Reiseanbieter

Mario Köpers, Geschäftsführer und Inhaber von KC3, sagt in seinem Gastbeitrag, warum es in der Krise geht. Bild: KC3

Expert Warum schweigen die Reiseanbieter?

Mario Köpers

Krisenkommunikation in Zeiten des Coronavirus: Mario Köpers, fast 20 Jahre lang Kommunikationschef der TUI Deutschland, sieht die aktuelle Kommunikation der Reisebranche kritisch.

Covid-19 hat die Reisebranche längst erreicht. Spätestens seit dem der Tourismus in Italien deutlich zurückgegangen ist, auf Teneriffa ein Ferienhotel unter Quarantäne gestellt wurde und erste Stimmen die Absage der weltweit grössten Tourismusmesse fordern, sollte jedem Tourismusmanager klar sein, was die Stunde geschlagen hat.

Das Gebot der Stunde heisst Kunden, aber auch Mitarbeiter und Vertriebspartner auf dem Laufenden zu halten und damit Vertrauen zu schaffen. Wer sich allerdings in diesen Tagen durch die Internetseiten der grossen Reiseanbieter klickt, um sich über das Coronavirus und seine Folgen für die geplante Reise zu informieren, sucht zumeist vergeblich. Das ist verwunderlich, denn momentan gibt es kein Thema, das die Menschen mehr bewegt.

Warum diese Zurückhaltung? Warum dieses kollektive Schweigen? Wovor hat man Angst? Die Fragen der Urlauber liegen auf der Hand und werden ohnehin jeden Tag tausendfach in Reisebüros und Callcentern gestellt: «Hat die rasche Verbreitung des Coronavirus Auswirkungen auf meine Reise? Gibt es Einschränkungen? Gibt es nützliche Hinweise und Tipps auf dem Weg in den Urlaub? Kann ich kostenlos umbuchen oder stornieren?»

Kommunikation im Hinterzimmer

Die ansonsten durchaus krisenerprobten Reiseanbieter kennen die Antworten, kommunizieren aber gefühlt nur im Hinterzimmer – quasi unter Ausschluss der Öffentlichkeit. Warum? Hier verpasst man eine Chance. Denn gerade in der Krise können gerade Veranstalter mit ihrem professionellen Krisenmanagement und ihren vielfältigen Kundenkontaktpunkten ihre Vorteile gegenüber Booking & Co. ausspielen, indem sie sachlich, konsistent, transparent und nutzwertorientiert auf allen Kanälen kommunizieren. Das löst nicht das Problem, schafft aber Vertrauen in alle Richtungen. Und genau darum geht in der Krise!

Was spricht dagegen auf der eigenen Website sachlich über die aktuelle Lage zu berichten? Warum finden sich nur selten Links zu den Sicherheitshinweisen des Auswärtigen Amtes und den den Einschätzungen der Gesundheitsbehörden. Warum lässt man nicht auf der eigenen Internetseite einen namhaften Virologen als Experten zu Wort kommen? In dieser zugegeben sehr schwierigen Gemengelage nehme ich gerade die Kommunikation vieler Mediziner als sehr positiv wahr, weil sie sachlich und nüchtern auf die Risiken hinweisen, ohne zu dramatisieren.

Checklisten und Automatismen helfen

Sind die Unternehmen auf eine Epedemie oder gar Pandemie vorbereitet? Grosse Konzerne wie TUI, aber auch Mittelständler wie etwa der deutsche Spezialist für Studienreisen Studiosus sind gut gerüstet. Viele Unternehmen haben über Jahre hinweg ein professionelles Krisenmanagement aufgebaut und sind aufgrund vielfältiger Krisen in den letzten 20 Jahren sehr geübt in der Umsetzung.

Auch wenn es für eine Seuche wie Covid-19 ähnlich wie bei der Aschewolke-Krise im Jahr 2010 nicht überall ein Patenrezept in der Schublade geben wird, wissen insbesondere die grossen Reiseanbieter sehr genau, was zu tun ist. Wenn Prozesse definiert sind und man auf Checklisten zurückgreifen kann, greifen Automatismen, die einem die Arbeit ungeheuer erleichtern. Krisenprävention ist die beste Vorbereitung.

Spätestens jetzt Abläufe und Prozesse überprüfen

Die breite Masse, insbesondere viele mittelständische Unternehmen, dürften aber überfordert sein, wenn sie eine Krise richtig hart trifft. Es ist verständlich, dass sie keine grossen Krisenstäbe vorhalten können, allerdings ist es ratsam, sich spätestens jetzt über Abläufe und Prozesse Gedanken zu machen. Denn wenn die Krise erst einmal da ist, ist es dafür zu spät.