Trips & Travellers

Stephan Roemer: «Nach dem Tsunami waren wir fünf Tage und Nächte im Büro»
Gregor WaserEin Seebeben der Stärke 9,3 löste vor 20 Jahren, am 26. Dezember 2004, einen gewaltigen Tsunami aus, der über 225'000 Menschen in 13 asiatischen Ländern das Leben kostete. Unter den Opfern waren auch viele internationale Touristen, die ihre Weihnachtstage am Strand verbrachten. Auch 113 Schweizerinnen und Schweizer kamen bei der Katastrophe ums Leben.
Im neuen «Travel News Talk» erzählen sechs Schweizer Touristikerinnen und Touristiker, die damals als Reiseveranstalter, Hotelier oder Reiseleiter von den Geschehnissen betroffen waren, wie sie die Katastrophe und die Tage danach erlebt haben und was sie am meisten erschütterte.
Thailand im Fokus
«Bei uns hat es ein Erdbeben gegeben und es sieht furchtbar aus», waren die ersten Worte, die Stephan Roemer von der Tourasia-Reiseleiterin am Telefon zu hören bekam, als ihn anhaltende Klingeltöne in den Skiferien im Kanton Graubünden aus dem Schlaf rissen. Der Tourasia-Chef raste sogleich nach Wallisellen, wo sein Team bereits morgens um fünf Uhr vollzählig da war – «wir waren dann fünf Tage, 24 Stunden nonstop im Büro». (Stephan Roemer spricht ab Minute 02'11'' und ab 28'30'').
Schon seit 26 Jahren leitet Gere Gretz das Thailändische Fremdenverkehrbüro in der Schweiz und war schon 2004 die Anlaufstelle für Thailand-Reisende – und vor allem Angehörige in jenen Tagen. Er spricht vom prägendsten Erlebnis und dass er – wie auch viele andere – vom Begriff «Tsunami» bis dahin noch nie etwas gehört hatte. Und er erinnert sich, wie praktisch der gesamte mediale Fokus zunächst auf Thailand gerichtet war. (Gere Gretz ab 03'47'' und 27'14'')

Als einer der ersten Schweizer Touristiker traf Globetrotter-Chef André Lüthi in Thailand ein. «Es ging alles so schnell, wir wussten gar nicht, was auf uns zukommt», erinnert sich Lüthi. «Als wir hinter drei Kipplastwagen voller Särge fuhren, habe ich realisiert, wo ich bin.» Von da weg hätte er wie auch seine Begleitperson, ein Arzt, «abgestellt» und nur noch gearbeitet, «es ging nur noch ums Helfen – ohne nachzudenken.» (André Lüthi ab 06'49'' und ab 25'04'').
Geflüchtet in T-Shirt und Badehose
«Plötzlich gab es ein Erdbebeben», erzählt der damalige Resident Manager von Hotelplan auf Phuket, Cristiano Bondietti. «Das Gefühl war so, als ob man auf einer Luftmatratze im Meer steht. Das hat eine Minute, vielleicht eineinhalb Minuten gedauert, sehr lange.» (Cristiano Bondietti ab 13'29'')
Damals wie heute war der Schweizer Hotelier Armando Kraenzlin als General Manager auf den Malediven tätig, in Kuda Huraa und Landaa Giraavaru. «Wir mussten bei uns auf der Insel schauen, ob alle noch da sind. Unser Inselresort war voll, es war je Weihnachten. 16 Gäste fehlten aber, bis dann jemand sagte, die seien auf dem Schiff», erzählt Kraenzlin. «Zwölf Malediven-Inseln mussten schliessen, wir waren eine davon, waren 18 Monate geschlossen und mussten dann alles wieder aufbauen.» (Armando Kraenzlin ab 16'50'')
«Wir hatten viele Anrufe von Kunden, von Überlebenden, die sich zum Teil nur mit T-Shirt und Badehose bekleidet irgendwo hin retten konnten», erzählt Ruth Landolt, damals Chefin von Wettstein, heute Geschäftsführerin von Asia365. Noch heute ist sie verblüfft darüber, wie unkompliziert die Heimholung der Gäste vor Ort möglich war, viele hatten weder Pass noch Flugticket. «Ob das heute so unkompliziert möglich wäre, ich bezweifle es.» (Ruth Landolt ab 20'27'').
Die Dramatik und das grosse Leid jener Tage wird im Talk deutlich – auch wie sehr die Touristikerinnen und Touristiker damals gefordert waren, physisch, phsychisch und emotional. Ebenso wird klar: die Schweizer Touristiker und vor allem auch die Bevölkerung vor Ort haben in jenen Tagen und Wochen eine unglaubliche Arbeit geleistet und durch den immensen Einsatz und die grosse Hilfsbereitschaft viel Goodwill erhalten.