Cruise

Passagiere aus Risikoländern dürfen teilweise nicht mehr an Bord von Kreuzfahrtschiffen. Bild: Heather Shevlin

Kommentar Der Nonsens mit dem Travel Ban

Nina Wild

Schweizerinnen und Schweizer werden von Kreuzfahrtschiffen verbannt, obwohl sich die Schutzkonzepte der Reedereien bewährt haben und die epidemiologische Lage in ganz Europa schlecht aussieht. Das ist diskriminierend.

Vor ziemlich genau zwei Monaten stach Costa Crociere am 27. September 2020 zum ersten Mal wieder mit internationalen Gästen ab Triest mit der Costa Deliziosa in See. Damit dies überhaupt möglich war, erarbeitete die italienische Reederei monatelang ein Coronavirus-Schutzkonzept, um Gäste und Crew-Mitglieder an Bord vor einer Infektion zu bewahren. Ein überzeugendes Konzept, das Travelnews hautnah an Bord testen durfte.

Damit Reisende überhaupt aufs Schiff gehen dürfen, verlangt die Reederei ein negatives PCR-Testergebnis, das nicht älter als 72 Stunden bei der Einschiffung sein darf. Zusätzlich wird im Hafenterminal ein weiterer Antigen-Test durchgeführt. Ist dieser ebenfalls negativ, steht dem Cruise-Spass nichts mehr im Weg. Zwei Corona-Tests innerhalb von drei Tagen verringern das Risiko, dass ein Infizierter an Bord gelangt enorm. Mehr Sicherheit gibt es wohl kaum. Und trotzdem dürfen Schweizerinnen und Schweizer aktuell nicht auf das Schiff.

Die Schweiz gilt derzeit laut dem ECDC - European Centre for Disease Prevention and Control als Risikoland. Die Neuinfektionen in den letzten sieben Tagen pro 100'000 Einwohner sind höher als in Italien. Deshalb dürfen Schweizerinnen und Schweizer per se nicht mehr an Bord gehen. Das ist schon ein wenig diskriminierend. Betrachtet man nämlich die Zahlen von ganz Europa fällt sofort auf, dass die epidemiologische Situation auf dem ganzen Kontinent nicht gut aussieht. Müssen da wirklich noch einige Länder mehr bestraft werden, weil sie ein paar Infektionen mehr aufweisen? Und machts das bei zwei Tests im Voraus überhaupt Sinn, jemanden nicht an Bord zu lassen, weil er aus einem Risikoland einreist? Nicht wirklich, oder?

Reiseverbot ist unverhältnismässig

Werfen wir einmal einen Blick auf TUI Cruises. Auch die Deutsche Reederei lässt aus dem gleichen Grund wie Costa aktuell keine Schweizerinnen und Schweizer auf ihre Mein-Schiff-Flotte. Zurzeit kreuzt das Unternehmen von den kanarischen Inseln aus. Alle Passagiere fliegen bereits ab Deutschland gemeinsam und unter sich auf die spanischen Inseln. Vor der Abreise muss zwingend ein PCR-Test in Deutschland gemacht werden. Unsere Deutschen Nachbarn glänzen derzeit übrigens auch nicht mit tiefen Infektionszahlen, erst kürzlich wurde ein zweiter Lockdown verhängt, Restaurants sind derzeit geschlossen. Der Tourismus stillgelegt. Genauso wenig Spanien, ein Land, das von der Pandemie gezeichnet wurde.

Es ist also okay, wenn Reisende aus einem Land mit hohen Infektionen ein anderes Land mit ebenfalls hohen Infektionszahlen besuchen. Sobald die Infektionszahlen jedoch ein bestimmtes Limit überschreiten, dass vom Robert-Koch-Institut oder ECDC festgelegt wurde, ist man plötzlich nicht mehr willkommen. Dabei könnte man sich zurzeit ja wirklich überall anstecken. Dieses Vorgehen ist gerade in der Kreuzfahrt-Industrie umso fraglicher, die sich immer wieder mit ihrer Offenheit anderer Nationalitäten gegenüber profiliert. Es wäre doch gerade jetzt umso wichtiger ein Zeichen zu setzen und das Reisen für alle möglich zu machen. Und die Kreuzfahrt-Industrie leidet bekanntlicherweise besonders unter der gegenwärtigen Krise.

Und besser wird es in absehbarer Zeit wohl nicht. Kürzlich hat das US-amerikanische CDC (Centre for Disease Control and Prevention) nämlich die Warnung für Kreuzfahrten verschärft: Es rät nun dazu, dass «alle Menschen Reisen auf Kreuzfahrtschiffen vermeiden». Die Bundesbehörde stuft Kreuzfahrten nun als «Stufe 4: Sehr hohes Niveau von COVID-19» ein und stellt klar, dass dies auch Flusskreuzfahrten einschliesst und weltweit gilt. Nur einen Monat nachdem sie das Verbot für Kreuzfahrtschiffe, die in und aus US-Häfen verkehren, aufgehoben hat.

In unseren Breitenkreisen haben Kreuzfahrtschiffe immerhin die Möglichkeit, mit reduzierter Gästeanzahl und dem umfassenden Hygiene- und Schutzkonzepten zu operieren. Und dass diese durchdacht sind und funktionieren, haben die beiden Reedereien in den vergangenen Monaten gezeigt. Tausende Passagiere haben bereits bis heute wieder eine Kreuzfahrt unternommen. Wieso also nicht allen Cruise-Gästen, welche Reisen wollen, dies ermöglichen? Es ist doch nun wirklich niemandem geholfen, wenn innerhalb von Europa für einzelne Länder unsinnige Restriktionen und Verbote aufgelegt werden, nur weil die ohnehin hohen Fallzahlen in wenigen Ländern noch höher sind...