Destinationen

Während sich viele Reisewillige gerne impfen lassen würden, um sich unter die Palme legen zu können, bringt das Thema einige andere in Rage – und auf die Palme. Bild: TN

Kommentar Kurze Zündschnur beim Thema Impfen

Gregor Waser

Einige Reisedestinationen erwägen die freie Einreise für Geimpfte. Weitere Ferienziele werden diesen Weg beschreiten – das ist unausweichlich, bringt aber viele Leute auf die Palme.

Die Emotionen gehen derzeit hoch beim Thema Impfen. Auf unseren Artikel hin Für Geimpfte herrscht in diese Länder freie Fahrt gingen wutenbrannte Leserreaktionen ein («wie dumm muss man sein, sich impfen zu lassen»), einige Kommentare zielten gleich unter die Gürtellinie. Im Artikel geht es darum, dass einige Länder wie Polen, Rumänien oder Island entschieden haben, dass geimpfte Personen bei der Einreise über einen Vorteil verfügen.

Nun zeichnen sich immer mehr Länder ab, die dieses Modell einer Einreise ohne Quarantäne oder PCR-Test für Geimpfte vorsehen. Griechenland und Israel erwägen einen Reisekorridor, nun ist auch Griechenland mit Grossbritannien hierzu im Gespräch. Badehose, Schnorchel und Impfpass lautete unser Titel gestern. Das war einem Leser zu viel. Ein Anruf mit unterdrückter Nummer ging bei uns ein und es hagelte aus heiterem Himmel eine Schimpftirade, was wir denn da für einen Schwachsinn verlangen – und päng, Anruf ohne Adieu wortlos beendet.

Dies ist Neuland für uns auf der Redaktion, dass sich Leute dermassen aggressiv melden. (Wir haben übrigens nichts verlangt, wir schreiben bloss darüber, in welcher Art sich derzeit ein Restart in der Reisewelt wieder anbahnt.) Aber erstaunlich ist es, wie hoch derzeit die Wogen gehen, wenn es um die Impffrage geht. Die Zündschnur beim Thema Impfen ist jedenfalls kurz. Generell scheint der Shutdown-Frust bei einigen immer grösser zu werden, der Blick in die Social Media vedeutlicht dies ja gut. Wobei es sich dabei wohl auch um einen eher geringen, wenn auch sehr lauten Anteil der Bevölkerung handelt.

Die neue Reiserealität

Solche Einreisebestimmungen sind ja nicht neu. Dass ein Land eine Gelbfieber-Impfung verlangt bei Ankommenden, kennen wir seit einem halben Jahrhundert. Und die Länder, die nun freie Fahrt für Geimpfte propagieren, sperren sich ja nicht gegen Nicht-Geimpfte, verlangen aber womöglich Test oder Quarantäne. Das ist die neue Reiserealität, die sich in den nächsten Wochen noch viel deutlicher abzeichnen wird, ob man will oder nicht.

Doch das Thema spaltet immens. Das werden viele auch im eigenen Bekanntenkreis feststellen, wie uneins die Meinungen bei Corona-Themen sind. Klar, herrscht nun seit anfangs Woche ein neues, bisher nicht bekanntes Regime. Auch Schweizer, die zurück in die Schweiz fliegen, müssen neuerdings einen negativen PCR-Test vorweisen. Doch Neuland sind Reisebestimmungen und Einreisehürden wahrlich nicht.

Während nun zahlreiche Impfgegner auf die Palme gehen, ob der jüngsten Entwicklungen, gibt es auch viele, die sich unter die Palme legen möchten – und hierzu sich nur allzu gerne impfen lassen, um die nächsten Sommerferien am Meer zu verbringen. Bei diesen Impfwilligen geht vielmehr die Sorge um, ob denn das Schweizer Impfregime wirklich gemäss dem vorgesehenen Fahrplan verläuft, so dass alle, die sich impfen lassen möchten, dies bis zum Sommer tun können.

Nicht nur für Reisewillige, auch für viele Reisedestinationen, deren Menschen von der Tourismusindustrie leben, zeichnet sich mit den jüngsten Entwicklungen um wachsende Impfzahlen die Hoffnung ab, dass eine gewisse Normalität bald wieder Einzug hält. Einen zweiten Sommer ohne Touristen werden viele Hoteliers, Tourenanbieter oder Souvenirverkäufer kaum überstehen.

Klar ist, auch in den nächsten Wochen werden die Wogen beim Thema Impfen weiterhin hochgehen. Dass wir über die Entwicklung berichten, sollte uns erlaubt sein – ohne Schreiattacke im Telefonhörer.