Trips & Travellers
10 unterschätzte Reiseziele, die jetzt entdeckt werden wollen
Während die Welt über Overtourism klagt und Hotspots wie Venedig oder Bali längst unter dem enormen Besucheransturm leiden, richtet Intrepid Travel den Blick bewusst auf das Gegenteil: auf Regionen, die kaum jemand kennt – und doch alles bieten, was Reisen ausmacht.
Gemeinsam mit dem Trendforschungsinstitut Globetrender hat der Reiseveranstalter die «Not Hot List 2026» veröffentlicht – ein Gegenentwurf zu den üblichen «Hot Lists», die oft nur den Massentourismus weiter anheizen.
Ziel der Liste ist es, Aufmerksamkeit auf Reiseziele zu lenken, die vom Tourismus profitieren könnten, ohne überfordert zu werden. Statt «mehr» geht es um «besseren» Tourismus. Um Orte, an denen nachhaltige Konzepte, lokale Gemeinschaften und authentische Begegnungen im Mittelpunkt stehen.
1. Tiwai Island, Sierra Leone
Sierra Leone gilt noch als unbeschriebenes Blatt auf der touristischen Landkarte. Das soll sich ändern. Mit einer neuen zehnjährigen Tourismusstrategie und Unterstützung der Weltbank positioniert sich das westafrikanische Land als Vorreiter für nachhaltiges Reisen. Herzstück ist Tiwai Island, Teil des Gola-Forest-Nationalparks und seit 2025 Unesco-Welterbe. Die Insel ist ein Refugium für seltene Tierarten, umgeben von Regenwald und Dörfern, die sämtliche Tourismuseinnahmen in Gemeinschaftsprojekte investieren.
2. Tien-Shan-Gebirge, Kirgistan
Über 90 Prozent Kirgistans sind Gebirge. Mit dem Kyrgyz Nomad Trail, einem 2000 Kilometer langen Wegenetz, das 2025 um weitere 1000 Kilometer erweitert wurde, entsteht hier ein Paradies für Entdecker. Wanderer schlafen in Jurten, essen mit Nomadenfamilien und erleben eine Kultur, die seit Jahrhunderten fast unverändert besteht. Dank eines neuen nationalen Programms für nachhaltigen Tourismus werden Infrastruktur und digitale Reiseangebote verbessert. Ziel ist, den Tourismusertrag bis 2030 deutlich zu steigern.
3. Sierra Norte, Mexiko
In den Bergen von Oaxaca zeigen indigene Zapotec-Gemeinschaften, wie nachhaltiger Tourismus aussehen kann. Acht Dörfer betreiben gemeinsam das Projekt Pueblos Mancomunados, das Einnahmen teilt, Besucherzahlen limitiert und den Wald schützt. Gäste wandern auf 100 Kilometern Pfaden, schlafen in einfachen Holzhütten und nehmen an traditionellen Ritualen teil – etwa in einem Temazcal-Dampfbad oder bei der Herstellung des Kult-Getränks Pulque. Neue Strassen und ein modernisierter Flughafen machen die Region zugänglicher, ohne ihre Ursprünglichkeit zu gefährden.
4. Insel Vis, Kroatien
Während Dubrovnik und Hvar längst überlaufen sind, gilt Vis als das ruhige Gegenstück – ein Ort, der den dalmatinischen «Pomalo»-Lebensstil («Nimm’s gemütlich») verkörpert. Jahrzehntelang war die Insel militärisches Sperrgebiet, heute lockt sie mit authentischer Küche, Weinbergen und kleinen Gästehäusern statt Luxushotels. 2026 eröffnen neue Wander- und Velowege sowie das Museum von Issa, der ältesten Siedlung Dalmatiens.
5. Südostanatolien, Türkei
Abseits von Istanbul und Kappadokien erlebt die Region Südostanatolien ein touristisches Comeback. Städte wie Şanlıurfa und Gaziantep investieren massiv in Kulturerhalt, neue Museen und nachhaltige Infrastruktur. Gaziantep ist Unesco-Stadt der Gastronomie: Wer hier Baklava kostet, schmeckt Geschichte. In der Nähe liegt Göbekli Tepe, eine der ältesten Tempelstätten der Welt. Neue Direktflüge und ein Hochgeschwindigkeitszug sollen die Region besser anbinden.
6. Arunachal Pradesh, Indien
Ganz im Nordosten Indiens, wo die Sonne zuerst aufgeht, öffnet sich das Himalaya-Bundesland Arunachal Pradesh vorsichtig dem Tourismus. Die Region mit über 100 indigenen Völkern setzt auf Community-basierte Reisen: Übernachtungen in Homestays, lokale Festivals, nachhaltige Abenteuer. Neu ist das fünftägige Sunrise Festival im Dorf Dong, das 2026 Premiere feiert. Auch für Adrenalin ist gesorgt: Rafting auf dem Siang-Fluss, Mountainbiken im Dirang-Tal oder ein Sprung im neuen Fong Fong Ma Adventure Park.
7. Via Transilvanica, Rumänien
Rumänien ist seit 2025 Teil des Schengenraums – und will nun mit der Via Transilvanica Reisende auf leisen Sohlen gewinnen. Der 1400 Kilometer lange Weitwanderweg, auch «Camino des Ostens» genannt, verbindet abgelegene Dörfer, Klöster und Unesco-Stätten. 2026 kommen 170 Kilometer neuer Wege hinzu. Ziel ist es, das Landleben wiederzubeleben und lokale Wirtschaften zu stärken. Übernachtungen in Bauernhäusern und gemeinsame Mahlzeiten mit Einheimischen machen die Tour zu einer schönen Begegnungsreise.
8. Ruta de las Flores, El Salvador
Nach Jahren negativer Schlagzeilen erlebt El Salvador ein touristisches Comeback – und die Ruta de las Flores ist das Herzstück. Die 36 Kilometer lange Strecke führt durch fünf charmante Bergdörfer, berühmt für Kaffeeplantagen, Märkte und Street-Art. Während der Küstentourismus rund um Surf City boomt, bleibt die Hochlandroute noch ruhig und authentisch. Eine Reise für alle, die Zentralamerika jenseits der Klischees erleben wollen.
9. Oulu, Finnland
Kaum bekannt ausserhalb Skandinaviens, wird Oulu 2026 zur Europäischen Kulturhauptstadt – und rückt damit ins Rampenlicht. Die Küstenstadt unter dem Polarkreis feiert das ganze Jahr über mit Festivals, Kunstprojekten und dem Arctic Food Lab. Auch die Sámi, Europas einziges indigenes Volk, bringen ihre Kultur in Workshops und Klanginstallationen ein. Neue Direktflüge aus Mitteleuropa erleichtern die Anreise. Oulu zeigt, dass nordische Kreativität und Nachhaltigkeit keine Gegensätze sind.
10. Great Basin Nationalpark, USA
Im Schatten der grossen Namen wie Yosemite oder Yellowstone liegt der Great Basin National Park in Nevada – wild, still und sternenklar. Nur 150’000 Besucherinnen und Besucher kamen 2024 hierher. 2026 wird die Region mit einer erneuerten Beleuchtung der Lehman Caves und neuen Campingplätzen aufgewertet. Der Park ist ein Paradies für Sternengucker und Naturliebhaber – mit uralten Bristlecone-Kiefern und dem einzigen Gletscher Nevadas. Doch er steht auch symbolisch für den Wert gefährdeter Schutzgebiete: Wer ihn besucht, unterstützt die Zukunft des amerikanischen Naturerbes.