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Für die einen ist Tripadvisor ein Segen, für die anderen eine Seuche. Bilder: Internaut

So nutzt Du Tripadvisor richtig

Andreas Güntert

Tripadvisor ist eine der mächtigsten Reise-Apps der Welt. Hier kommen sieben Tipps, um dieses Tool besser zu nutzen. Und Du lernst, wie auf Tripadvisor betrogen wird.

Tripadvisor: Für die einen ist das ein Segen, für die anderen eine Seuche. Manche sprechen von der «Intelligenz der Vielen». Andere wiederum höhnen über den «Schwarm der Ahnungslosen».

Und der von mir geschätzte Gastro-Kritiker Christian Seiler hat Tripadvisor auch schon als «Ausgeburt der digitalen Hölle» tituliert.

Nachteule. Und Tageule: Tripadvisor schläft nie.

Fest steht: Die Bewertungsplattform Tripadvisor ist aus der Reisewelt nicht mehr wegzudenken. Und sie sorgt immer wieder für Gesprächsstoff. Was ebenfalls klar ist: Die Bewertungsplattform gehört zu den beliebtesten und erfolgreichsten Reise-Apps aller Zeiten.

Tripadvisor mit erstem «Transparenzbericht»

Seit der Gründung im Jahr 2000 hat das Unternehmen mit der Eule im Logo 760 Millionen Bewertungen erhalten; alleine letztes Jahr sollen es 66 Millionen gewesen sein.

Das jedenfalls schreibt Tripadvisor in seinem ersten «Transparency Report», der dieser Tage erschienen ist. Dabei war natürlich für viele Beobachter der Szene vor allem ein Thema wichtig: Was berichtet Tripadvisor über die hartnäckigen Vorwürfe, wonach eine nicht unbedeutende Zahl der Bewertungen gefälscht sei? Immerhin sind die Medien voll mit Schauergeschichten zum Thema «Fake Reviews».

Die wichtige Zahl dazu erscheint im Report auf Seite 6: Tripadvisor schreibt, dass 2,1 Prozent aller Bewertungen als «Fake Reviews» erkannt worden seien – also immerhin 1,4 Millionen Bewertungen. 73 Prozent davon habe Tripadvisor vor der Veröffentlichung abfangen können.

Tripadvisor richtig nutzen: Drei verschiedene Typen gefälschter Bewertungen

Natürlich hätten sich User wie Gastronomen und Hoteliers viel mehr Infos dazu gewünscht. In welchen Ländern und Städten wird am meisten gefälscht? Welche Betriebe trifft es am meisten? Wie kann man Fake-Reviews auf den ersten Blick erkennen?

Dazu ist leider nicht sehr viel zu lesen in dem 29-seitigen Papier. Wohl auch deshalb, weil Tripadvisor eine börsennotierte Firma ist und nicht allzu tiefen Einblick in sein System geben will.

Das Fenster zur Welt: Ohne Tripadvisor geht fast gar nichts mehr.

Was das Unternehmen schon gar nicht will: Das Thema der Fälschungen so detailliert besprechen und aufdecken, dass zum Schluss der Eindruck hängen bleibt, sogenannte «fake reviews» seien ein gewaltiger Problemfall.

Das Thema wird lieber als kleine Sache geschildert, die man im Griff hat.

Bewertungen richtig bewerten: Hier kommen sieben Tipps für Deine Reise


Aber immerhin, die Firma hat ein erstes Papier vorgelegt. Das ist doch schon mal ein Anfang. Auf Seite 18 des Tripadvisor-Transparenzberichts taucht übrigens meine Lieblingspassage auf: Die drei verschiedenen Typen der gefälschten Bewertungen.

Auch das wird Dir auf Deiner Reise nützen. Wenn man weiss, wie am häufigsten gefälscht wird, ist man als User schon wieder ein Stückli besser informiert. Und kann das tun, was im Umgang mit Bewertungsplattformen essenziell ist: Bewertungen richtig bewerten.

Der typische Fälscher-Fall taucht im Punkt 5 meiner sieben Tipps für Tripadvisor auf. Und jetzt rein ins Tripadvisor-Tipp-Septett!

1. Tripadvisor richtig nutzen: Das Gesetz der grossen Zahl

Eigentlich logo: Je mehr Bewertungen ein Hotel, ein Restaurant oder eine Sehenswürdigkeit hat, desto besser kann man sie einschätzen.

Dabei ist natürlich auch klar: Ein sehr grosses Hotel wird eher mehr Bewertungen haben als ein Drei-Zimmer-Gasthaus.

Persönlich bin ich dann zufrieden, wenn für ein Hotel ab ungefähr 50 Zimmern in den letzten zwei Jahren 50 bis 100 Bewertungen aufgeführt sind. Sind es nur 15 oder 20, bin ich weniger zufrieden.

2. Wie aktuell sind die Bewertungen?

Die reine Zahl der Bewertungen ist das eine. Die Aktualität aber das andere. Gerade Restaurants wechseln immer mal wieder die Hand. Und da nützt es nicht viel, wenn die Kochkunst eines Vorgängers gelobt wird, der aktuell gar nicht mehr am Herd steht.

Bei einem mittelgrossen Betrieb möchte ich gerne mindestens 5 bis 10 Bewertungen in den letzten zwei Monaten sehen. Darunter geht nicht.

3. Tripadvisor als Overtourism-Warner

Das Thema des Overtourism ist zwar etwas aus den Medien verschwunden. Aber eine Realität ist das in vielen europäischen Städten immer noch.

Wer sicher sein will, nicht Opfer des gröbsten Dichtestresses zu werden, schaut sich am besten zunächst einmal auf Tripadvisor um. Mit grosser Zuverlässigkeit erfährt man dort unter einer Eingabe wie «Top 10 Sehenswürdigkeiten» einmal ganz generell, wo sich die meisten Menschen ballen.

Tripadvisor richtig nutzen: Hier herrscht kein Dichtestress. Zum Glück.

Wenn man diese neuralgischen Orte danach auf einer Suchmaschine unter Eingabe der Sehenswürdigkeit und dem Stichwort «Stosszeiten» eingibt, weiss man zumindestens einmal, wann der Andrang am grössten ist.

Beziehungsweise: Wann man sich besser fernhält von diesem Ort. Was wir daraus lernen: Tripadvisor richtig nutzen heisst auch: Nicht dorthin gehen, wo Tripadvisor alle anderen schon hingeschickt hat.

4. Geheimtipps finden auf Tripadvisor?

Ich selber nutze Tripadvisor immer mal wieder. Vor allem, wenn ich eine Stadt oder ein Land noch nicht gut kenne und mir vorab keine Tipps von Insidern geben lassen konnte.

Mit Tripadvisor als Leitschnur bin ich noch nie schlecht gefahren. Wohl auch deshalb, weil ich die Regeln eins und zwei strikte befolge.

Ich denke aber auch, dass die Erwartungen nicht allzu hoch sein sollten: Einen absoluten Geheimtipp via Tripadvisor zu finden, ist wohl wie der sprichwörtliche Sechser im Lotto. Wer sich von einer durchschnittlichen Laien-Meinung führen lässt, kann nun mal nichts absolut Überdurchschnittliches erwarten.

Vielleicht kann man es so sagen: Tripadvisor sagt uns nicht, welches das beste Restaurant ist. Was Tripadvisor uns im besten Fall sagen kann: Welches Restaurant viele Leute in letzter Zeit am besten gefunden haben. Das ist ein nicht unbedeutender Unterschied.

Wenn es darum geht, einen wenig bekannten Klassiker oder ein neu eröffnetes Spitzen-Lokal zu finden, baue ich eher auf die Meinungen von Einheimischen.

Bisher bin ich immer gut gefahren damit, die Locals an einer Strasse zu fragen, die typisch für ihre Stadt ist. Ja genau, ich spreche von Starken Strecken. Alternativ besorge ich mir vor Ort eine Zeitung oder eine Zeitschrift und lasse mich dort inspirieren. Mindestens Thema zwei – die Aktualität – sollte damit gegeben sein.

5. Tripadvisor richtig nutzen: So wird beschissen. Und was Dir das sagt


Wie eingangs erwähnt: Eine der spannendsten Passagen im Tripadvisor-Transparenzbericht findet sich auf Seite 18. «Types of fake reviews» werden dort aufgeführt, also die verschiedenen Beschiss-Varianten.

Am häufigsten vertreten ist gemäss Tripadvisor dabei der Typus des «biased positive review». 91 Prozent aller Fakes werden dieser Variante zugerechnet. Sie bedeutet: Jemand, der mit dem betreffenden Restaurant oder Hotel verbunden ist, schreibt eine nicht zutreffende Lobhudelei.

Drei Prozent der gefälschten Bewertungen kommen gemäss Tripadvisor durch «paid reviews» zustande. Ein Betrieb gibt also bezahlte Bewertungen in Auftrag. Manchmal, um das eigene Hotel oder Restaurant hochzuloben. Manchmal auch, um andere niederzuschreiben.

Für mich am interessantesten: Der Typus der «biased negative reviews» ist mit sechs Prozent relativ klein. Was in meiner Tripadvisor-Bewertung bedeutet: Wenn ein Restaurant oder ein Hotel sehr gut bewertet ist, stürze ich mich relativ schnell auf die negativen Berichte. Was wird da bemängelt?

Das ist vor allem dann interessant, wenn es sich – siehe Regel zwei – um aktuelle Beiträge handelt.

6. Je besser bewertet desto Reservieren

Grammatikalisch ist dieser Titel natürlich eine eher schwierige Formulierung. Eine «Nahdeutsch»-Erfahrung, würden manche wohl sagen.

Aber ich denke, dass das jede und jeder versteht: Je beliebter ein Restaurant ist, desto grösser wird der Ansturm sein. Vor allem, wenn das Lokal in seiner Kategorie in der Top 10 der betreffenden Stadt auftaucht.

Das kann für den aufgeklärten User dann nur eines bedeuten: Wenn man dort wirklich hin will, sollte man vorher reservieren.

7. Tripadvisor richtig nutzen: Wenn es zu gut klingt, um wahr zu sein, dann…


Nun gibt es auch Hotels und Restaurant, die so abartig gelobt und gerühmt werden, dass es fast nicht wahr sein kann.

Für den kundigen Traveler heisst das: Hier könnte ein Fall von geballten «biased positive reviews» (siehe Regel 5) vorliegen.

Zu diesem Thema habe ich im deutschen Online-Reisemagazin «Travelbook» kürzlich einen ebenso einfachen wie grossartigen Satz gelesen. Es ging dort zwar um das Thema Airbnb, doch der Satz funktioniert auch für alles, was einem auf Tripadvisor unglaublich hochgejazzt und überfrisiert vorkommt: Travelbook schreibt: «Wenn es zu gut ist, um wahr zu sein, ist es nicht wahr».

Wie wahr.