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Schweizer Reisende, die nicht länger als 15 Tage bleiben, können an sofort ohne Visum in China einreisen. Bild: Adobe Stock

Was die Lockerung der Visumspflicht für China-Reisen bedeutet

Reto Suter

Schweizerinnen und Schweizer können sich ab sofort bis zu 15 Tage ohne Visum in China aufhalten. Die Lockerung freut Schweizer Asien-Spezialisten, wie eine Umfrage von Travelnews zeigt. Es gibt in der Branche aber auch Vorbehalte.

Nach längeren Spekulationen und vielen Gerüchten gab die Chinesische Botschaft vergangene Woche bekannt: China erlässt ab dem 14. März 2024 die Visumspflicht für Schweizer Reisende. Wobei der Aufenthalt auf 15 Tage limitiert ist (Travelnews berichtete). Die Visabefreiung gilt vorerst bis zum 30. November 2024.

Schweizer Asien-Spezialisten freuen sich über die Lockerung der Visumspflicht. «Das bis anhin aufwendige Visumverfahren mit persönlichem Vorsprechen hat sehr viele Leute von einer China-Reise abgehalten», so Stephan Roemer, CEO von Tourasia und DTH Travel, auf Anfrage. «Die visumfreie Einreise in China ist deshalb ein Gamechanger», Fast gleichzeitig mit der Ankündigung am 7. März sei die Nachfrage nach China-Reisen spürbar gestiegen.

Etwas weniger euphorisch zeigt sich Ruth Landolt, Geschäftsführerin von Asia365. «Uns dürften die visafreien Reisen bis zu 15 Tagen leider keinen all zu grossen Mehrwert bringen», sagt sie. Viele ihrer Kundinnen und Kunden seien länger als zwei Wochen in China unterwegs.

«Es ist nicht in unserem Sinn, Trips zu verkürzen, nur um eine visafreie Einreise zu ermöglichen», erklärt Landolt. In erster Linie gehe es darum, möglichst attraktive Reisen anzubieten. «Und die dauern nun mal länger als zwei Wochen. Wir hatten deshalb auf eine visafreie Einreise für 30 Tage gehofft.»

Genau gleich äussert sich Sandra Studer, Sprecherin von Globetrotter. «Sicher ist dies eine Hilfe für Kurzaufenthalte in Kombination mit anderen Destinationen», sagt sie. Unsere Kundinnen und Kunden reisen jedoch eher länger als 15 Tage nach China.»

China-Geschäft seit Corona in der Krise

Mit dem Ausbruch der Corona-Pandemie Anfang 2020 ist das China-Geschäft der Schweizer Asien-Spezialisten komplett eingebrochen – und erholt sich nur sehr langsam. Stephan Roemer, CEO von Tourasia und DTH Travel, sieht dafür zwei Gründe.

Erstens sei das Flugangebot nach China nach wie vor stark reduziert im Vergleich zu Vor-Corona. «Und zweitens beginnt die Planung für eine Reise nach China im Schnitt etwa neun Monate im Voraus. Durch die zögerliche Öffnung und die Restriktionen waren viele Reisende verunsichert, was sich in Zurückhaltung bei den Buchungen manifestiert hat.»

Schanghai ist derzeit die einzige chinesische Stadt, die direkt an Zürich angebunden ist. Bild: Adobe Stock

Auch bei Globetrotter hielten sich die China-Buchungen zuletzt in engen Grenzen. «Unmittelbar vor dem Ausbruch der Corona-Pandemie verzeichneten wir einen China-Boom. Momentan ist die Zahl der Buchungen sehr überschaubar», sagt Sprecherin Sandra Studer.

Ruth Landolt. Geschäftsführerin von Asia 365, macht die gleichen Erfahrungen. «Während andere Destinationen wie Japan die Werte aus der Vor-Corona-Zeit bereits weit übertroffen haben, ist China bei uns längst noch nicht auf dem Niveau von 2019», so die profunde Asien-Kennerin.

Zu wenige Flüge und bürokratische Hürden

Für Stephan Roemer ist klar: «Mit der visumfreien Einreise ist ein erster grosser Schritt gemacht.» Jetzt sei es entscheidend, dass wieder mehr Flüge angeboten werden. «Nur so kann China voll durchstarten», sagt der Asien-Profi.

Sandra Studer von Globetrotter wünscht sich generell eine positivere Berichterstattung zu China. Zudem spiele auch der Faktor Zeit eine Rolle. Das heisst: Je weiter weg die Corona-Pandemie ist, desto mehr Schweizerinnen und Schweizer werden wieder nach China reisen.

China-Kenner bezeichneten sie hinter vorgehaltener Hand als «Drecksloch», heute ist sie eine Perle: die 30-Millionen-Stadt Chongqing. Bild: Adobe Stock

Laut Ruth Landolt von Asia 365 gibt es für China noch einiges zu tun, wenn es schon bald wieder mehr ausländische Touristinnen und Touristen im Land begrüssen möchte. «Trotz starker Digitalisierung bestehen für Reisende in China nach wie vor viele bürokratische Hürden», erklärt sie. «Nur wenn diese wegfallen, wird das Land sein volles touristisches Potenzial ausschöpfen können.»

Gleichzeitig anerkennt sie, dass sich das Land innerhalb von wenigen Jahren städtebaulich rasant weiter entwickelt hat. «Nach fast fünf Jahren Corona-Pause müssen wir China auch ein Stück weit neu kennenlernen», so Landolt. Die 30-Millionen-Stadt Chongqing, die bis vor wenigen Jahren noch als Moloch galt, habe sich beispielsweise zu einem attraktiven Städtereiseziel gemausert. «Durch diese Entwicklung und den Einfluss von Tiktok und Instagram ist China auch für die jüngere Zielgruppe eine sehr reizvolle Destination geworden», sagt sie.

Die Einschätzungen zeigen: Das touristische Potenzial Chinas ist gross – und über die vergangenen Jahre sogar noch gewachsen. Die Lockerung der Einreisebestimmungen dürfte helfen, mehr Schweizerinnen und Schweizer für eine China-Reise zu begeistern. Ob daraus gleich ein Boom wird, muss sich weisen.