Trips & Travellers
«In der weiten Wildnis umzingelte uns eine Elefantenherde»
Fremde Länder entdecken, neue Kulturen kennenlernen und in den besten Hotels logieren: So stellt sich manch einer das Leben von Menschen vor, die in der Tourismusbranche arbeiten. Das mag hie und da tatsächlich vorkommen. Der Arbeitsalltag sieht aber in den meisten Fällen anders aus.
Und selbst auf Reisen und in den luxuriösesten Hotels kann es immer mal wieder zu unangenehmen Situationen und üblen Missgeschicken kommen. Das hat gestern Teil 1 der unvergesslichen Erlebnisse gezeigt, die Touristikerinnen und Touristiker geschildert haben.
Heute erzählen Sebastian Kickmaier, Andreas Züllig, Sarah Weidmann und Cornel Küng, was ihnen schon widerfahren ist:
Sebastian Kickmaier, Director Tour Operating bei Travelhouse:
«Auf bekannteren, aber auch unbekannteren Pfaden dieser Welt durfte ich schon zahlreiche, unvergessliche Geschichten erleben. Eine dieser Geschichten wird mir jedoch immer in ganz spezieller Erinnerung bleiben: Wir befanden uns auf einer Safari in der weiten Wildnis Botswanas. Mit unserem 4x4-Camper, den wir teilweise notdürftig mit Panzerband reparieren mussten, steckten wir aufgrund eines Fahrfehlers tief im Sand fest.
Dabei bemerkte eine majestätische Elefantenherde unsere hilflose Situation. Sie umzingelte uns und schien unsere Rettungsbemühungen gespannt zu verfolgen. Zeitlich waren wir unter Druck, da wir unser Camp noch vor Einbruch der Dunkelheit erreichen mussten. Eine Gefühlsmischung aus Faszination, Ehrfurcht, Respekt und auch Aufregung kam in mir hoch. Wussten wir doch nicht, wie die Elefanten auf uns hier in der freien Wildbahn reagieren würden.
Mit jeder Anstrengung, den Camper auszugraben, spürten wir die erdrückende Spannung der Elefantenherde, die uns mit zurückhaltender Distanz auf Schritt und Tritt beobachtete. Schliesslich, nach einem nervenaufreibenden und auch schweisstreibenden Kampf mit der Natur, gelang es uns, den Camper zu befreien. Die Elefanten schienen uns mit einem triumphierenden Trompeten zu verabschieden, bevor sie majestätisch in die Wildnis entschwanden. Ein wahrhaft atemberaubendes Abenteuer, das mir noch lange in Erinnerung bleiben wird.»
Andreas Züllig, Präsident von Hotelleriesuisse:
«Am 1. Januar 2015 habe ich mein Amt als Präsident von Hotelleriesuisse übernommen. Eingestellt habe ich mich auf die üblichen 100 Tage Einarbeitungszeit. Dann kam der 15. Januar 2015 und die grosse Hiobsbotschaft der Schweizerischen Nationalbank. Der Mindestkurs von 1,20 Franken zum Euro-Kurs wurde nicht mehr gestützt.
Sofort fiel der Kurs im Laufe des Tages auf weit unter Parität. Innerhalb von Minuten wurde die Schweiz für ausländische Gäste aus dem Euro-Raum um bis zu 40 Prozent teurer, und für die Schweizerinnen und Schweizer wurde das nahe Ausland um diesen Wert günstiger.
Standortgebunden mit lokalen Kosten mussten wir auf dem Heimmarkt und in Europa wettbewerbsfähig bleiben. Das bedeutete vielerorts: Die Preise massiv senken, ohne die Leistung abzubauen. Von diesem Schock haben sich Regionen wie zum Beispiel Graubünden nie ganz erholt.
2020 dann die nächste Herausforderung, die wir uns alle nie vorstellen konnten. Corona hat dem gesamten Tourismus auf der Welt innerhalb von Tagen den Stecker gezogen. Nichts ging mehr. Hotels, Gastrobetriebe, Museen, Bergbahnen und der Flugbetrieb wurden staatlich verordnet stillgelegt.
Zweieinhalb Jahre lang wussten wir nicht, wie die nächsten Wochen und Monate aussehen würden. Nichts war planbar. Wir zitterten vor jeder Medienkonferenz des Bundesrats. Im Wochenrhythmus mussten wir unsere Schutzkonzepte und Betriebsabläufe den aktuellen Vorgaben anpassen.
Im Rückblick muss ich feststellen, dass die Schweiz im Vergleich zu unseren europäischen Nachbarn pragmatisch und ausgewogen reagiert hat. Die Hotels und Bergbahnen konnten immer geöffnet bleiben. Das war wichtig für die Gäste, aber vor allem auch für die Mitarbeitenden der Hotels.
In dieser Zeit spürten wir eine grosse Solidarität der Schweizer Bevölkerung. Viele Regionen konnten dank den Schweizer Gästen die schwierige Zeit überbrücken und den Gästen zeigen, dass der Schweizer Tourismus Dienstleistungen auf einem hohen Niveau und einmalige Erlebnisse und Entdeckungen zu bieten hat.
Was mich besonders freut, ist die schnelle Erholung des Tourismus im vergangenen und vor allem in diesem Jahr. Wir konnten sozusagen aus dem Stand die Dienstleistungen auf einem hohen Niveau in der erwarteten Qualität wieder anbieten. Die zwei beschriebenen grossen Herausforderungen für den Tourismus, die letzten acht Jahre, haben unsere Resilienz gestärkt.
Wir haben die Zeit genutzt, um unsere Wettbewerbsfähigkeit auszubauen und unsere Infrastruktur und Dienstleistungen zu verbessern. Darauf bin ich als Gastgeber und Präsident von Hotelleriesuisse sehr stolz.»
Sarah Weidmann, CEO bei Smeraldo Tours:
«Jedes Jahr veranstalten meine Freundinnen und ich ein Mädelswochenende. Da ich in der Reisebranche arbeite, fällt es normalerweise in meinen Zuständigkeitsbereich, die Organisation zu übernehmen. Vor einigen Jahren hatten wir ein Wellness-Wochenende geplant, und eine meiner Freundinnen drängte darauf, im Hotel Vier Jahreszeiten im Schwarzwald zu übernachten.
Ich erklärte mich bereit, die Buchung vorzunehmen, obwohl ich gefühlt noch tausend andere Dinge erledigen sollte. Am Tag unserer Abreise rief ich erneut die Buchungsbestätigung auf meinem Handy ab, um die Adresse ins Navi einzugeben. Als mir eine Fahrzeit von etwa vier Stunden angezeigt wurde, wurde ich skeptisch.
Bei genauerer Prüfung stellte ich fest, dass ich versehentlich das Hotel Vier Jahreszeiten in Südtirol statt im Schwarzwald gebucht hatte. Unglücklicherweise waren meine Freundinnen bereits auf dem Weg in den Schwarzwald. Daher musste ich die Buchung in Südtirol stornieren. Telefonisch konnte ich im Hotel Vier Jahreszeiten im Schwarzwald noch das letzte verfügbare Zimmer sichern.
Wir mussten uns schliesslich mit einem kleinen Familienzimmer begnügen, das über Kajütenbetten verfügte. Am Abend konnten wir jedoch herzlich über die Geschichte lachen. Natürlich wird mir dieses Missgeschick noch heute von meinen Freundinnen auf die Nase gebunden.»
Cornel Küng, Co-Geschäftsführer von Travelnews:
«Die Vorfreude war gross, nach drei Jahren wieder nach Chile, der zweiten Heimat meiner Partnerin, zu fliegen. Zusammen mit ihrer Tochter und der Familie ihrer Schwester hatten wir ein tolles Programm: Atacama im Norden und Patagonien im Süden. Zum Abschluss noch ein paar Tage in Buenos Aires.
Am Check-in-Schalter der Fluggesellschaft dann der grosse Schock: Wo wir denn die Bestätigung des leiblichen Vaters hätten, die für die Reise eines einzelnen Elternteils mit einem minderjährigen Kind nötig sei, wurden wir gefragt. Bei der letzten Chile-Reise (Mutter mit Kind alleine) existierte noch keine solche Auflage.
Nun handelt es sich dabei dummerweise nicht nur um ein Dokument der Kategorie «einfache Schriftlichkeit». Die Formvorschrift verlangt ein notariell beglaubigtes Dokument. Chile galt dazumal als eines von drei Ländern weltweit, das eine solche Einreisebestimmung zwingend vorgab.
Die Familie der Schwägerin reiste ohne uns ab. Glück im Unglück hatten wir dank Beziehungen, sowohl hinsichtlich Flugumbuchung auf den nächsten Tag (danke TUI) als auch bei der Beschaffung des besagten Dokuments an einem Sonntag.
Ich schämte mich, dass ich als Reiseprofi die Vorgaben nicht geprüft hatte. Eine Information der Fluggesellschaft wäre jedoch nett gewesen, zumal sie die Kontaktdaten von uns hatte.
Mit einem Tag Verspätung landeten wir dann doch noch in Santiago. Die Pässe wurden kontrolliert. Und der Clou: Das beglaubigte Dokument wurde uns unbeachtet zusammen mit den Pässen wieder zurückgereicht.»