Here & There

Gere Gretz wirbt seit 26 Jahren in der Schweiz für Thailand. Er kennt das Land aus 116 eigenen Reisen wie kaum ein anderer. Bilder: TN / Adobe Stock

Warum Thailand für Schweizer Reisende unschlagbar bleibt

Reto Suter

Während andere Märkte schwächeln, boomt Thailand bei den Schweizer Gästen. Gere Gretz, der seit 26 Jahren das Thailändische Fremdenverkehrsamt in der Schweiz vertritt, erklärt im Travelnews-Interview, weshalb Schweizer Reisende dem Land treu bleiben.

Thailand hatte Grosses vor: 39 Millionen internationale Gäste wollte das Land im Jahr 2025 willkommen heissen. Ein ehrgeiziges Ziel, das nicht unrealistisch schien. Inzwischen musste die Prognose aber nach unten korrigiert werden. Neu rechnet man mit gut 33 Millionen Besucherinnen und Besuchern.

Von Januar bis Ende August verzeichnete Thailand einen Rückgang von rund sieben Prozent gegenüber dem Vorjahr. Einer der Gründe: Der starke Baht. Die Landeswährung hat im Vergleich zu vielen anderen Währungen deutlich zugelegt – und macht Ferien in Thailand insbesondere für asiatische Reisende spürbar teurer.

Doch wie sieht es mit den Schweizerinnen und Schweizern aus? Sind auch sie zurückhaltender geworden? Worauf legen sie bei ihren Thailand-Ferien besonderen Wert? Und was muss Thailand tun, um sich hierzulande noch erfolgreicher zu vermarkten?

Über diese Fragen hat Travelnews mit Gere Gretz gesprochen, dem langjährigen Vertreter des Thailändischen Verkehrsamts in der Schweiz. Seit 26 Jahren wirbt er für das Königreich, und als profunder Kenner hat er das Land bereits 116 Mal persönlich bereist.

Herr Gretz, Thailand wird 2025 seine anvisierten Ziele im Tourismus verfehlen. Die Zahl der internationalen Gäste ist im Vergleich zum Vorjahr rückläufig. Wie sieht die Situation bei Schweizer Reisenden aus?

Gere Gretz: Da zeichnet sich ein anderes Bild ab. Bis Ende August 2025 verzeichnen wir gegenüber dem Vorjahr ein Plus von acht Prozent. 2024 wurden insgesamt 184’000 Schweizer Ankünfte in Thailand gezählt, und jetzt liegen wir bereits bei 122’000. Mit dieser Entwicklung sind wir sehr zufrieden. Für Thailand bleibt Europa ein zentraler Markt, nicht zuletzt, weil europäische Gäste während ihres Aufenthalts überdurchschnittlich viel Geld ausgeben.

Und wie präsentiert sich die Lage in Deutschland und Österreich?

Dort sind die Zuwächse sogar noch markanter. Vor allem der deutsche Markt boomt regelrecht. Aus Deutschland beträgt das Wachstum bis Ende August plus zwölf Prozent und hier sind 611‘000 Personen eingereist. Bei Österreich zeigt sich ein ähnliches Bild mit plus neun Prozent und 76‘000 Gästen.

Warum wächst der Schweizer Markt weniger stark als jener in Deutschland oder Österreich?

Eine klare Antwort gibt es darauf nicht. Man muss diese Statistiken generell mit Vorsicht geniessen – insbesondere, wenn es um die Schweiz geht. Erfasst werden nur Reisende mit Schweizer Pass, nicht aber alle mit Wohnsitz in der Schweiz. Da rund 27 Prozent der Bevölkerung keinen Schweizer Pass besitzen, werden sie statistisch anderen Ländern zugerechnet. In Deutschland und Österreich liegt dieser Anteil bei etwa 20 Prozent, was die Zahlen zugunsten dieser Märkte verzerren könnte. Zudem besitzen 19 Prozent der Schweizerinnen und Schweizer zwei Nationalitäten, würden alle diese mit einem ausländischen Pass in ein anderes Land einreisen, würden diese Einreisestatistiken nur für 54 Prozent der Schweizer Wohnbevölkerung gelten.

«Schweizer Reisende gehören zu den Gästen mit der längsten Aufenthaltsdauer überhaupt»

Wie zeigt sich das grosse Interesse thailändischer Touristiker am Schweizer Markt?

Wir spüren das sehr direkt. Zahlreiche Hoteliers treten an uns heran und fragen nach Möglichkeiten, ihre Präsenz in der Schweiz zu verstärken – etwa durch Roadshows oder Workshops. Wir arbeiten zurzeit daran, zusätzliche Plattformen zu schaffen, damit sich alle Interessierten hierzulande professionell präsentieren können. Der nächste Event ist rund um die ITB Berlin geplant.

Warum sind Schweizer Gäste für Thailand besonders attraktiv?

Schweizer Reisende gehören zu den Gästen mit der längsten Aufenthaltsdauer überhaupt. Mit durchschnittlich 22 Tagen pro Reise rangieren sie weltweit in den Top 5. Hinzu kommt: Nur wenige buchen All-inclusive-Angebote. Das bedeutet, sie konsumieren direkt vor Ort – in Restaurants, bei Ausflügen oder Wellness-Behandlungen. Genau diese hohe Wertschöpfung macht sie für Thailands Tourismusbranche so interessant.

Diese Schweizer Reiseprofis erkundeten Thailand im Juni 2025. Bild: TN

Die Nachfrage aus der Schweiz nach Thailand-Ferien ist also hoch. Hilft nur noch frühes Buchen, um die Wunschunterkunft zu sichern?

Absolut. Das Wachstum aus Europa ist stark, und gerade die beliebtesten Unterkünfte sind schnell ausgebucht. Wer auf Nummer sicher gehen will, sollte also rechtzeitig buchen. Thailand verfügt nach wie vor über ein äusserst attraktives Preis-/Leistungsverhältnis und bietet Ferienfreude pur.

Wann ist der Buchungsdruck am grössten?

Das lässt sich nicht mehr pauschal festmachen. Das Geschäft hat sich in den letzten Jahren deutlich diversifiziert. Frühling, Frühsommer und Herbst sind heute gefragter als noch vor einigen Jahren – etwa Mai und Juni haben zugelegt. Klassische Peaks gibt es nach wie vor über das Winterhalbjahr und im Juli sowie rund um Ostern, ansonsten verteilt sich die Nachfrage heute breiter.

Welche Regionen sind besonders beliebt?

Aus Schweizer Sicht stehen nach wie vor Bangkok, Chiang Mai, Koh Samui und Phuket – hier insbesondere Khao Lak und Krabi – an der Spitze. Aber auch andere Regionen gewinnen an Bedeutung. Geheimtipps sind zum Beispiel Nan im Nordosten des Landes, wo die Gästezahlen spürbar ansteigen, und Khanom am Golf von Thailand. Hier ist ein regelrechter ein Hype entstanden, Nicht zuletzt wegen neuer moderner Strandhotels, die bei europäischen Reisenden hervorragend ankommen.

«Jüngere Gäste achten stärker auf den Preis und nehmen gerne Umsteigeverbindungen in Kauf»

Gibt es spannende neue Angebote im Land?

Ein Highlight ist sicher der historische Sonderzug «The Blue Jasmine», der von Bangkok aus Stationen wie Ayutthaya, Sukhothai und Uthai Thani anfährt. Übernachtet wird in Boutique-Hotels, teils in besonderen Gebäuden wie einem ehemaligen Schulhaus. Landestypische Mahlzeiten und ein authentisches Reise-Erlebnis stehen im Zentrum. Zudem entstehen rund um Bangkok neue Wander- und Bikewege mit einer Länge von insgesamt 65 Kilometern.

Wie steht es um die Flugkapazitäten?

Sehr positiv. So fliegt die Edelweiss erstmals mit einer vierten Frequenz nach Phuket – von Januar bis März. Hinzu kommen neue Möglichkeiten mit Fly Dubai ab Basel mit Anschluss nach Krabi. Auch Air India ist wieder ab Zürich präsent und bietet via Delhi perfekte Verbindungen nach Bangkok. Und dann ist da natürlich noch Condor ab Zürich, die täglich via Frankfurt nach Bangkok und auch nach Phuket fliegt.

Direktflüge gelten bei Schweizer Reisenden als besonders wichtig – stimmt das noch?

Im Grundsatz ja, aber es kommt auf die Zielgruppe an. Gerade jüngere Gäste achten stärker auf den Preis und nehmen gerne Umsteigeverbindungen in Kauf. Dazu kommt: Manche Reisende haben ganz spezifische Vorlieben für ein bestimmtes Airline-Produkt – sei es die Sitzkonfiguration, die Beinfreiheit oder das Essen. So hat Thai Airways auf ihren täglichen Nonstop-Flügen nach Bangkok in der Boeing 777-300ER in der Eco immer noch die sehr komfortable 3-3-3 Bestuhlung, was zu viel Sitzkomfort führt.

Wie wollen Sie den Verkauf in Schweizer Reisebüros weiter fördern?

Ein wichtiger Schritt war die Rückkehr unseres Mega-Famtrips im Sommer. Noch nicht mit der Teilnehmerzahl von vor Corona, aber die Basis ist gelegt. Ziel ist es, die Destinationskenntnisse der Reiseprofis an der Front weiter zu stärken. Es war auch in der Vergangenheit enorm wichtig, diese Famtrips durchzuführen. Mir schwebt wieder eine Grossreise mit bis zu 100 Schweizer Agentinnen und Agenten vor. Wer Thailand selbst erlebt, wird immer wieder zurückkehren – und kann das Land auch den Kundinnen und Kunden überzeugend vermitteln. Möglich wird das nur in enger Zusammenarbeit mit Thai Airways, die solche Projekte überhaupt erst realisierbar macht.