Here & There

Blick auf einen Teil der Altstadt und das Schloss (auf dem Hügel) von Lissabon, mit dem Fluss Tajo im Hintergrund. Alle Bilder: TN

Tested Stippvisite im winterlichen Lissabon

Jean-Claude Raemy

Lust auf Abwechslung? Die portugiesische Trendstadt lässt sich auch in wenigen Tagen gut erleben und lohnt sich wirklich.

Draussen ist es kalt. Und regnerisch oder, je nach Höhenlage, am schneien. Auf Skifahren keinen Bock, dafür auf einen verlängerten Weekend-Trip. Wohin? Klar doch: Nach Lissabon!

Dies vorweg: Man entschwindet nicht gerade in den Hochsommer. In Lissabon schwanken die Temperaturen Mitte Februar zwischen 10 und 16 Grad. Aber die Sonne scheint! Und in knapp über zwei Stunden Flug ist man weit weg von grau und trist, mitten im portugiesischen Leben. Doch was tun innert drei Tagen? Wir haben ein paar Vorschläge und Tipps.

Tag 1

Schon die Landung ist spektakulär: Der A320 von Swiss kehrt über dem Meer und fliegt über die Stadt den zentral gelegenen Flughafen Humberto Delgado an. Während dem Landeanflug sieht man unter anderem die beiden Stadien da Luz (Benfica) und Alvalade (Sporting) ganz schön aus der Luft. Unten angekommen, gibt es keine Passkontrolle. Zeit, um die Uhren zurück zu stellen: In Lissabon ist man eine Stunde hinter Schweizer Zeit zurück - eine Stunde mehr für die Entdeckung der Stadt! Nach Entgegennahme des Gepäcks gehen wir zum Taxistand. Der Taxifahrer ist hilfreich, geschwätzig und hat uns in weniger als 20 Minuten in unser Apartment im Stadtzentrum gebracht. Kostenpunkt 28 Euro - geht ja noch. Erst viel später werden wir aber merken, dass es eigentlich auch günstiger geht.

Das Apartment, im Gebäude Almaria Ex Libris im Stadttteil Chiado, haben wir recht kurzfristig über Booking.com ergattert. Angenehme Überraschung: Es liegt sehr zentral, ist sehr gross (2 Schlafzimmer mit jeweils eigenem Bad, grosses Wohnzimmer mit Küche) und mit allen Notwendigkeiten ausgestattet. Schlüssel gibt es keine, dafür einen Zugangscode. Das Wifi ist schnell, der Service freundlich und Inhaber José mit vielen Tipps hilfreich. Es gibt gewiss günstigere Alternativen, aber wir reisen mit Kindern und finden das Preis-/Leistungsverhältnis wunderbar. Uns wurde mehrfach das in Gehdistanz gelegene Martinhal Chiado empfohlen, welches gewiss ebenfalls toll ist, aber doch ein gutes Stück teurer.

Nach einer kleinen Auffrischung geht's zu Fuss auf Entdeckungstour. Chiado ist einer der sieben Hügel, welche den Stadtkern Lissabons prägen. Läuft man abwärts, hat man fast immer den Fluss Tajo im Blick, an dessen Mündung in den Atlantik Lissabon liegt. Genau genommen blickt man auf ein relativ breites Delta, welches einen idealen Hafen nahe des offenen Meeres bildet - die Grundlage für Lissabons herausragende Stellung als Seefahrernation im 15.-17. Jahrhundert. Vom Apartment bis hinunter zum Tajo ist es nicht besonders weit. Später werden wir auch zu Fuss wieder hoch gehen. Wer weniger fit ist, wird vielleicht auf zu bezahlende Fortbewegungsmittel zurückgreifen. Doch die Distanzen im Stadtkern sind eigentlich überschaubar.

Das erste Abendessen gibt es im Time Out Market Lisboa, eine riesige Markthalle mit unterschiedlichsten Foodständen und Bänken in der Mitte (Bild unten). Haben wir draussen noch kaum Leute gesehen - obwohl gleich gegenüber mit dem Cais do Sodre einer der wichtigsten Verkehrsknotenpunkte der Stadt liegt - so herrscht hier drin viel Aktivität und man hat Mühe, einen Tisch zu ergattern. Das Essen ist gut und für People-Watching eignet sich der Ort hervorragend, es ist aber eher laut und nur bedingt einheimisch. Auf dem Rückweg kann man wunderbar durch die Gassen des Stadtteils Bairro Alto (grenzt an Chiado) mäandern, wo es zahllose Bars und Shops gibt, mit Live-Musik und günstigen Drinks. All zu spät soll es aber noch nicht gleich werden.

Tag 2

Dank der kleinen Zeitverschiebung sind wir schon früh wach, geniessen ein kurzes Frühstück im Apartment (das Nötige holt man sich aus dem Laden unten an der Strasse) und ziehen bald los. Unser Ziel: Die Sehenswürdigkeiten im noblen Stadtteil Belém.

Wieder geht es zu Fuss hinunter zum Cais do Sodré, wo wir die Wahl haben zwischen Metro oder Strassenbahn. Wir kaufen Tageskarten (Kostenpunkt für fünf Personen: 35 Euro) und ergattern einen Platz im Tram 15. Es gibt inzwischen moderne Varianten doch wir sind in einer der berühmten alten Strassenbahnen. Die sind pittoresk und rattern schön, bieten aber auch wenig Platz, und so sehen wir entlang den sechs Stationen nicht viel, denn bereits Mitte Februar hat es ziemlich viele Touristen in Lissabon.

Bei der Station Belém angekommen, wollen wir zuerst in der berühmten Konditorei «Pasteis de Belém» ein Törtchen mit Rahmpudding probieren. Das wollen aber auch viele andere Reisende. Für ein Törtchen stehen wir keine halbe Stunde an, zumal man im Stadtzentrum ähnliche Törtchen (und erst noch günstiger) erhält.

Also geht’s durch die Parkanlage Vasco da Gama mit ihren Spielplätzen zu einer der berühmtesten Sehenswürdigkeiten Lissabons, dem « Padrão dos Descobrimentos» (Bild unten). Das 1960 errichtete, 54 Meter hohe Denkmal ist den Helden der portugiesischen Seefahrt gewidmet. Zu sehen sind etwa Heinrich der Seefahrer, Basco da Gama, Ferdinand Magellan oder Pedro Cabral. Man kann auch ins Monument hinein und von oben auf die Mündung des Tajo und den Stadtteil Belém sehen. Die meisten aber schiessen hier Fotos vom Monument mit der grossen Brücke des 25. April im Hintergrund.

Ein kurzes Spaziergang entlang dem Wasser führt zu einer weiteren Sehenswürdigkeit, dem «Torre de Belém» (Bild unten). Der frühere Leuchtturm, erbaut im 16. Jahrhundert, hat das grosse Lissaboner Erdbeben von 1755 überstanden und ist somit eines der letzten erhalten Bauwerke im manuelinischen Baustil, und heute ein Unesco-Weltkulturerbe. Auch hier kann man ins Innere und von der 35 Meter hohen Aussichtsplattform in Richtung offenes Meer am Ende der Tajo-Mündung blicken und davon träumen, wie hier einst Karavellen auf Weltreise gingen und mit fremden Gewürzen und Tieren zurückkehrten…

Auf dem Rückweg zur Tramstation empfiehlt sich noch ein Stopp im «Mosteiro dos Jeronimos», einem Kloster, welches ebenfalls zum Unesco-Weltkulturerbe zählt. Dieses besticht durch einen schönen Kreuzgang und Innenhof, aber auch durch diverse portugiesische Königsgräber.

Für die Rückkehr in die Stadt haben wir keine Lust mehr auf die Strassenbahn. Wir entdecken ein paar Tuk-Tuks, deren Fahrer zu gerne Taxidienste leisten. Unser Fahrer, Nuno von der Firma Tuk Tuk Sardinha do Bairro, überzeugt uns gleich zu einer zweistündigen Rundfahrt durch das Stadtzentrum. Er bringt uns zu weniger bekannten Aussichtspunkten (die meisten Lissabon-Besucher geniessen die Aussicht ab der Burg, dem «Castelo do Sao Jorge», deren Besuch aber kostenpflichtig ist), zur Kathedrale von Sà, zum Prachtsplatz «Praça de Comercio» (Bild unten), fährt über die Prachtstrasse «Avenida da Libertade» und durch die verwinkelten Gassen des Bairro Alto und des Chiado. Stets mit vielen Erklärungen und Anekdoten. Wir sehen auch den berühmten «Elevador de Santa Justa», allerdings ohne für die Fahrt anzustehen und zu bezahlen – es gibt nämlich eine Aussichtsplattform gleich am oberen Ende des Lifts, wo uns Nuno hinfährt. Zwar kostet die Tuk-Tuk-Tour satte 80 Euro, aber sie ist persönlich und man sieht in kurzer Zeit viel, was uns sinnvoller erscheint als Touren in den Sightseeing-Bussen.

Nachdem uns Nuno bei der Wohnung ablädt, bleibt nach einer kurzen Auffrischung nach diesem sonnigen Tag noch genügend Zeit zum Shoppen. Das Einkaufszentrum «Armazens do Chiado» liegt in Gehdistanz von der Wohnung, und in der Nähe gibt es auch diverse Restaurants, Imbiss- und Glacébuden sowie Bars.

Tag 3

Nachdem die Kids das ganze Sightseeingprogramm brav mitgemacht haben, dürfen sie heute bestimmen. Die Wahl ist schnell getroffen: Es geht in den Lissaboner Zoo, der mit vielen Tieren aufwartet und auch einer, aus heutiger Sicht vielleicht fragwürdigen, Delfinshow. Lustig am ganzen ist, dass in Lissabon gleichzeitig Karneval ist – und die Kinder mitsamt Eltern im Zoo verkleidet und geschminkt sind. Man weiss gar nicht, ob man lieber die Tiere oder die Menschen anschauen will.

Die Taxifahrt zum Zoo, der etwas peripher zum Stadtzentrum liegt, hat gerade mal sechs Euro gekostet. Doch für den Besuch des Oceanario, der zweiten grossen Tierattraktion der Stadt, nehmen wir wieder die Metro. Diese ist sauber und effizient – kostet aber eigentlich mehr als eine Taxifahrt. Unsere Empfehlung: Es hat überall Taxis und diese sind günstig und, wenn nicht gerade Stosszeit ist, genau so schnell wie die Metro.

Das Oceanario ist das grösste Indoor-Aquarium Europas und liegt im Park der Nationen direkt am Tajo. Das Gebäude steht in einem Wasserbecken und ist rund um das grosse zentrale Hauptaquarium angeordnet. Haie, Thunfische und der heimliche Star, ein Mondfisch, sind hier zu sehen. Für die Kids top, nur eigentlich nicht typisch für Portugal oder Lissabon. Aber Hauptsache alles haben mal Spass.

Gegen Abend reicht es noch für einen Spaziergang durch die Alfama. Mit dem Tuk Tuk oder anderen Gefährten können die verwinkelten Gassen dieses Altstadtquartiers nämlich nicht besucht werden. Fado-Lokale (Bild unten) und versteckte Bars gibt es hier, man verliert sich schnell, doch abwärts geht es ja immer zum Tajo. Über die prachtvolle «Praça do Comercio» geht es zurück ins Zentrum. Leider ist die belebte Rua Augusta eine ziemliche Touristenfalle geworden, voller Künstler und Musikanten und Touristen und mittelmässigen Restaurants, und mehrmals werden uns Drogen angeboten. Wir gehen wieder hoch ins Viertel Chiado, wo wir mit dem «Solido» ein hübsches kleines und nicht überlaufenes Restaurant finden, wo wir hervorragende Tapas mit Sardinen, Fleisch, Gemüse und vor allem mit einer Live-Darbietung von Fado geniessen. Zwei Gitarristen und ein Sänger spielen 2-3 Lieder, während denen man still zu sein hat, um dem gesungenen Wehklagen respektvoll zu lauschen. Auch das Licht wird gedimmt und der Restaurant-Betrieb geht erst wieder los, wenn der Fado zu Ende ist und sich die Musiker eine längere Pause gönnen. Eindrücklich.

Was wir nicht gesehen haben, aber empfehlenswert ist

In kurzer Zeit reicht es für mehrere Sachen nicht. Im Sommer wäre bestimmt ein Ausflug zu nahe gelegenen Stränden empfehlenswert; innert 20 Minuten hat man solche ab dem Stadtzentrum erreicht. Auf Halb- oder Ganztagestouren kann man überdies zum Dorf Sintra, wo früher die Sommerresidenzen der Nobilität waren. Hier kann man herrliche Ausblicke geniessen. Wer wirklich genug Zeit hat, kann beispielsweise ab Lissabon auch Tagestouren zum Wallfahrtsort Fatima unternehmen oder nach Nazaré fahren, jenem Küstenort, der die höchsten Wellen der Welt produziert und wo jüngst ein Surfer den Ritt über eine 35 Meter hohe Welle geschafft  hat.

Für uns ist aber vorerst Schluss: Nach einem letzten Frühstück und dem unkomplizierten Auschecken und einer letzten kleinen Shopping-Tour mit Kaffee durch das Bairro Alto geht es per Taxi zurück an den Flughafen. Kostenpunkt dieses Mal: 13 Euro. Halb so viel wie auf dem Hinweg. Wurden wir am ersten Tag über den Tisch gezogen? Möglich. Aber es ändert nichts an unserer Feststellung, dass das Taxi das günstigste und praktischste Fortbewegungsmittel in Lissabon ist.