Trips & Travellers

Überwältigende Tempel, vom Dschungel verschluckt
Patrick HuberDie thailändischen Topinseln in der Nähe von Kambodscha sind an schönen Stränden kaum zu überbieten. Koh Mak und Koh Kood sind im Winterhalbjahr aber dauerbelegt. An einzelnen Tagen im Januar und Februar gibt’s kein freies Bett mehr, die Inselbewohner kämpfen während der halbjährigen Touristensaison nebst dem Abfallproblem auch mit Wassermangel, zumal der Regen immer später einsetzt. Einzelne Resorts müssen deshalb Wasser hinzukaufen.
Viel entspannter geht‘s im nur eine Bootsstunde entfernt liegenden Kambodscha zu. Ein Land, das 17 Millionen Einwohner zählt und touristisch weit weniger erschlossen ist.
Ins sagenumwobene Khmerreich Angkor
Der Start am Grenzposten nach einer dreistündigen Busreise von der thailändischen Stadt Trat aus ist etwas gewöhnungsbedürftig. Vor den Zollschaltern herrscht ein Durcheinander. Wer sein Visum für Kambodscha schon in Thailand für 30 Franken gekauft hat, muss trotzdem noch ein weiteres Einfuhrdokument ausfüllen, was vor den Schaltern zu einem Stau führt, weil dort auch die anstehen, die noch keine Visa haben.
Halb so wild. Die Zollbeamten sind geduldig. Die alt 68er würden sich über das Werbeplakat nach dem Grenzübertritt freuen. Dort steht übergross: «Young people have to stay away from drugs». Was aber kein Freipass für ältere Kiffer ist. Kambodscha kennt keinen so liberalen Umgang mit Marihuana wie das Nachbarland Thailand, wo der süssliche Duft mittlerweile überall zum Alltag gehört.
Über eine einfache Überlandstrasse geht’s von der Grenze im klimatisierten Bus in fünf weiteren Stunden nach Siem Reap, dem Tor zum sagenumwobenen Khmerreich Angkor. Der Chauffeur muss Nerven aus Stahl haben, navigiert er doch zwischen Luxuskarrossen, Tuktuks und Traktor-ähnlichen Gefährten, auf deren hoffnungslos überladenen Anhängern sich abenteuerlich zusammengeschnürte Waren türmen – man rechnet jederzeit mit einem Achsenbruch.
Wegen der oft engen Strassenverhältnisse dauert die Fahrt nach Siem Reap ziemlich lange. Die Stadt selber entpuppt sich als so wuselig wie weltoffen, mit traditionellen Garküchen, Märkten aber auch vielen schicken Restaurants und Bars. Die Pub-Street mit ihren dröhnenden Musikboxen kann man aber ruhig aussen vor lassen. Es gibt angenehmere Unterhaltungslokale in der Nähe.
Die meisten Touristen bleiben ohnehin oft nur eine oder zwei Nächte in dem 250‘000 Einwohner zählenden Siem Reap. Der Ort ist der Ausgangspunkt zu den vielen Tempeln in der Umgebung. Am besten man rechnet dafür mindestens einen ganzen Tag ein, bucht einen Tuktuk-Fahrer für 20 US-Dollar. Die amerikanische Währung ist in Kambodscha das Mass aller Dinge. Alles, was teurer als eine Nudelsuppe ist, wird in Dollar bezahlt, sogar die Geldautomaten spucken Dollarscheine aus. Nur das Wechselgeld bekommt man in der einheimischen Währung Riel ausgehändigt.
Angkor, ein Mysterium
Wer Angkor zum ersten Mal sieht, ist überwältigt von der Grösse der Tempelanlagen. Die Khmer-Könige herrschten in den Jahren 802 bis 1432. Mit über einer Million Einwohner war Angkor die grösste Stadt der Welt. Nach dem Untergang der «Gottkönige» verschluckte der Dschungel die Bauwerke, die zu den grossartigsten Bauwerken Asiens zählen und nicht umsonst Unesco-Weltkulturerbe sind.
Die Anlagen der Ruinenstadt sind über eine Fläche von der Grösse Berlins verstreut, liegen ein paar Fahrminuten auseinander. Das ist ganz gut so, weil sich dadurch die Touristenmassen besser verteilen. Trotz Tuktuk-Transport legt man dann innerhalb der Tempel aber noch locker zehn Kilometer zu Fuss zurück, will man nur schon die wichtigsten Tempelanlagen erkunden, etwa Angkor Thom mit den riesigen steinernen Gesichtern des buddhistischen Heiligtums Bayon oder das verwunschene Ta-Prohm, das durch die Actionszenen von Angelina Jolie als Lara Croft im Film «Tomb Raider» berühmt geworden ist. Oder wie das majestätische Angkor Wat aus Anfang des 12. Jahrhunderts, das den Mittelpunkt des Universums symbolisiert. Der Wohnsitz der Götter befindet sich in luftigen 42 Metern Höhe, die steilen Treppen gehen ganz schön in die Waden, aber der Panorama-Rundblick von oben ist atemberaubend.
Viele Reisende werden Angkor wohl nur einmal im Leben sehen. Der Eindruck der mysteriösen Tempel aber bleibt ein Leben lang haften.