On The Move
Wann kommen endlich der Sunfinder und der einzelne Cruise-Abschnitt?
Andreas GüntertWeniger Corona. Mehr Reisefreiheit. Das wären zwei meiner drei Reisewünsche für Dich, 2022. Der dritte Wunsch geht an all die Travel Tech Profis da draussen.
Die Reisewelt ist zwar voll von guten Web- und App-Anwendungen. Trotzdem bin ich nicht zufrieden. Diese sieben Dinge wünsche ich mir für das nahtlose Reise-Erlebnis.
1. Der Sunfinder
Ja, ja, ich weiss: Wer «Nebel» von hinten her liest, stösst auf das Wort «Leben». Trotzdem muss ich sagen: Auf ein Leben mit Nebel kann ich gut verzichten.
Leider aber werden unseren Breiten immer mal wieder von einem dicken grauen Tuch geplagt. Erstklassige Reise-Technologie könnte uns da einen Ausweg bieten, finde ich.
Was ich mir wünsche, ist ein Tool, das wahlweise Sunfinder oder Fog-Breaker heissen könnte. Eine App, die mir in einem selbst gewählten Umkreis einen Ort zeigt, wo die Sonne scheint.
Praktischerweise weist mir die App gleich auch den Weg dorthin. Und erlaubt es mir, in einem Restaurant einen Open-Air-Tisch zu buchen. Einem mit Sonne, bitte schön.
2. Das automatische Ticket-System für alle Städte dieser Welt
Am Anfang war ich skeptisch: Kann man einfach in irgendeinen Schweizer Zug einsteigen und sein Ticket per Knopfdruck aktivieren?
Genau dies postuliert das System Easyride. Beim Einsteigen nach rechts wischen, beim Aussteigen nach links – schon ermittelt das System die Fahrkosten und belastet sie der hinterlegten Kreditkarte.
Mittlerweile hat meine Skepsis Begeisterung Platz gemacht. Fast all meine Schweizer Reisen lege ich per Easyride zurück, das System funktioniert zuverlässig. Ein Traum von Travel.
Was in mir einen Travel Tech Wunsch weckt: Wäre das nicht weltweit möglich? Oder zumindest in allen grossen Städten dieser Welt?
Wie schön könnte das urbane Reiseleben sein, wenn man weltweit einfach einsteigen und das Smartphone die ganze Ticket-Arbeit machen würde.
Nie mehr Zeit am Ticketautomaten verlieren. Frei Fahren. Liebe Travel Techies: Wann baut Ihr mir das Uber für den Öffentlichen Verkehr? Bitte die Funktion für alle urbanen Velo-Mietsysteme nicht vergessen.
3. Der Pasta-Finder
Wenn ich international auf Reisen bin, probiere ich immer gerne, was die lokale Küche zu bieten hat. Aber nach drei Tagen meldet sich ein Wunsch, der stärker ist als die ganze Lokal-Lukullika.
Der Wunsch geht so: Jetzt möcht ich gern mal wieder Pasta essen.
Die Pasta-Finder-App stelle ich mir als verschlanktes Tripadvisor vor, ergänzt mit einer Karten-Anzeige: An jedem Ort der Welt wird mir das nächste Lokal mit gutem Pasta-Angebot aufgezeigt.
Natürlich könnte man dabei nach Saucen und Pastaform filtern. Logo, dass per hinterlegter Kreditkarte schon bei der Bestellung bezahlt werden kann. Klar, dass man auch mit Pasta beliefert werden kann.
4. Der Go-Kart-Rollkoffer
Als ich mich kürzlich mit Mobilitäts-Profi Benedikt Weibel über Nachtzüge unterhielt, kam die Sprache so ganz nebenbei auch aufs Thema Rollkoffer.
Ex-SBB-Chef Weibel untersuchte die weltweite Genesis der Mobilität und kam dabei zu diesem Ergebnis: «Von all den beschriebenen Innovationen hat der Rollkoffer wohl die beste Kosten-Nutzen-Bilanz.»
Aber der Rollkoffer könnte bestimmt noch mehr: Neben Gepäck auch Menschen transportieren. Und so freute ich mich sehr, als 2016 das Crowdfunding für den «Modobag» startete.
Seither sah ich zwar viele Bilder vom sogenannten «World’s First Motorized, Rideable Luggage». Aber in der echten Welt sah ich das Teil noch nie. Könnten vielleicht die Damen und Herren der Victorinox-Gepäckabteilung hier mal etwas Taugliches liefern?
5. Der weltweite Echtzeit-Kulturfinder
Es ist ein ganzes Weilchen her, als ich auf diesem Blog dieses touristische Akronym erfunden habe: ROFZ. Ausgedeutscht: Richtiger Ort, falsche Zeit.
Tatsächlich passiert es nicht nur mir oft auf Reisen: Man ist an einem coolen Ort, hört von einer spannenden Veranstaltung – und erfährt dann, dass alles schon wieder vorbei ist. ROFZ.
Was da helfen könnte, wäre ein Echtzeit-Kulturfinder. Als App auf dem Smartphone. Damit könnte man irgendeine Strasse entlanggehen und erhielte das kulturelle Angebot in der Umgebung angezeigt.
Komplett mit kleinem Trailer, Information über die Ticketpreise und – verknüpft mit Google Maps – weitere Angebote in der Gegend. Natürlich alles gleich mit einer Buchungsfunktion. Wär doch was, oder?
6. Last Minute Bagnino
Eine meiner Reisen im Jahr 2021 führte mich an die ligurische Küste. Ah, malerisches Italien. Und: Uff, höllische Mietpreise für einen Liegestuhl und einen Sonnenschirm am Strand.
In der Regel wollten die Bagnino-Bosse der Internautin und dem Internauten 45 oder 50 Euro für einen Nachmittag an der Spiaggia abknöpfen. Einmal verlangte einer sogar 75 Euro. Crazy.
Nach Rückkehr half mir dieser Artikel im «Tages-Anzeiger», die ökonomische Welt der Bagnini zu verstehen. Was mich auf eine Idee brachte. Die Welt, oder zumindest Italien, braucht eine Bagnino-App.
Diese würde in bester Last-Minute-Manier zeigen, wo es noch freie Plätze hat. Und zu welchen Preisen. Diese sollten – gemäss dem Gesetz der dynamic Pricing – spätestens nach dem Pranzo sinken. Massiv.
7. Nur einen Kreuzfahrt-Abschnitt mitfahren
Warum muss man eigentlich gleich eine ganze Kreuzfahrt buchen? 4 Tage, 7 Tage, 14 Tage? Mir würde ein Tag genügen.
Mein Wunsch: Im Rahmen eines längeren Europa-Roadtrips einfach mal einen Tag und eine Nacht mitschippern, zum Beispiel von Neapel nach Palermo. Und dann wieder weiter über Land.
Bei Flixbus ist es möglich, nur einen Streckenabschnitt zu buchen. Eine Ferienwohnung kann ich statt einer Woche auch mal für nur eine Nacht reservieren.
Aber nur mal eine einzige kurze Kleinstroute buchen? Meines Wissens gab es ein solches Angebot mal von der mittlerweile untergegangenen EasyCruise. Doch warum geht das heute, im Jahr des Herrn 2022, nicht?
Warum es den Cruise-Einnächter (noch) nicht gibt
Wer als Journalist unterwegs ist, hat eine Lizenz. Die Lizenz zu fragen. Also habe ich bei den Spezialisten von Costa Crociere nachgefragt, weshalb es den Cruise-Einnächter nicht gibt.
Und darauf diese Antwort erhalten: «Unsere Kreuzfahrten sind als 7-tägige Reisen oder länger gestaltet und entsprechen damit der Nachfrage und Wünschen unserer Kunden.» Und weiter heisst es:
«Eine Kundennachfrage nach einzelnen Teil-Strecken-Reisen ist bei uns dahingehend nicht vorhanden. Für Gäste, die eine Kurzreise machen oder Kreuzfahrtluft schnuppern möchten, bieten wir Mini-Kreuzfahrten von drei oder vier Tagen an. Mit Überstellungsfahrten haben unsere Gäste auch die Möglichkeit, eine Strecke ihrer Reise mit dem Kreuzfahrtschiff zurückzulegen.»
Travel-Tech: Und was wünschst Du Dir?
Der Internaut will aber nicht drei oder vier Tage cruisen. Sondern nur einen Tag. Und natürlich will ich das per App buchen können, mit voller Routen- und Preistransparenz. Traveltech at its best. Wirklich zu viel verlangt, 2022?
Jetzt hab ich fertig gewünscht. Nun hat die Internaut-Community das Sagen. Und das Wünschen: Welche Innovation zum Thema Reisen und Tourismus sollten die Techies Deiner Meinung nach endlich anpacken?
Bonus-Track: Ein einfacher Wunsch, den alle haben
Als Bonus noch ein Wunsch, den ganz sicher nicht nur ich hege. Nicht fancy, nicht ausgeflippt, sondern eigentlich ganz selbstverständlich.
Eine Plattform, auf der sich Routen und Preise internationaler Bahnreisen vergleichen lassen.
Was in der Fliegerei längst Alltag ist, bringen die Bähnler aller Länder nicht hin. Wohl auch deshalb, weil die meisten Bahnen staatlich gelenkt und bezüglich IT unterschiedlich aufgestellt sind.
Vermutlich wird ein wirklich gutes System gar nicht von den Bahnen selber kommen. Sondern von Leuten wie Google oder Booking. Oder von einem Startup wie SimpleTrain.