Trips & Travellers

Wer übernimmt? Sonja Müller Lang führt durch ihr Reisebüro Women Travel im Volkharthaus Winterthur. Bild: TN

Women Travel sucht Nachfolge – bisher ohne Erfolg

Gregor Waser

Seit einem Jahr sucht Sonja Müller Lang, Gründerin von Women Travel, eine Nachfolgerin für ihr etabliertes Spezialreisebüro – bislang vergeblich. Warum der Stabwechsel noch nicht geglückt ist, erzählt sie beim Besuch von Travelnews.

Die Reisebranche kämpft mit Nachfolgeproblemen. Etliche Reisebüro-Inhaberinnen und -Inhaber arbeiten über das Pensionsalter hinaus; sei es, weil sie keine Nachfolge aufgebaut haben, keine Nachfolge finden, keine Einigung über den Kaufpreis erzielt wurde oder sie sich noch überaus fit und motiviert fühlen.

Sonja Müller Lang, Gründerin von Women Travel in Winterthur, gehört zu jenen, die ihr Lebenswerk gerne weitergeben möchten. Seit 1990 bietet sie individuelle und geführte Reisen für Frauen an – mit Zielen von Island bis Malaysia. Zwar ist sie seit zwei Jahren offiziell pensioniert, arbeitet aber weiter mit vollem Einsatz. Der Verkauf ihres Unternehmens blieb bislang erfolglos.

Schweizer Reisebranche braucht Nachwuchs

Dabei hat Online-Reise-Pionier und Business Angel Roland Zeller erst neulich im «Travel News Talk» gesagt: «Die Schweizer Reisebranche braucht Nachwuchs, der den Schritt in die Selbstständigkeit wagt». Die Erfolgsaussichten dafür seien aus seiner Sicht vielversprechend. «Früher hiess es, für ein Reisebüro braucht es ein Telefon und einen Katalog – heute reicht ein Laptop, und man kann praktisch schon loslegen.»

Dass es bei Women Travel mit der Nachfolge noch nicht geklappt hat, ist verwunderlich. Sonja Müller Lang hat eine lukrative Nische gefunden, verfügt über 8000 gute Kundinnen-Adressen und würde den gut funktionierenden Betrieb an bester Lage im Winterthurer Volkarthaus schlüsselfertig übergeben.

Arbeitsintensität unterschätzt

«Gespräche habe ich viele geführt, sicherlich ein Dutzend», blickt Müller Lang auf die letzten Monate zurück. Ihr Fazit: «An Begeisterung hat es den Interessentinnen nicht gefehlt. Viele haben gesagt, so etwas habe ich schon immer gesucht.» Auch ein Mann wäre als neuer Inhaber denkbar, doch für ihr spezialisiertes Reisebüro wäre eine Frau zumindest als Geschäftsführerin passender.

Doch zu einem Abschluss kam es bisher dann doch nicht. «Einige der Interessentinnen haben sich nicht vorstellen können, wie arbeitsintensiv ein eigener Betrieb und die Geschäftsführung ist. Dabei wäre auch ein Job-Sharing denkbar in einem 50- oder 60-Prozent-Pensum.»

Ein zweiter Absagegrund war das Geld. «Die meisten Interessentinnen schienen nicht bereit, Geld und ein gewisses Risiko in die Hand zu nehmen. Dabei ist meine Firma etabliert und hat einen grossen Kundinnen-Stamm.» Den genauen Kaufpreis verrät die Reisebüro-Inhaberin Travelnews zwar nicht, widerspricht unserer Schätzung von einem tiefen, sechsstelligen Franken-Preis aber nicht. Zudem kämen noch 50’000 Franken hinzu für den Garantiefonds, die es zu hinterlegen gilt.

Reisebüro mit guter Zukunft

Gut möglich, dass der Verkauf von Women Travel bisher am Geld gescheitert ist. Doch Sonja Müller Lang ortet auch andere Gründe: «Mir scheint, der jüngeren Generation fehlt es an Mut zur Selbständigkeit und der Bereitschaft, die Ärmel hochzukrempeln.»

Dabei findet sie, dass gerade ihr Reisebüro eine überaus gute Zukunft haben dürfte. «Wir sprechen eine klar definierte Community an, die sich heutzutage besonders gut über Social Media erreichen lässt.» Und es gebe immer mehr Frauenanlässe wie Laufveranstaltungen oder kulturelle Events, aus denen sich neue Kundinnen gewinnen liessen.

Am liebsten würde sich Sonja Müller Lang inzwischen anderen Projekten widmen – sei es in der Ausbildung, im Coaching oder als Reiseleiterin. Doch solange sich keine Nachfolgerin findet, macht sie weiter. Nur bei Reiseanfragen für 2027 winkt sie ab: «Dann sage ich ehrlich, dass ich plane, aufzuhören.»