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Ferien auf dem Mond

Eine Eruption liess vor mehr als 100 Jahren auf der Kanareninsel Teneriffa einen Schlackenkegel wachsen. Heute ist der Chinyero ein beliebtes Touristenziel.

Menschen kamen beim bislang letzten Vulkanausbruch 1909 auf Teneriffa glücklicherweise nicht zu Schaden. Zurück blieb eine schwarz-rötliche Mondlandschaft. Daniel Sziel von Diga Sports führt Gäste, denen im Weltnaturerbe Teide zu viel Trubel ist, gerne zum Chinyero. Zwar kann der 1556 Meter hohe Schlackenkegel mit Spaniens höchstem Berg, 3718 Meter über dem Meeresspiegel, und dessen 17 Kilometer weitem Einbruchskrater nicht mithalten. Dafür parken dort in der Hochsaison aber auch keine 50 Reisebusse täglich. Die Vulkanasche und das Lavagestein wirken frisch. Lediglich Kanarische Kiefern versehen das 24 Quadratkilometer grosse Naturschutzgebiet mit grünen Tupfen.

Der Chinyero sei ein Geheimtipp für Feriengäste, die Teneriffa bereits kennen und in dem seismisch aktiven Gebiet auf den Spuren des Vulkanismus wandern möchten, meint Daniel. Sein Unternehmen Diga Sports organisiert Wander- und Aktivprogramme für Gäste von Reiseveranstaltern sowie für Individualreisende. Im Büro an der Playa de las Américas können auch Rennräder und Mountainbikes ausgeliehen werden. «Es ist schwer, Leute für Touren zu begeistern und die Konkurrenz ist gross», berichtet Daniel. Deshalb lasse sich das Diga-Team stets Neues einfallen – Mojosaucen selber machen, Grillen an einem Aussichtspunkt oder Einkehren in eine typische Bodega mit kanarischen Spezialitäten. Vor allem aber kennt er die Insel, ihre Pflanzen und Naturphänomene wie seine Westentasche.

Mit Kindern und Kompass

Ausgangspunkt für Daniels Tour zum Chinyero ist der Mirador de Los Poleos, wo viele Mietwagenfahrer lediglich zum Geniessen der Aussicht auf das Vulkangestein und die Nachbarinsel La Gomera anhalten. Im Inselinneren ragt auf der anderen Seite der imposante Teide in den Himmel. Derweil schwärmt der junge Vater von Wanderungen, die Diga Sports jeden Sommer für Inselkinder organisiert. Dabei lernt der Nachwuchs spielerisch den Umgang mit dem Kompass, angesichts von Karten und Globalem Positionierungs-System im Smartphone, heute fast schon ein Abenteuer. Ausserdem werden Kanarische Kiefern gegen die Bodenerosion gesät. «Als Zapfenweitwurf macht das Spass», strahlt Daniel.

Noch im Naturpark Corona Forestal präsentiert er bis zu 30 Zentimeter lang wachsende Piniennadeln, die an den Kurztrieben immer zu dritt beieinander stehen. Wer mit dem Finger darüber streicht, spürt die Widerhaken, in denen sich die Feuchtigkeit der Passatwolken fängt. Deshalb herrscht auf Teneriffa auch kein Wassermangel. Am Teide, anderen Gipfeln, Kiefern und Fichten geben Wolken Feuchtigkeit ab, die durch das poröse Vulkangestein versickert. Auf festeren Gesteinsschichten fliesst das Wasser unterirdisch hangabwärts. Das machen sich die Insulaner seit Jahrhunderten zunutze, indem sie in «Galerias» genannten Stollen Trinkwasser sammeln und speichern. Daniel ist auch ein Fan der 17 Kilometer langen Cueva del Viento, deren erste 250 Meter besichtigt werden können. Magma hat ihren Weg durch die Cueva gebrannt und so Europas längsten Lavatunnel geschaffen.

Ganz Wanderführer, weist Daniel auf angebrannte, aber grüne Bäume und hebt ein dickes Stück Rinde hoch: «Acht Rindenschichten machen die Kiefern praktisch brandsicher.» Des Rätsels Lösung folgt sogleich: «Zwischen den Rindenschichten befindet sich kein Sauerstoff, den das Feuer zum Brennen braucht.» An von der Sonne beschienenen Felsen hält er inne und legt Brotkrumen aus, an denen keine 30 Sekunden später «Gallotia» genannte Kanareneidechsen knabbern.

Kahl ragt schliesslich hinter den Bäumen der Schlackenkegel des Chinyero auf, der seine Umgebung um ganze 60 Meter überragt. Wer mag, kann ihn besteigen. Ein steiler Weg schlängelt sich hinauf zum Gipfel, den lediglich schwarze Vulkanasche und rötliches Lavagestein umgeben. Willkommen in Teneriffas Mondlandschaft!

(CHB/SRT)