungen Wilden" Südafrikas und erklärt, dass sich auch Normalverdiener moderne südafrikanische Kunst leisten könnten.

Für die farbenfroh verfremdeten Landschaftsbilder des Südafrikaners Jaco Roux legt man rund 3000 Euro auf den Tisch, die Bilder des Kenianers Ablade Glover, die international gesammelt werden, kosten schon 10'000 Euro. Galerie-Expertin Talita Swarts begutachtet das teure Stück und rät zum Kauf, da sie mit einer Wertsteigerung rechnet. Die junge Künstlerin führt regelmässig kunstinteressierte Kapstadt-Besucher durch die hippen Galerien unterm Tafelberg. Die meisten liegen im Stadtviertel Woodstock, weil dort die Atmosphäre stimmt und die Mieten billig sind.

"No more political art" – "Keine politische Kunst mehr": So lautet der neue Schlachtruf der jungen südafrikanischen Künstler. Viele Jahre kannten sie nur ein Thema: Die Apartheid und ihre Folgen. Damit soll Schluss sein. Inzwischen werden auch spirituelle, soziale oder abstrakte Themen in Bildern und Skulpturen verarbeitet. Eine der interessantesten Galerien unterm Tafelberg ist die Goodman Gallery, die einen feministischen Schwerpunkt hat und moderne Videoinstallationen präsentiert. Bereits etabliert unter den hippen Kunsttempeln ist die Galerie Everard Read mit riesigen Bronzeskulpturen, die sphärische Musik erklingen lassen, sobald man sich ihnen nähert.

1500 Gemälde und Skulpturen

Wer sich in Kapstadt einen schnellen Überblick über die Kunstszene verschaffen möchte, bucht sich am besten für eine Nacht im Ellerman House ein. Dieses Privathotel im Vorort Bantry Bay mit grandiosem Blick auf den Atlantik birgt eines der am besten gehüteten Geheimnisse südafrikanischer Kunst. Besitzer Paul Harris ist seit Jahren leidenschaftlicher Sammler. Rund 1500 Gemälde und Skulpturen schmücken jedes freie Fleckchen in Haus und Garten – eine bunte Mischung, die von traditionellen Landschaftsgemälden bis zu bunter Township-Kunst reicht.

Das kostbarste Stück ist ein expressionistisches Gemälde von Irma Stern, für deren Bilder Liebhaber viele Hunderttausend Euro zahlen. Schildchen mit Erklärungen gibt es nicht, denn das Ellerman House ist ein Hotel und kein Museum. Wer sich die Bildersammlung anschauen möchte, muss eine Führung mit Talita Swarts buchen. Sie kennt die Geschichte jedes Bildes und zeigt auch Besonderheiten wie ein Ölgemälde von Thomas Baines. Der ging Mitte des 19. Jahrhunderts gemeinsam mit dem Afrikaforscher David Livingstone auf Abenteuertour zu den Victoriafällen und brachte, nicht wie heute üblich Fotos mit, sondern ein Gemälde.

Geparden im Weinberg? Das gibt es selbst in Südafrika normalerweise nicht. Doch im Weingut und Resort Delaire Graff Estate in Stellenbosch vor den Toren Kapstadts treffen sich gleich vier der geschmeidigen Raubkatzen im Garten. Es sind riesige Bronze-Skulpturen vom Künstler Dylan Lewis. Estate-Besitzer Laurence Graff ist eigentlich im Diamantengeschäft tätig. Er gilt weltweit als einer der bedeutendsten Kunstsammler und hat im Delaire Estate alles zusammengetragen, was an zeitgenössischer südafrikanischer Kunst Rang und Namen hat.

Das bekannteste Werk ist "Chinese Girl" von Vladimir Tretchikoff. Das markante Porträt der grüngesichtigen Asiatin, das der Künstler 1950 in Kapstadt malte, gehört zu den am häufigsten reproduzierten Gemälden der Welt und wird gerne auf Poster, Kissen und Taschen gedruckt. Wer das Original sehen möchte, entdeckt es gleich am Restauranteingang des Delaire Graff Estate: Sein Wert liegt deutlich über der Einmillionen-Euro-Marke.

(JLE)