Trips & Travellers

Helena Bigler: «Bei der Barrierefreiheit hinken wir dem Rest Europas weit hinterher»
Wenn Helena Bigler vom Reisen erzählt, dann mit leuchtenden Augen – und mit klarem Blick auf die Realität. Seit über 20 Jahren leitet sie Procap Reisen in Olten, das dieses Jahr sein 30-jähriges Jubiläum feiert.
Über 1000 Menschen mit Behinderung bringt sie jedes Jahr gemeinsam mit ihrem Team in die Ferien – und stösst dabei immer wieder an Grenzen, die viele nicht einmal wahrnehmen. Im aktuellen «Travel News Talk» spricht sie über Hindernisse, Fortschritte und ihren unermüdlichen Einsatz für echte Inklusion.
«Manchmal würden wir uns wünschen, wir könnten für unsere Kundinnen und Kunden einfach ein komplettes Pauschalarrangement buchen – so, wie es in jedem herkömmlichen Reisebüro möglich ist», sagt Helena Bigler. «Aber das ist bei uns natürlich nicht drin.»
«Die Herausforderungen für Menschen mit Behinderung auf Reisen sind zahlreich – und oft überraschend», sagt Helena Bigler. «Es sind nicht immer die offensichtlichen Barrieren, die den grössten Aufwand bedeuten.» Der Transfer vom Flughafen ins Hotel zum Beispiel klinge banal, bringe aber meist einen riesigen Organisationsaufwand mit sich – vor allem, weil es laut Bigler an Bereitschaft fehlt, passende Lösungen anzubieten. «Das ist schlichtweg diskriminierend.»
Barrierefreiheit hat ihren Preis
Wenn es um barrierefreies Reisen geht, macht die Schweiz keine besonders gute Figur – im Gegenteil. «Bei der Barrierefreiheit hinkt die Schweiz dem Rest Europas weit hinterher», bringt es Helena Bigler auf den Punkt. Während hierzulande oft noch improvisiert werden muss, zeigen Länder wie Spanien, Griechenland oder die nordischen Staaten, wie echte Inklusion im Tourismus aussieht.
Finanziell ist das Reisen für Menschen mit Behinderung oft eine Herkulesaufgabe. «Für Reisen innerhalb der Schweiz erhalten wir Subventionen des Bundes», erklärt Helena Bigler. «Das bedeutet: Unsere Kundinnen und Kunden zahlen denselben Preis wie Menschen ohne Behinderung – der ganze Zusatzaufwand wird durch diese Beiträge sowie Spenden gedeckt.»
Anders sieht es bei Auslandreisen aus. «Dort gibt es keine Subventionen. Alles muss selbst bezahlt werden – von unseren Gästen», so Bigler. Und weil die freiwilligen Betreuungspersonen ihre Reise in der Regel nicht aus der eigenen Tasche finanzieren, kommt schnell der doppelte Preis zusammen.
Dazu gesellen sich höhere Kosten für barrierefreie Hotelzimmer – oft nur in teuren Kategorien verfügbar – und aufwändige Spezialtransfers. «Da kann man sich vorstellen, wie schnell die Ferien für Menschen mit Behinderung zu einem Luxusgut werden», sagt die Reisebüro-Chefin.
Im «Travel News Talk» gibt Bigler auch ganz persönliche Einblicke: Sie erzählt, was sie seit Jahrzehnten antreibt, sich mit Herzblut für Menschen mit Behinderung starkzumachen. Zudem blickt sie auf die grossen Meilensteine von Procap Reisen in den letzten 30 Jahren und erklärt, weshalb Schiffsreisen für ihre Gäste enormes Potenzial bieten würden, aber noch weit hinter den Möglichkeiten zurückbleiben.