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Die Kuoni-Führungsriege (v.l.): Olivier Weiss (CFO), Verda Birinci-Reed (CTO), Dieter Zümpel (CEO), André Plöger (Chief Corporate Development & Marketing), Annette Kreczy (CSO) und Emma Arvidsson (Head of Corporate Responsibility). Bild: JCR

DER Touristik Suisse rechnet 2022 mit rund 520 Millionen Franken Umsatz

Jean-Claude Raemy

Bei DER Touristik Suisse gibt man sich optimistisch für das bevorstehende Sommergeschäft. Mit fast 50 neuen Stellen und einem dienstleistungsorientierten Vorgehen bei Flugstornierungen ist man beim Grossveranstalter auch auf den bevorstehenden Reisesommer vorbereitet.

Im Rahmen einer Medienkonferenz heute morgen (22. Juni 2022) - zum dritten Mal im Zürcher Lakeside - gab sich die Geschäftsleitung von DER Touristik Suisse optimistisch. Eingangs erklärte CEO Dieter Zümpel, dass der Erfolg viel mit dem eingespielten Team zu tun habe - «Wir verzeichnen seit Jahren eine enorm stabile Führungsmannschaft» - und bedankte sich gleich bei seinem gesamten Team, bevor es zur Präsentation überging.

Dabei wurde erklärt, wie alle Marken nun unter ein gemeinsames Dach geschlüpft sind, die «Kuoni-Marken». Sämtliche Brands bleiben bestehen, also auch jene unter dem bisherigen Dach der «Premium Specialists» (neu «Kuoni Specialists»). Dies habe laut Zümpel vor allem im Marketing Vorteile, und dass Kuoni hier als zentraler Brand genommen wird, hat natürlich mit dem Bekanntheitsgrad der Kernmarke zu tun.

Und wie ergeht es denn Kuoni, Helvetic Tours und die über zehn zum Unternehmen zählenden Spezialistenmarken? Diese verzeichnen aktuell einen starken Nachholbedarf nach Reisen: Waren die Buchungseingänge im Januar und Februar noch stark von den Massnahmen zur Eindämmung der Corona-Pandemie geprägt, näherten sie sich bis Mitte April deutlich dem Niveau von 2019 an und überschreiten diesen Wert seit der Kalenderwoche 17 konstant. «Insbesondere im Sommer 2022 sind wir konstant deutlich über dem Buchungsstand unseres Referenzjahrs 2019, was Anlass zu Optimismus gibt», sagt Zümpel. Mit Blick auf das Gesamtjahr 2022 hält das Kuoni-Markenhaus DER Touristik Suisse an seinem vor der Omikron-Welle definierten Umsatzziel von rund 80 Prozent im Vergleich zum Vorkrisenniveau fest, es wird also eine signifikante Umsatzsteigerung erwartet. Damals betrug der konsolidierte Gesamtumsatz über 650 Millionen Franken. In 2020 sank dieser als Folge der Corona-Pandemie um rund 73 Prozent, 2021 um rund 60 Prozent. Unter dem Strich heisst dies, dass DER Touristik Suisse für das Gesamtjahr 2022 mit einem konsolidierten Umsatz in der Grössenordnung von 520 Millionen Franken rechnet. Dies, auch wenn Zümpel ein Restrisiko im Herbst sieht, wegen den Unwägbarkeiten des Ukraine-Kriegs, anhaltenden Corona-Wirren und mehr. Doch aktuell habe man schon nahezu 75 Prozent in den Büchern, weshalb DER Touristik Suisse «auf Sicht fahren» könne.

Bei den Spezialisten habe Manta dank der hohen Nachfrage für Ziele im Indischen Ozean sehr gut gewirtschaftet, ebenfalls die Nordländer (Kontiki) und die Bahnveranstalter mit grossem Angebot in den Nachbarländern (Railtour-Frantour). Afrika-Spezialist Private Safaris bewege sich im soliden Mittelfeld, also einem zufriedenstellenden Umsatz. Noch nicht ganz zurück auf Kurs seien laut Zümpel bislang Kuoni Cruises, Lateinamerika-Spezialist Dorado sowie Asien-Spezialist asia365. Letzteres sei auch ein Thema der Flugkapazitäten. Zümpel ist aber überzeugt, dass Asien vor einem «grossen Comeback» stehe.

Besonders beliebt sind aktuell Griechenland, Spanien und Italien, gefolgt von der Türkei, den USA, Ägypten, Deutschland, Frankreich und das Vereinigte Königreich (in dieser Reihenfolge nach Nachfrage gegliedert). Weiter führte DER Touristik Suisse ine grosse Kundenumfrage durch. Bei 72 Prozent der Antwortenden waren Sicherheitsrichtlinien relevant und 70 Prozent buchten nur kostenfrei stornierbare Angebote. Zümpel sprach von einer «Suche nach Expertentum, Sicherheit und Flexibilität, sowie Individualität.» Nachhaltigkeit gewinne zwar auch weiter an Bedeutung, doch «nur» bei 44 Prozent der Antwortenden war dies ein wesentliches Element der Reisebuchung. Die Reaktion darauf war ein Ausbau der Dienstleistungspalette, mit Videoberatung, Mobile Consultants, Online-Check-In für die Kundschaft und mehr. «Corona war insofern auch ein Innovationstreiber», resümiert Zümpel.

Die Kuoni-Marken sind bereit

Natürlich wurde auch produktseitig auf die neuen Gegebenheiten reagiert. Als Beispiel führt Zümpel eta die neue Kooperation mit dem Privatvillenanbieter  CV Villas an, oder die Lancierung des Katalogs «Kuoni Honeymoon» aufgrund eines Nachholbedarfs bei Hochzeitsreisen, das Produkt laufe jedenfalls erfreulich, so Zümpel. Dazu hat Helvetic Tours als erster Schweizer Reiseveranstalter ein zweistufiges Preismodell eingeführt (Travelnews berichtete). Weiter seien auch Camper ein wichtiges Thema, worauf DER Touristik Suisse mit der Anbindung des Wohnmobilvermieters McRent reagiert habe. AUf den Trend zu Ferien in der Nähe wurde zudem mit der Lancierung des Katalogs «Gutes so Nah» reagiert.

Weiter führt Zümpel aus, dass die Anzahl Neukunden (per Definition: Personen, die nie oder seit mindestens drei Jahren nicht mehr beim Unternehmen gebucht haben) zuletzt wieder gesteigert werden konnte. Doch es warten auf DER Touristik Suisse auch grosse Herausforderung. Zümpel hat drei davon identifiziert.

Zunächst die potenziellen Probleme beim Restart. Auf touristische Leistungsträger weltweit kommt im bevorstehenden Sommer die Herausforderung zu, ein hohes Reiseaufkommen mit vielerorts weniger Mitarbeitenden im Vorkrisenvergleich zu bewältigen. Kuoni und seine Schwestermarken rechnen gleichwohl damit, dass unbeschwerte Ferienerlebnisse den Regelfall bilden werden. Sie informieren Kundinnen und Kunden transparent über möglicherweise etwas längere Wartezeiten, etwa an Flughäfen. Bei unvorhergesehenen Ereignissen sind die Marken rund um die Uhr für ihre Gäste da. Kommt es zu (weiteren) Änderungen von Flugplänen, suchen sie für Betroffene nach Alternativen und passen gegebenenfalls die gebuchten Landleistungen an die neuen Flüge an. «Unsere Kundinnen und Kunden können sich sorglos der Ferienvorfreude und der Ferienvorbereitung widmen», erklärt Zümpel.

Fast 50 Stellen besetzt und ebenso viele Lehrstellen für 2023 geschaffen  

Der zweite Schwerpunkt widmet sich der Frage, ob man als touristischer Arbeitgeber noch attraktiv genug sei. Natürlich hat Corona in den vergangenen zwei Jahren grosse finanzielle Spuren hinterlassen. Die Hinterfragung hat bei DER Touristik Suisse dazu geführt, dass beispielsweise variable Lohnbestandteile auch in der Krise beibehalten wurden, während auch Home Office und Arbeiten weltweit ermöglicht wurden und «gelebt werden», wie es Zümpel formuliert. Zu den Benefits gehören etwa 30 Prozent Vergünstigung auf private Reisen (beibelassen), die «Rückerstattung» einer der beiden in der Krise gespendeten Ferienwochen (für 2023, also alle werden mehr Ferien im kommenden Jahr haben). Dazu gibt es eine private Unfallversicherung für alle Mitarbeitenden, dazu werden 65 Prozent der Pensionskassenbeiträge übernommen (üblicherweise ja nur 50 Prozent). Auch bei Gender-Themen ist DER Touristik Suisse gut unterwegs. Die Hälfte der Geschäftsleitung und 67 Prozent aller Führungsfunktionen sind mit Frauen besetzt. Führungskräften werden Teilzeitpensen ermöglicht.

Die Gewichtung eines guten Arbeitsklimas und guter Arbeitsbedingungen trägt auch Früchte. Trotz der in der Touristik mitunter anspruchsvollen Suche nach Fachkräften ist DER Touristik Suisse im laufenden Jahr die Anstellung von 48 qualifizierten Mitarbeitenden (38 neue und 10 ehemalige Mitarbeitende, welche grösstenteils freiwillig gegangen waren) gelungen, wobei es sich in Einzelfällen um neu oder wieder geschaffene Stellen handelt. Zümpel argumentiert, dass aus seiner Erfahrung mit den zurückgekehrten Mitarbeitenden klar wird, dass es in anderen Branchen nicht immer besser ist und die Reisebranche durchaus auch attraktiv sein könne.

Ein «Herzensthema» von Zümpel ist zudem die Ausbildung. 2023 kommt es zu einem Allzeithoch an Lehrstellen. Im kommenden Jahr wolle das Unternehmen seiner Verantwortung als grösste Ausbilderin der Schweizer Reisebranche mit der Neuanstellung von fast 50 Lernenden (aktuell 47) gerecht werden. Schon in diesem Jahr wird DER Touristik Suisse 26 (von total weniger als 70) Lehrstellen in der Reisebranche anbieten. «Wir müssen alle wieder mehr ausbilden», lancierte Zümpel gleichzeitig einen Appell an andere Unternehmen der Reisebranche.

Starkes Nachhaltigkeitsbestreben

Das dritte Schwerpunktthema ist laut Zümpel die Nachhaltigkeit. Dies nicht nur im ökologischen Sinne, sondern in allen 17 von den Vereinten Nationen definierten Zielen. Zümpel konnte anhand einer Grafik (siehe unten) demonstrieren, dass DER Touristik Suisse in sämtlichen 17 Punkten auch tatsächlich aktiv sind. Dazu seien sämtliche Kuoni-Marken (ausser Kuoni Cruises) Tourcert-zertifiziert, als einziger Volumenveranstalter der Schweiz, wie Zümpel festhält.

Die Kuoni-Marken engagieren sich in sämtlichen 17 von den Vereinten Nationen definierten Nachhaltigkeitszielen. Bild: JCR

Als klares Beispiel für dieses Engagement hebt Zümpel ein Engagement des hauseigenen Asien-Reiseveranstalters asia365 hervor. Dieser beteiligte sich in den vergangenen Jahren an der nachhaltigen touristischen Entwicklung der landschaftlich und kulturell reizvollen indonesischen Destination Flores. Heute verfügen die Sunda-Insel und die Einheimischen über eine geeignete Infrastruktur und das entsprechende Know-how, um Gäste aus der Schweiz zu begrüssen.

Lokale Bräuche und Kulturen auf der paradiesischen indonesischen Insel Flores sind durch die Abwanderung insbesondere junger Menschen auf der Suche nach mehr Wohlstand gefährdet. Die in den vergangenen gut zehn Jahren umgesetzte touristische Erschliessung soll diesen Trend stoppen, der Bevölkerung eine langfristige Berufsperspektive bieten und den Gästen authentische Reiseerlebnisse in einem kleinen, noch kaum bekannten Zielgebiet im Sinne des «Slow tourism» ermöglichen. Schliesslich habe Flores das Potenzial, stärker frequentierte Touristikziele in Asien zu entlasten.

Unterstützung haben die lokalen Gemeinschaften bei diesem Vorhaben unter anderem eben von asia365 erfahren. Dieser hat mit Ausbildungen das touristische Know-how der Bevölkerung gefördert und war am Aufbau der notwendigen Tourismusstrukturen beteiligt, wie zum Beispiel eines umweltbewussten Abfall-Recycling-Systems. Natürlich will auch asia365 davon profitieren, «wir sind ja keine NGO und letztlich doch auch ein Unternehmen, das auch Gewinn erwirtschaften muss», so Zümpel. Heute zählt asia365 zwei Rundreisen auf Flores zu seinem Angebot. So lassen sich Nachhaltigkeit und Wirtschaft unter einen Hut bringen.

«Die Unterstützung bei der Entwicklung eines sanften Tourismus für Destinationen – stets auf deren Initiativen hin – bildet einen Pfeiler des auf den 17 ‹Sustainable Development Goals› der UNO aufgebauten nachhaltigen Engagements von Kuoni und seinen Schwestermarken», resümiert Zümpel und fügt gleich weitere Beispiele an. Nordland-Spezialist Kontiki engagiere sich in vergleichbarer Weise im Norden von Island und im Süden von Schweden. Mit Railtour-Frantour ist zudem der schweizweit grösste Anbieter von Bahnreisen im In- und Ausland Teil des Kuoni-Markenhauses. Bei Kuoni und seinen Schwestermarken sind über 1‘000 nachhaltigkeitszertifizierte Produkte buchbar. Mit dem Eigenlabel «engage – people & planet» kennzeichnen die Veranstalter relevante Nachhaltigkeitsleistungen von touristischen Akteuren wie Unterkünften oder Reedereien.

Zum Abschluss hält Zümpel fest: «Wir sind gefestigt durch die Krise gekommen und ich denke, dass wir festhalten können, dass wir in vielen Bereichen aktiv sind, und auch wenn nicht alles Gold ist, was glänzt, so sind wir doch sehr gut aufgestellt für die Zukunft.» Auf mögliche Probleme im Reisesommer angesprochen, fügt Zümpel an, dass man die Kunden auf mögliche Probleme an Flughäfen oder in Destinationen anspricht - er geht jedoch davon aus, dass die allermeisten Kunden entspannte Ferien haben werden.