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Die grösste Todsünde? Fragen wie «Kennen Sie unser Produkt?»!
Reto SuterEs ist wieder so weit: Morgen Donnerstag öffnet die Ferienmesse Bern auf dem Bernexpo-Areal ihre Türen und markiert den Auftakt zur kurzen, aber intensiven Saison der grossen Schweizer Ferienmessen. Bis Sonntag präsentieren sich hier zahlreiche Aussteller, die die Reiselust der Besucherinnen und Besucher wecken wollen.
Vom 30. Januar bis zum 2. Februar ist dann die Fespo dran. Sie verwandelt die Messe Zürich vier Tage lang ins grösste Reisebüro der Schweiz – mit über 500 Ausstellern aus aller Welt.
Doch es herrscht nicht nur eitel Sonnenschein in der Landschaft der Schweizer Ferienmessen.. Immer mehr Aussteller setzen auf geteilte Stände, um Kosten zu sparen, und die Anmeldungen trudeln oft erst in letzter Minute ein. Auch die rückläufigen Besucherzahlen der letzten Jahre fordern die Organisatoren heraus.
Wie können Ferienmessen in Zukunft noch attraktiver gestaltet werden, um wieder mehr Gäste anzuziehen? Und welche Faktoren sind entscheidend, damit ein Messeauftritt für die Aussteller erfolgreich verläuft? Travelnews hat mit Peter Plan gesprochen, einem der profiliertesten Messe-Experten der Schweiz. Er findet klare Worte.
Herr Plan, wie bewerten Sie die Innovationskraft der Ferienmesse Bern und der Fespo im Jahr 2025?
Peter Plan: Die Organisatoren beider Messen leisten hervorragende Arbeit und setzen alles daran, die Veranstaltungen bestmöglich zu gestalten – innerhalb dessen, was in ihrem Einflussbereich liegt. Der Innovationsbedarf liegt weniger bei den Messen, sondern bei vielen Ausstellern. Seit 30 Jahren beobachte ich die Schweizer Ferienmessen und erkenne dabei eine deutliche Kluft: Auf der einen Seite stehen Aussteller, die ihren Messeauftritt sorgfältig planen, kreativ umsetzen und dafür auch investieren. Auf der anderen Seite gibt es jene, die glauben, dass allein die Teilnahme genügt und vor Ort alles von selbst läuft. Ohne ein durchdachtes Konzept bleibt jedoch der gewünschte Erfolg meist aus.
Wie wichtig sind Ferienmessen für den persönlichen Kontakt mit der Kundschaft?
(Lacht) Sie fragen natürlich einen echten Messefan – da liegt die Antwort auf der Hand. Wenn es um persönlichen Kontakt in der Kommunikation geht, gibt es kein besseres Instrument als eine Messe. Sie bietet weit mehr als das direkte Anschreiben oder einen Anruf, weil sie den Austausch auf einer anderen Ebene ermöglicht.
«Das ist ein Potenzial, das nicht unterschätzt werden darf»
Warum sind Messen so effektiv?
Ein Messebesuch signalisiert, dass sich Konsumentinnen und Konsumenten bewusst mit dem Thema Reisen auseinandersetzen und neue Inspiration suchen – sonst wären sie zu Hause geblieben. Das ist ein Potenzial, das nicht unterschätzt werden darf. Messen dienen nicht nur dazu, neue Kundinnen und Kunden zu gewinnen, sondern auch, bestehende Beziehungen zu pflegen. Darüber hinaus sind sie ein wertvolles Instrument für Marktforschung und Trendanalysen.
Wie profitieren Aussteller voneinander?
Messen bieten nicht nur Kontakt zu den Gästen, sondern auch den Ausstellern selbst die Chance, voneinander zu lernen und sich gegenseitig zu inspirieren. Oftmals entstehen neue Kooperationen, Allianzen oder Produkte, die ohne die Teilnahme an der Messe nicht möglich gewesen wären.

Was sagen Sie zu Unternehmen, die sich zurückziehen, wie etwa TUI Suisse?
Ohne die Details einer Geschäftsstrategie zu kennen, ist es schwierig, solche Entscheide zu bewerten. Das steht mir auch nicht zu. Unternehmen müssen sorgfältig abwägen, wo sie ihre personellen und finanziellen Ressourcen einsetzen. Nicht jedes Angebot oder Produkt ist für eine Messe prädestiniert.
Gibt es andere Gründe für das Fernbleiben?
Ein wachsendes Problem ist die Personalknappheit. Viele Unternehmen haben nicht genügend oder nicht die richtigen Mitarbeitenden, um einen erfolgreichen Messeauftritt zu gewährleisten. Dieses Problem hat sich seit der Corona-Pandemie deutlich verschärft.
«Ein Messestand ist weit mehr als nur eine Präsentationsfläche»
Was macht einen Messeauftritt erfolgreich?
Ein Messeauftritt sollte nahtlos in die übrigen Kommunikations-Massnahmen eingebunden sein. Es ist ein absolutes No-Go, wenn Unternehmen im Vorfeld Werbung machen, ohne auf ihre Präsenz an der Messe hinzuweisen. Idealerweise verdoppelt ein Aussteller sein Budget – die eine Hälfte für den Stand und die andere für Werbung, die Besucherinnen und Besucher gezielt zur Messe bringt. Das steigert sowohl Qualität als auch Quantität der Kontakte.
Wie wichtig ist die Gestaltung des Messestands?
Ein Messestand ist weit mehr als nur eine Präsentationsfläche – er ist die Bühne, auf der Sympathien gewonnen werden. Das Wichtigste: Gehen Sie aktiv auf die Besucherinnen und Besucher zu und strahlen Sie Offenheit aus. Lächeln, ein freundlicher Blick und ein lockeres Gespräch sind effektiver als jedes Give-Away. Die grösste Todsünde? Fragen wie «Kennen Sie unser Produkt?»! Sie schrecken eher ab, als dass sie ins Gespräch führen. Viel besser: Mit offenen Fragen wie «Wo haben Sie Ihre letzten Ferien verbracht?» das Eis brechen und die Unterhaltung charmant aufs eigene Angebot lenken.
Warum scheitern neue Messen in der Schweiz?
Viele Unternehmen sind nicht bereit, ein Risiko einzugehen. Wenn die Devise lautet: «Gute Idee, fangt schon mal ohne uns an, wir sind dann beim zweiten Mal dabei, wenn’s funktioniert», braucht es enorm viel Geld, Zeit und Kraft. Diese Zurückhaltung ist in der Schweiz besonders ausgeprägt. In Deutschland hingegen sind Unternehmen eher bereit, auch ohne Erfolgsgarantie ein Engagement einzugehen.
Werden Sie selbst jemals wieder eine Ferienmesse organisieren?
Stand jetzt eher nicht. Ich habe aus meinen Erfahrungen in St. Gallen und Basel gelernt. Aber: Sag niemals nie. Sollte eine Allianz mit einem vielversprechenden Konzept auf mich zukommen, könnte ich es mir durchaus vorstellen, noch einmal einen Anlauf zu wagen.