Travel Tech

So sollte die Reisebranche auf der Social-Media-Klaviatur spielen

Die Social-Media-Serie geht zu Ende: Die Highlights und Learnings der Beiträge im Überblick – und eine finale Experten-Einschätzung zur Strategie und zum Zusammenspiel der Kanäle.

In den vergangenen zwei Wochen hat sich travelnews.ch zusammen mit zahlreichen Experten die Performance von zehn Reiseunternehmen auf den sozialen Netzwerken näher angeschaut. Was posten sie auf Facebook? Wie kreativ ist der Einsatz von Youtube und Instagram? Lassen sich die Antwortzweiten auf Twitter sehen?

Alle Beiträge im Überblick:

Naturgemäss sind Swiss und Schweiz Tourismus obenauf geschwungen. Sie widmen den sozialen Netzwerken vergleichsweise die grösste Bedeutung zu und agieren mit professionellen Social-Media-Teams, Schweiz Tourismus eigens mit vier Leuten. Klar sind nun kleinere Player, ob Knecht Reisen, Bentour Reisen oder Helvetic Airways, deren Marketingleute nur nebenbei die Kanäle betreuen können, in der Experten-Bewertung zum Teil schlecht weggekommen.

Es ging uns dabei weniger ums Ranking und abstrafen, vielmehr um die Illustration sehr guter und weniger gelungener Beispiele von Posts, Tweets und Uploads. Aller Anfang ist schwer – auch travelnews.ch zählt erst auf 12 Abonnenten auf Youtube und musste sich schon wegen uninspirierter Twitter-Tonalität Kritik anhören. Dank dem Blick branchenfremder Experten sind nun in der Social-Media-Serie aber viele hilfreiche Tipps und Betrachtungsweisen zusammengekommen, die helfen, die Social-Media-Klaviatur künftig besser zu nutzen.

Hier nochmals die Highlights:

Thomas Hutter von Hutter Consult sagt über die Facebook-Performance: „Das Potenzial von Facebook wird bei den meisten Reiseunternehmen nur zu einem Bruchteil genutzt, was schade ist, denn das Thema Ferien ist eines mit dem grössten Potenzial auf Facebook.“ (...) „Neben tollen, professionellen und multimedialen Inhalten müssen Reiseunternehmen eine Empathie entwickeln, welche Inhalte und Themen auf Facebook resonanzfähig“.

Dave Hertig von ContentSucces sagt über den Erfolg auf Youtube: „Wer auf Social Media geeichte Menschen dauerhaft gewinnen will, muss ihnen regelmässig frische attraktive Inhalte liefern.“ (...) „Youtube bietet die technologischen Voraussetzungen, um praktisch ohne Technik-Kosten einen eigenen TV-Kanal zu unterhalten.“ (...) „Reisethemen sind eine Schatztruhe voller positiver Emotionen und sie sind zudem redaktionall ergiebig.“

Caroline Brinkhoff von The Relevent Collective sagt zur Präsenz auf Instagram: „Die User möchten heute vor allem eines: Authentizität. Es ist zentral, dass der Account eines Unternehmens echt wirkt und Content bietet, den man sonst nicht in deren Werbung findet.“ (...) „Die Fotos und Videos sollen etwa einen Einblick in den Arbeitsalltag der Mitarbeiter zeigen und Emotionen wecken. Die Beschreibung zu jedem Bild muss unbedingt genutzt werden: Mit einem catchy Text und sinnvollen Hashtags.“

Tom Brühwiler, Twitterer der ersten Stunde und Travelblogger findet: "Die meisten Reiseunternehmen haben die Wichtigkeit von Social Media erkannt, messen Twitter aber offensichtlich eine untergeordnete Rolle zu. Man ist zwar präsent und postet regelmässig Inhalte, diese sind aber wenig auf die einzelnen Kanäle abgestimmt und wirken bei genauerem Hinsehen doch eher lustlos. Ich vermisse einen persönlicheren Touch, vielleicht auch mal ein Blick hinter die Kulissen, so dass die Marken (und Bilder!) weniger auswechselbar wirken."

Und Katrin Schmitt von Schweiz Tourismus sagt: „Das <Social> im <Media> bietet die Möglichkeit, mit (potenziellen) Gästen in den direkten Dialog zu treten, sie zu beraten und zu inspirieren – mit dem Hauptziel, das Reisebegehren auszulösen.“

Finales Fazit – das sagt Florian Wieser

Zum Abschluss haben wir Florian Wieser um eine Einschätzung angefragt. Er ist der Gründer der Agentur The Relevent Collective und eine seiner wichtigsten Botschaften an die Reiseunternehmen lautet, die Kanäle nicht einzeln zu betrachten. Er nennt die wichtigsten Aspekte.

Welche Punkte gilt es bei einer Social-Media-Strategie zu beachten?

1. Klarheit erlangen über das Inhaltsangebot. Zunächst gilt es den Inhaltsschatz zu heben.

2. Klarheit über sinnvolle Ziele: eine Quantifizierung ist möglich. Wenn es auch nur kleine Zahlen oder kleine Schritte sind, diese unbedingt festhalten, damit ein Vergleich möglich wird.

3. Die Aufgabe der einzelnen Kanäle bestimmen: Welcher Kanal verfolgt welchen Zweck (z.B. Twitter ausschliesslich für Support. Instagram ausschliesslich für behind-the-scene-Geschichten).

4. Klarheit über Vernetzung – zum Beispiel bestehende oder weiterführende Inhalte verlinken, Stimmen aus verschiedenen Abteilungen einholen und Aussagen zu einem Thema verknüpfen, laufende Kommunikationsmassnahmen aufnehmen und mit der Story vernetzen oder die Story bekommt einen Beitrag zu einer Kampagne als Mehrwert und natürlich die Kanäle selber vernetzen, indem man von Facebook auf den Blog verlinkt oder in Twitter auf das Youtube Video hinweist. Man kann nie zu viel vernetzen und der Mehrwert von Content Marketing und Stories zeigt sich immer erst mit einer cleveren Vernetzung. Sonst ist es einfach ein Blogpost.

5. Messbarkeit und Auswertung: Mit welchen Tools misst man den Erfolg und wie wird der Erfolg rapportiert? (Auswertungen standardisieren).

6. Proaktives Community Management: Zugehen auf die Interessensgruppen, Kontakt suchen, Austausch pflegen, aktiv immer wieder einladen zu Events, Testings, Feedbacks. Den Dialog pflegen und nicht einseitig kommunizieren. Geschehnisse beobachten und die Interaktion pflegen.

7. Klarheit über Absender-Rolle erlangen: Als wer sprechen wir? Anhand der Archetypen : Sind wir heroisch unterwegs oder formulieren wir eher fürsorglich? Das lässt einen Post völlig anders erscheinen. Es gilt die seelenlose Drittperson-Tonalität, die man oft von Grosskonzernen kennt, zu vermeiden. Werden Sie persönlich.

8. Bereit sein für Shitstorms (Sind die Eskalations-Stufen, die Massnahmenstufen und die Do’s & Don’ts klar?)

Welches sind die häufigsten Fehler, die Firmen auf den Social Networks machen?

1. Es werden keine Storykategorien festgelegt – insofern bleibt unklar, welche Stories zu suchen sind.

2. Es gibt keine Töpfe, in die die Stories einzahlen – Töpfe können Ziele sein oder zum Beispiel Firmenwerte oder Markenwerte. Wenn man Inhalte publiziert, hilft es, wenn man weiss, worin es einzahlt.

3. Kein Redaktionsplan wurde erstellt, wo klar wird, welche Stories man auf wann geplant hat und welche Storykategorien man bedient und in welche Töpfe diese einzahlen.

4. Weiterer Fehler: Denselben Content in allen Kanälen zu veröffentlichen.

5. Fehlendes Monitoring: Es gilt die Kanäle zu monitoren, damit eine Aussage über den Erfolg möglich wird. Und damit sich Learnings ergeben aus der Interaktion mit den Usern und die Erkenntnisse, welche Stories auf welche Kanälen wie gut funktioniert haben.

6. Nicht bereit für Shitstorms.

7. Unpersönliche Tonalität, die die Menschen nicht anspricht und daher Interaktion nicht stattfindet.

8. Warten, dass die Liker steigen anstatt proaktives Zugehen auf Interessensgruppen, sich vorstellen und über die Bedürfnisse lernen.

Und wie spielen die einzelnen Kanäle zusammen?

Am besten vernetzt. Es gilt zu analysieren: Welcher Kanal bringt am meisten Traffic auf die eigene Seite? Welche Mehrwert-Inhalte biete ich bei mir auf der eigenen Webseite? Denn diese Inhalte bleiben findbar und tragen zu gutem SEO bei. Sie kennen das, wie schnell ein Post ob auf Facebook oder Twitter oder ein Bild auf Instagram weit unten in der Timeline verschwindet und das Momentum verglüht ist. Bleiben Sie findbar für Menschen, die sich in Ihren Themenkreisen bewegen.

Haben meine Kanäle klare Aufgaben? Das Gesamtbild macht sich der User über die verschiedenen Kanäle. Wenn Facebook über Aktionen der Firma erzählt, Instagram die Behind The Scenes, Twitter den Support bietet und Youtube die Talentsuche, dann verstehen die User auch, wo sie was bekommen und Sie ermöglichen einen Gesamteindruck, der sitzt. Redundanzen sind zu verhindern und wahlloses Publizieren vernebelt die Zweckhaftigkeit. Exklusive Stories für Social Channels könnte man als Snack-Content betiteln, also kleine Häppchen als Kontaktpunkt zu den Usern, wobei es das Steak nur auf dem eigenen “Grill” gibt – dem Content Hub. Happy Publishing, liebe Reisebranche!

(TN)