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Juan José Nieto, Besitzer der Tapas-Bar «La Cueva» im La Lonja-Viertel in Palma. Bild: SRT

Im siebten Tapas-Himmel

Fabian von Poser

Mallorcas Inselhauptstadt ist bekannt für ihre köstlichen Vorspeisehäppchen – ein Streifzug durch die Tapas-Bars von Palma.

Das Glück hat zwei Hälften. Es kommt auf geröstetem Baguette. Jede der Köstlichkeiten ist nur wenig grösser als eine Zwei-Euro-Münze. «Gänseleberpastete mit karamellisiertem Kürbis», sagt Ángeles López Catalina. Ihre Augen leuchten, als sie an den Tisch tritt. Zurecht, denn das, was sie serviert, ist ein Gedicht: Die würzige Paté vermischt sich mit dem Süss des Kürbis zu einer extravaganten Melange.

Nur Augenblicke später trägt López weitere Köstlichkeiten heran: gebratenen Oktopus, gratinierten Kabeljau mit Knoblauchcreme, hausgemachten Frischkäse mit Iberico-Schinken und die berühmten Pimientos de padrón, Paprikaschoten in grobem Salz. Für jede 20. benötigt man ein Löschbier. Nicht alle sind scharf, aber eben auch nicht wenige.

Ein Fenster, eine Tür: Am «Tast» in Palmas belebter Calle Unión könnte man glatt vorbeilaufen. Doch das wäre schade, denn die Bar gehört zu den feinsten Tapas-Lokalen der Insel. Am Ballermann in S'Arenal trinken sie um ein Uhr mittags schon Bier aus Plastikeimern. Hier geht es etwas stilvoller zu. Ab 13 Uhr füllt sich der Saal langsam, eine Stunde später sind alle Tische besetzt.

Das Lokal ist fast immer gut besucht, denn kaum irgendwo in Mallorcas Inselhauptstadt ist die Auswahl an Tapas so gross. Nur einen Haken hat die Sache: Bei dem Versuch, sie alle zu probieren, scheitert man unweigerlich, denn die Vitrinen sind so üppig gefüllt, dass mehrere Besuche nicht genügen würden, um alles zu kosten. «Nehmen Sie sich Zeit und kommen Sie wieder», sagt López und lacht.

Was dann kommt, ist nur noch Genuss

Palmas Bars sind berühmt für ihre Tapas. Dabei hat sich auf der Insel eine völlig eigene Tapas-Kultur entwickelt. Der mediterrane Einfluss ist in der mallorquinischen Küche deutlich spürbar. Mandeln, Oliven und Pinienkerne gehören als Ingredienzen zu vielen Gerichten dazu.

So wie im «Pope» in der Calle Apuntadores im Ausgehviertel La Lonja. Besitzer Javier Olivas serviert dort einen ausgezeichneten Tomatensalat mit Thunfisch, geschmorten Paprika und Pinienkernen. Oder im «La Cueva» direkt gegenüber. Seit 1960 ist das Lokal, dessen Name übersetzt «Höhle» bedeutet, familiengeführt. «Bei uns kommen vor allem leichte, einheimische Zutaten auf den Tisch», sagt Besitzer Juan José Nieto. «Wir kochen mit mehr Gemüse als auf dem Festland. Vor allem aber mit Öl und nicht mit Fett. Bei uns wird viel weniger frittiert.»

Die Zutaten für seine Tapas kauft Nieto oft auf dem Mercado des Olivars, dem städtischen Markt. Zum Beispiel bei Menschen wie Juana Fuster Miró und ihrem Mann Emilio. Seit fünf Generationen betreibt Fusters Familie ihr Geschäft. Vor ihr türmen sich Garnelen, Muscheln, Hummer und Fische aller Art. Einst besaß die Familie fünf Schiffe. Als der Vater starb, wurden sie verkauft. Doch das Geschäft läuft bis heute beinahe unverändert weiter. Als ich sie nach der Wirtschaftskrise in Spanien frage, sagt Fuster: «Die Krise ist für uns nicht so schlimm, denn essen müssen die Leute ja jeden Tag.»

Auch im Tast scheint man von der Krise nicht viel zu spüren. Am späten Nachmittag ist das Lokal gerammelt voll. Immer mehr Leute strömen jetzt in die Bar, so dass kaum noch Platz zum Stehen ist. Noch einmal zwängt sich Geschäftsführerin López durch die Menge und jongliert eine Portion Setas al roquefort, Pilze in Roquefort-Sauce, auf den Tisch. «Ich kann nicht mehr», sage ich zu ihr. Das sei eine Spezialität des Hauses, es wäre unhöflich, sie nicht zu probieren, antwortet sie. «Wo ein Wille ist, da ist auch ein Gaumen», denke ich. Was dann kommt, ist nur noch Genuss.

Fünf Tipps

Tast  Calle Unión 2, www.tast.com: Tolles Ambiente mit stets neuen Tapas-Kreationen und bunt gemischten Publikum. Auch viele Einheimische essen hier. Unbedingt probieren: Leber-Pastete mit karamellisiertem Kürbis, Roquefort-Pilze und die genialen Patatas Bravas (scharfe, frittierte Kartoffeln).

Bar Día Calle Apuntadores 18: Authentischer geht es nicht. Die Bar ist ein Erlebnis: Hier lärmt es und es wird gedrängelt. Ab Mittag ist die Bar oft brechend voll. Die Küche ist einfach, aber ehrlich. Meine Favoriten auf der Karte: Datteln im Speckmantel und Pica Pica, Calamari in Tomaten-Knoblauch-Sauce.

La Bóveda Calle Botería 3, www.restaurantelaboveda.com: Schon seit Ewigkeiten in der Stadt, aber immer noch gleich gut und mit jahrelang bewährtem Personal. Der Kabeljau in Tomatensauce ist ein Gedicht. Auch der Schinken ist hier immer einen Versuch wert.

La Cueva  Calle Apuntadores 5, www.restaurante-lacueva.com: In dem winzigen Keller servieren Wirt Juan José Nieto und seine Mannschaft allerlei typische Tapas-Köstlichkeiten. Spezialitäten sind Gambas al Ajillo und gebratener Oktopus. Achtung: meist Reservierung erforderlich!

El Chaflán de Patxi Calle Espartero 28: Der ideale Tapas-Start in die Nacht. Vom Patxi ist man in wenigen Minuten im Catalina-Viertel mit seinen vielen kleinen Restaurants und Bars. Tipps von der Karte: frische Gänseleber mit hausgemachter Marmelade und überbackener Camembert.