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Wer wegen Annullierung oder Verspätung am Flughafen schlafen muss, hat Anrecht auf Entschädigung. Bild: SRT

Flugpassagierportale: Was die Spreu vom Weizen trennt

Diverse Firmen assistieren Passagiere bei Flugverspätungen und Annullierungen dabei, deren Interessen durchzusetzen. Betroffene sollten aber nicht wahllos die erstbeste Website beauftragen.

Mit dem Pech anderer Geld zu verdienen, ist bekanntlich ein einträgliches Geschäft. Nicht anders ist zu erklären, dass seit der EU Verordnung Nr. 261/2004 zahlreiche Fluggastportale entstanden sind. Sie versprechen, bei Flugverspätungen oder Flugannullierungen die pekuniären Interessen der Passagiere gegenüber den Airlines durchzusetzen.

Bis zu 600 Euro Kompensation winken, wenn der Flug in Europa startete oder landete. Bei den meisten dieser Ansprüche handelt es sich um juristische Massenware, die sich standardisiert oder als Sammelfälle abwickeln lässt.

Dem Fluggastportal Flightright zufolge haben Passagiere im vergangenen Jahr allein in Deutschland 14,5 Jahre auf Airports gewartet. Viele wissen dabei immer noch nicht, dass sie Rechte haben. Ausserdem schieben die Fluglinien nicht selten "aussergewöhnliche Umstände" vor, um sich vor Kompensationen zu drücken. Ryanair, Easyjet, Iberia und Turkish Airlines setzen dann gerne auf den Faktor Zeit als Zermürbungstaktik. Aber auch British Airways, Swiss, Alitalia, Vueling, TAP und Norwegian Airlines gehören zu den notorischen Zeitschindern.

Diese Punkte gilt es zu beachten

Wer den Papierkrieg nicht selbst mit der Airline führen will, dem helfen Flugpassagierportale. Eine Vollmacht, die Flugnummer sowie die Flugunterlagen reichen. Den Rest erledigt die Website. Doch auf folgende Punkte sollten Auftraggeber achten:

  • Kein seriöses Flugpassagierportal verlangt Gebühren im Voraus oder für seinen Entschädigungsrechner. Honorar wird nur im Erfolgsfall fällig. Üblich sind bis zu 30 Prozent der Entschädigungssumme. Allerdings steht nur im Kleingedruckten, ob diese Prozentangabe bereits die Umsatzsteuer von 19 Prozent enthält. Ausserdem fordern manche Portale - in der Regel jene, welche sehr preiswerte Dienstleistungen anbieten - bei Streitfällen noch Zusatzgebühren, wenn besagter Streitfall an einem aus ihrer Sicht ausländischen Gericht behandelt wird. 
  • Erfahrung spielt eine wichtige Rolle in dieser Branche. Die erste Website, die überhaupt in Europa in Erscheinung trat, heisst EU Claim und wurde 2007 in den Niederlanden gegründet. Danach gab es zwei weitere Gründungswellen. 2010/2011 und zwischen 2013 und 2015 entstanden Me-too-Produkte, die keinesfalls schlechter sind. Wichtige Qualitätskriterien sind einerseits die Anzahl der Fälle, welche pro Jahr bearbeitet werden, und andererseits die Erfolgsquote vor Gericht. Die wenigsten Fälle enden zwar in einem vor Gericht behandelten Prozess. Aber eine Erfolgsquote, die nicht nahezu bei 100 Prozent liegt, bedeutet, dass die Betreiber der Site die Lage falsch eingeschätzt haben. Es zählt also nicht nur die Inkassokompetenz, sondern auch das juristische Know-how des Flugpassagierportals.
  • Ein heikler Punkt für jedes Geschäft sind Kündigungen. Idealerweise kann der Auftrag jederzeit und ohne Angabe von wichtigen Gründen wieder gelöst werden. Das aber lassen nur wenige Flugpassagierportale zu.
  • Eine weitere Frage ist, ob die Website ohne Rücksprache einen Vergleich schliessen darf. Das Portal sollte immer bei einem Vergleich erst einmal beim Klienten nachfragen. Denn es geht vorrangig um seine Ansprüche, nicht um die Provision des Site-Betreibers. Manche Sites verzichten jedoch auf diese Zustimmungsklausel ganz. Andere wiederum stellen Bedingungen wie zum Beispiel: Bei einem Vergleichsvorschlag über 75 Prozent der geforderten Summe darf das Flugpassagierportal dem Angebot zustimmen ohne die Erlaubnis des Betroffenen.
  • Kommt es zum Vergleich, stellt sich die Frage, wer die Vergleichskosten bezahlt. Viele Sites sind kulant und verlangen dafür keine Extragebühren, sondern nehmen nur die vereinbarte Erfolgsprovision.

Was sind Ihre Erfahrungen mit Flugpassagierportalen und/oder Refund-renitenten Fluggesellschaften? Teilen Sie uns diese mit unter redaktion@travelnews.ch. 

(THO/SRT)