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Das Halbtax-Abo steht vor dem Aus
Seit Jahrzehnten ist das Halbtax das Symbol für den erschwinglichen öffentlichen Verkehr in der Schweiz. Für 190 Franken pro Jahr (170 Franken bei Verlängerung) erhalten Kundinnen und Kunden 50 Prozent Rabatt auf nahezu alle Zug-, Bus- und Tramfahrten. Wer jährlich mehr als 340 Franken für Billette ausgibt, profitiert – ein Anreiz, der Millionen Menschen vom Auto auf den ÖV brachte.
Nun soll dieses Erfolgsmodell verschwinden. Laut einem Bericht des Konsumentenmagazins «K-Tipp» will die Alliance SwissPass, der Dachverband von SBB, Postauto und den regionalen Verkehrsverbünden, das Halbtax in den nächsten Jahren schrittweise abschaffen. Stattdessen soll ein neues digitales Tarifsystem mit dem Namen «My Ride» eingeführt werden.
«My Ride» soll das Reisen vereinfachen
Das neue System soll laut Alliance Swisspass ab 2027 starten und das heutige Preissystem «radikal vereinfachen». Die Idee: Fahrgäste aktivieren vor jeder Reise in der SBB-App die Funktion «My Ride», starten die Aufzeichnung und beenden sie am Zielort. Danach wird automatisch der günstigste Preis für die gefahrene Strecke berechnet – die Abrechnung erfolgt am Monatsende.
Eine monatliche Grundgebühr von rund 15 Franken ist vorgesehen. Wer häufiger fährt, soll zusätzliche Rabatte erhalten – je mehr man den ÖV nutzt, desto günstiger wird es. Das bisherige Prinzip fester Preisnachlässe – wie beim Halbtax – soll durch ein dynamisches, nutzungsabhängiges System ersetzt werden.
Die Branche verspricht: Die Einnahmen sollen insgesamt gleich bleiben, das System aber moderner und flexibler werden. Die neuen Billettpreise sollen zwischen dem heutigen Halbtax- und dem Volltarif liegen. Ziel sei es, mehr Einfachheit, mehr Transparenz und mehr digitale Möglichkeiten zu schaffen, heisst es bei Alliance Swisspass.
Dass das Halbtax ganz abgeschaft werden soll, verneint der Branchenverband mit einem Dementi des K-Tipp-Artikels: «Richtig ist, dass sich die öV-Branche mit der Einführung von einem neuen Preissystem beschäftigt. Auch nach einer möglichen Einführung eines neuen Preissystems mit dem Zielhorizont 2035 wird es ein Halbtax geben.» Die konkrete Ausgestaltung eines neuen Preissystems sei in Arbeit. Der Entscheid zur Einführung sei noch nicht gefällt.
Unklare Preisentwicklung
Noch unklar ist, ob die durchschnittlichen Fahrpreise steigen werden oder um es sich um eine versteckte Preiserhöhung handeln könnte. Nicht zur Freude aller: der Ticketverkauf wird vollständig digitalisiert. Wer künftig von Rabatten profitieren will, muss alle Fahrten über ein persönliches Profil per Smartphone aufzeichnen. Käufe am Automaten oder Schalter werden nicht berücksichtigt. Damit drohen Nachteile für ältere Personen, Kinder oder Menschen ohne Smartphone und digitale Zahlungsmittel.
Konsumentenschützer fordern deshalb, dass auch weiterhin analoge Kaufmöglichkeiten bestehen bleiben – oder dass Vergünstigungen nicht an die Nutzung einer App gekoppelt werden.
Noch ist nichts definitiv beschlossen: Der Strategierat von Alliance Swisspass, in dem Vertreter von SBB, Postauto und den grossen Tarifverbünden sitzen, muss dem neuen System zustimmen. Eine politische Genehmigung durch das Parlament ist nicht nötig – die Branche kann die Umstellung selbst beschliessen.