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Die Weltlage ist angespannt wie selten zuvor. Doch was bedeutet das für die Reisebranche? Bild: Erika Wittlieb

So reagieren Schweizer Fernreise-Spezialisten auf die Weltkonflikte

Kriege, Krisen, Konflikte – doch die Schweizer Reisebranche zeigt sich erstaunlich widerstandsfähig. Während geopolitische Spannungen weltweit zunehmen, setzen Dertour, Globetrotter, Hotelplan, Travel Worldwide und TUI auf professionelles Krisenmanagement, enge Informationsketten und eine flexible Destinations- und Routenwahl.

Der russische Angriffskrieg in der Ukraine, die Eskalation im Nahen Osten, ein Grenzkonflikt zwischen Thailand und Kambodscha, dazu weitere Krisen in Afrika, Asien und Lateinamerika: Die Weltlage wirkt angespannt wie selten zuvor.

Doch was bedeutet das für die Reisebranche? Fünf Schweizer Reiseveranstalter und Fernreise-Spezialisten zeigen auf, dass Krisenmanagement heute so selbstverständlich zum Geschäft gehört wie das Anpreisen von Traumstränden – und dass die Reiselust der Kundschaft trotz geopolitischer Erschütterungen kaum gebrochen ist.

Sicherheitsmanagement als Kernaufgabe

Alle fünf Unternehmen betonen, dass sie Krisen systematisch überwachen. Sonja Ptassek, Corporate Communications bei TUI Suisse, erklärt: «Die TUI Group verfügt über ein professionelles Sicherheitsmanagement. Das TUI Krisenmanagement überwacht alle weltweiten Reiseziele rund um die Uhr. Ein automatisches Warnsystem alarmiert unser Krisenmanagement im Falle von politischen Unruhen, Naturkatastrophen, Streiks oder Epidemien.»

Auch Dertour Suisse stellt die Geschwindigkeit der internen Alarmketten heraus. Head of Communications Stephan Kurmann sagt: «Durch die Updates des Krisenmanagement-Teams weiss ich in der Regel schon wo es brennt, wo es Konflikte gibt oder wo der Luftraum gesperrt ist, bevor es in den Medien oder auf Social Media erscheint.»

Die Hotelplan Group betont die Nähe zu lokalen Partnern. Communication Manager Sara Vidal erläutert: «Zusätzlich stehen wir in engem Austausch mit unseren Partnerunternehmen und Reiseleitenden vor Ort, die uns laufend aktuelle Einschätzungen zur Situation geben und die unsere Spezialisten auch persönlich besuchen, um sich ein eigenes Bild zu machen.»

«Unsere Destinationen werden von spezialisierten Teams betreut, die sich täglich mit den Entwicklungen in ihren Regionen auseinandersetzen», sagt Peter Greber, Stv. Geschäftsleiter beim Fernreise-Spezialisten Travel Worldwide. «Das Interesse ist nicht nur beruflich, sondern oft auch persönlich stark ausgeprägt, sodass wir stets sehr nah an den Geschehnissen dran sind und die Situation realitätsgetreu einschätzen können.» Weiter ergänzt er: «Wir verlassen uns nicht auf allgemeine Medienberichte, sondern beziehen konkrete Informationen von unseren lokalen Partnern, offiziellen Behörden, Kontakten vor Ort sowie von Schweizer Veranstaltern. Zudem sind unsere Mitarbeitenden regelmässig auf Studienreisen unterwegs und können so aus erster Hand Eindrücke und Einschätzungen einbringen und teilen.»

Globetrotter wiederum fasst die Strategie knapper zusammen, Sprecherin Sandra Studer sagt cool: «Wir behalten die Situation im Auge.» Dahinter steckt aber ein pragmatisches Modell: enger Kontakt mit Agenten vor Ort, ergänzt durch EDA-Hinweise.

Informationsflüsse – zwischen Ticker und Hotline

Unterschiedlich ausgestaltet sind die internen Kommunikationswege. Während Dertour auf einen «Krisen-Ticker» setzt, über den die Mitarbeitenden permanent Updates erhalten, legt Hotelplan den Fokus auf persönliche Betreuung: «Unsere Mitarbeitenden in den Filialen werden regelmässig und bei Bedarf kurzfristig über aktuelle Entwicklungen informiert. Wenn Kundinnen und Kunden direkt betroffen sind, erfolgt die Information umgehend und mit klaren Handlungsanweisungen.»

Ähnlich bei TUI: «Bei jedem Ereignis in einer Destination werden zuerst die betroffenen Gäste informiert. In diesem Zuge erhalten auch die Mitarbeitenden in den Filialen einen entsprechenden Bericht mit allen relevanten Informationen.»

Bei Travel Worldwide informieren sich die Teams laufend selbstständig, tauschen aktuelle Entwicklungen aktiv untereinander aus und reagieren flexibel auf Veränderungen. Globetrotter informiert punktuell: «Wir informieren unsere Mitarbeitenden, sobald Kunden betroffen sind oder werden könnten und proaktiv in unserem Intranet.»

Alle fünf Anbieter folgen den offiziellen Empfehlungen des Eidgenössischen Departements für auswärtige Angelegenheiten (EDA). Eigene «No-go-Listen» führen sie nicht. Ptassek bringt es auf den Punkt: «Die Reisehinweise definieren, welche Länder und welche Regionen in einem Land für unsere Pauschalgäste bereisbar sind und welche nicht.»

Auswirkungen auf die Nachfrage – nur punktuelle Dämpfer

Spannend ist die Einschätzung der Auswirkungen auf das Reisejahr 2025. Während Dertour nüchtern feststellt: «Grundsätzlich sind Konflikte schlecht für den Tourismus», betont TUI die Stabilität des Marktes: «Das Reisen bleibt für viele Menschen von grosser Bedeutung. Regionale Ereignisse können kurzfristig zu einem Rückgang der Nachfrage in die betroffenen Gebiete führen. In der Regel verlagert sich diese Nachfrage jedoch auf andere Reiseziele.»

Hotelplan sieht zwar wachsende Unsicherheit, aber auch neue Chancen: «Sicherheit, persönliche Betreuung und guter Service haben an Bedeutung gewonnen. Viele Menschen entscheiden sich deshalb bewusst für die Buchung im Reisebüro.»

Globetrotter sagt dazu: «Die Welt ist gross und es gibt genügend Länder zu bereisen, die konfliktfrei sind. Die Reiselust ist nicht gedämpft, aber es gibt punktuell Verschiebungen.»

Die aktuellen geopolitischen Konflikte beeinflussen die Nachfrage in den betroffenen Regionen, räumt Travel Worldwide ein. «Unsere Erfahrung zeigt jedoch: Schweizer Reisende reagieren meist nur solange zurückhaltend, wie ein Thema in den Medien präsent ist. Zudem weichen Sie dann oft auf andere, sicherere Destinationen aus.»

Dank des breiten Angebots könne Travel Worldwide Rückgänge in einzelnen Regionen bisher gut abfedern. «So verzeichnen wir auch in diesem Jahr ein erfreulich positives Wachstum, trotz deutlicher Einbussen etwa im USA-Geschäft», sagt Peter Greber und fügt an: «Natürlich hoffen wir, vor allem für die betroffene Bevölkerung vor Ort, dass sich die Lage in den betroffenen Regionen möglichst bald beruhigt.»

Fazit: Professionalisierung statt Panik

Die Antworten zeigen: Weltkonflikte stellen die Reiseveranstalter und Fernreise-Spezialisten vor Herausforderungen – doch sie haben Strukturen aufgebaut, die ihnen erlauben, Krisen professionell zu managen. Unterschiede liegen weniger in der Einschätzung der Risiken als in der Art, wie eng sie ihre Informationsketten spannen und wie stark sie die persönliche Betreuung betonen.

Für die Kundschaft bedeutet das: Statt weniger Reisen führt die geopolitische Unsicherheit vor allem zu Umleitungen – weg von Krisenregionen, hin zu sicheren Destinationen. Gut, wenn man sich hierzu auf ein erfahrenes Reiseunternehmen abstützen kann.

(GWA)