Here & There

Mail aus... Iraklia — von bunten Booten und griechischem Honig

Annetta Karimalis

Seit 1986 leitet Annetta Karimalis für Baumeler Wanderreisen auf Karpathos, Kos, Rhodos, Samos, Ikaria oder Korfu. Und seit 1995 lebt sie in Griechenland, selbstverständlich auf einer Insel.

Nach zwei Wochen 08-15-Ferien in einem grossen Hotel auf Rhodos freute ich mich bereits auf die Heimreise. Das Griechenland-Virus erwischte ich erst am allerletzten Ferientag. Endlich hatte sich der ständige, starke Wind gelegt und ich konnte die bereits abgeschriebene Bootsfahrt zur Nachbar-Insel Symi doch noch unternehmen. Das hölzerne, bunt bemalte Kaïki (griech. Fischerboot) glitt übers glatte, tintenblaue, warme Meer, ich hielt meine Hand ins Wasser und genoss das Abenteuer. Und als ich erst Symi sah, da war mir sonnenklar: nach Griechenland würde ich zurückkommen, doch nicht als ‚‘Pauschalreisende‘.

Damals, vor 40 Jahren, war Symi noch strassenlos. An der Mole wartete das ‚Esels-Taxi‘ auf Transporte, im Hafenbecken dümpelten kleine Fischerboote, pastellfarbene Häuser, durchsetzt mit einigen Ruinen, zogen sich den Hang hinauf. Es war Liebe auf den ersten Blick. Mit einer Flamme im Herzen flog ich am nächsten Tag nach Hause.

Berufliche Weiterbildung verhinderte allerdings eine baldige Wiederkehr. Es zogen ein paar Jahre ins Land ehe ich wieder nach Griechenland kam, diesmal nach Kreta. Mit einem Mietwagen erkundete ich die Insel. Bevorzugt suchte ich Unterkunft in Dörfern und kleineren Ortschaften. Nebst der Landschaft beeindruckte mich vor allem die Grosszügigkeit und Gastfreundschaft der Kreter. So oft wurde ich von herzlichen Menschen eingeladen, beschenkt, einfach so. Es wurmte mich, dass ich kein Griechisch konnte. Um dem abzuhelfen, meldete ich mich nach den Ferien sofort für einen Griechischkurs an.

Von da an verbrachte ich sämtliche Ferien im geliebten Griechenland. Drei Jahre später beschloss ich, meinen Bürojob in der Schweiz an den Nagel zu hängen und mir eine Arbeit in Griechenland zu suchen. Ich bewarb mich mit Erfolg bei Baumeler Reisen als Griechenland-Reiseleiterin. Wandernd Schweizer Gästen dieses wunderschöne, faszinierende Land zu zeigen und näher zu bringen. Zwischen den einzelnen Wanderreisen fand ich Zeit zum intensiven Studium von Land und Geschichte und für viele eigene Entdeckungsreisen. Inzwischen habe ich in drei Jahrzehnten mit und für Baumeler fast ganz Griechenland erwandert.

Beim Wandern erlebt und sieht man viel, es stellt sich nie Routine ein, es gibt Zeit für interessante Gespräche, und es werden Freundschaften geschlossen, mit Einheimischen wie mit Gästen. Ganz besonders ans Herz gewachsen sind mir die Wander-Kreuzfahrten mit der komfortablen Baumeler-Yacht ‚Bahriyeli‘. Durch die Ägäis mit ihren Inseln und Inselchen kreuzen, das ist Griechenland pur, für einen Inselfan wie mich sogar das Nonplusultra.

Es kam, wie es kommen musste: Ich lernte meinen zukünftigen Ehemann kennen. Er ist Imker und stellt den ‚besten‘ Honig her. Natürlich habe ich jeweils für meine Reisegruppen von diesem besten Honig organisiert, bis er eines Tages meinte, ich solle nicht immer nur vom Honig reden, wir sollten auch mal über uns sprechen... 1995 haben wir geheiratet, und ich bin zu ihm auf seine Insel – Ikaria – gezogen. Ikaria war damals noch touristisches Neuland.

Anfänglich fand ich es romantisch, dass es praktisch nur Naturstrassen und Feldwege und einige wenige einfache Geschäfte gab. Dinge wie Joghurt, Butter oder Wurst musste man aus dem Hauptort kommen lassen, Kleider kaufte man in Athen ein. Als unsere Kinder geboren wurden, war ich dann doch froh, dass mit EU-Subventionen Strassen asphaltiert wurden, wir einen kleinen Flughafen bekamen und mit zunehmender touristischer Erschliessung immer mehr neue, brauchbare Geschäfte aufmachten.
Langweilig wird das Inselleben nie.

Ich führe den Familienhaushalt, habe zwei Kinder grossgezogen, helfe meinem Mann bei der Vermarktung des Honigs und der Schwiegermutter mit der Zimmervermietung in ihrer kleinen Pension. Im Winter ist Olivenernte, im Sommer lege ich einen Gemüsegarten an. Und immer wieder bin ich zwischendurch als Reiseleiterin unterwegs.

Was mich zurzeit traurig stimmt ist die Sackgasse, in der Griechenland durch seine Wirtschaftskrise steckt. Ich hoffe sehr, dass uns der Tourismus jetzt nicht im Stich lässt, denn nach wie vor ist Griechenland ein wunderschönes und sicheres Reiseland mit gastfreundlichen Menschen, die es verdienen, dass man ihnen Arbeitsplätze und Verdienst gibt. Also jetzt erst recht nach Griechenland – das ist Hilfe in der Krise.

Baumeler Reisen: Wandern in Griechenland