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Austrian Airlines sieht sich mit dem Vorwurf konfrontiert, Schweizer Reisende systematisch von Entschädigungen auszuschliessen. Bild: Austrian Airlines

Austrian Airlines soll Schweizer Passagiere benachteiligen

Bei Austrian Airlines warten Schweizer Reisende häufig vergebens auf Entschädigungen, die ihnen aufgrund von massiven Verspätungen eigentlich zustehen würden. Warum das so ist? Die österreichische Fluggesellschaft tut sich schwer mit Erklärungen.

Austrian Airlines weigert sich regelmässig, Schweizer Fluggäste aufgrund von Verspätungen zu entschädigen. Das schreibt der «Tages-Anzeiger». Er zeigt die Problematik am konkreten Fall eines Ehepaars aus der Innerschweiz auf.

Dessen Rückreise von Los Angeles nach Zürich lief nicht wie geplant. Die zuständige Austrian Airlines annullierte den Anschlussflug von Wien in die Schweiz. Das Paar erhielt zwar einen Ersatzflug, landete aber sechs Stunden später als vorgesehen in Zürich.

Gemäss der europäischen Fluggastrechteverordnung ist das ein klarer Fall: Bei einer solchen Verspätung eines Langstreckenflugs hat jeder Fluggast Anspruch auf eine Ausgleichszahlung von 600 Euro. Das Ehepaar sollte also 1200 Euro erhalten. Doch davon wollte die Austrian Airlines nichts wissen.

Regelmässiger Ärger mit Austrian Airlines

Das Innerschweizer Paar wandte sich daraufhin an das auf Fluggastrechte spezialisierte Internetportal cancelled.ch. Doch selbst dessen Intervention wies die Austrian ab. Dies mit der Begründung, die Schweiz sei kein Mitglied der EU, weshalb die EU-Fluggastrechteverordnung bei Umsteigeflügen keine Gültigkeit habe, wenn Start- und Zielort ausserhalb der EU lägen.

Die Argumente der Austrian klingen zwar überzeugend, doch sie sind falsch. Denn wie das Bundesamt für Zivilluftfahrt auf seiner Website festhält, gelten die europäischen Fluggastrechte aufgrund bilateraler Luftverkehrsabkommen auch für die Destination Schweiz. Das bestätigt auch die EU-Kommission.

Das Beispiel des Innerschweizer Ehepaars ist kein Einzelfall. Die Plattform cancelled.ch erhält wöchentlich etwa eine Anfrage von betroffenen Passagieren zu diesem Thema – derzeit sind dort zahlreiche Fälle hängig. Die Austrian Airlines sei die einzige Fluggesellschaft, die solche Ansprüche aus der Schweiz mit Nachdruck ablehne, sagt Simon Sommer, Jurist bei cancelled.ch.

Aufgrund dieser Hartnäckigkeit und der Vielzahl solcher Fälle geht Sommer davon aus, dass die Austrian Passagiere aus der Schweiz systematisch von Ausgleichszahlungen ausschliesst.

Austrian Airlines gibt sich zugeknöpft

Die Austrian Airlines, die wie ihre Schwestergesellschaft Swiss zur Lufthansagruppe gehört, scheint nicht an Transparenz interessiert zu sein. Diesen Eindruck erwecken zumindest die Antworten, die die Fluggesellschaft dem «Tages-Anzeiger» geliefert hat.

Von zehn Fragen zur Auslegung der relevanten Gesetzesbestimmungen beantwortet die Austrian keine einzige. Sie geht nicht darauf ein, ob sie sich in Zukunft an die Vorgaben der Fluggastrechteverordnung halten wird oder ob sie es auf ein Gerichtsverfahren ankommen lassen will.

Die entscheidende Frage, ob die Austrian Airlines künftig Passagiere aus der Schweiz nach europäischem Fluggastrecht behandelt und die Angestellten intern entsprechend angewiesen werden, bleibt offen.

Simon Sommer von cancelled.ch wertet die Antworten von Austrian Airlines als «Schuldeingeständnis ohne Fehlerbewusstsein». Für ihn steht aber fest: Wenn die Austrian nicht einlenkt, kommt es zu einem Gerichtsverfahren in Wien. Immerhin: Das Innerschweizer Ehepaar erhält nun die Ausgleichszahlung, die ihm zusteht.

(TN)