Trips & Travellers
Tested Die Seelage ist top, der Aufenthalt ein Flop
Denis JeitzinerMitte Juli, Ferienzeit, schönes Wetter in Sicht. Warum nicht mal die sagenhaft schöne Nordküste des Neuenburgersees erkundigen? Gedacht, gesagt, gebucht: Hotel Port Conty in St. Aubin-Sauges, ein nettes Viersterne-Hotel direkt am Hafen, kleines Restaurant – unspektakulär und absolut unseren aktuellen Ansprüchen entsprechend. Dachten wir.
Doch ab jetzt hagelte es nur noch Probleme: Eine kaputte Kanalisation inklusive bestialischem Gestank auf Zimmer 170. Dazu dreckiger Boden im Zimmer und ein gutes Dutzend verendete Zigarettenstummel auf dem Sitzplatz. Excusez-moi, ça ne vas pas… Zimmer 174: Derselbe Geruch nach ungespülter Toilette, ein immerhin sauberer Zimmerboden aber immer noch ein kleiner Zigarettenfriedhof – und ein erstes Anflug von leiser Wut.
Zurück am Desk: Desolé, wir haben keine anderen Zimmer frei. Einmal nachgehakt und schon gings ab ins Zimmer 117 am anderen Ende des Trakts: Kein Kanalisationsgeruch, saubere Zimmerböden, keine Enddeponie von Tabakwaren. Dafür ein kaputter Spiegel im Bad – aber das nehmen wir locker in Kauf.
Danach erstmals durchatmen auf der Terrasse (mit Seeblick!). Leider auf Gartenstühlen, die wohl zum letzten Mal im Herbst 2022 benutzt und auch gesäubert wurden – sagen uns die Hundertschaften von Spinnweben, die sich übrigens auch im gesamten Terrassenbereich ausbreiteten.
Die Tage ausserhalb des Hotels entschädigen uns danach für fast alles. Saubere Gestade in Auvernier und Cortaillod, lauschige Sommerabende im friedlichen Neuenburg, ein fantastischer Fondue-Plausch im Restaurant Boudry-Plage, äusserst angenehmes, manchmal fast zärtliches Seewasser, kleine, feine Dörfer (Cortaillod), wilde Waldstrände (Pointe du Grain), eitel Sonnenschein – Reiseherz, was willst du mehr.
Zum Beispiel ein anständiges Hotelzimmer: Zurück im Hotel Port Conty – unser verstopfter Abfluss interessiert niemanden («Der Techniker hat es sich angeschaut – leider konnte er nichts finden»). Dass die Seife nie nachgefüllt wurde, ist uns mittlerweile einfach nur noch egal.
«Desolé», der Chef ist morgen wieder hier
Letzter Tag; Check-out mit dem Hinweis, dass während unserer Anwesenheit doch einiges schiefgelaufen ist. Abermals «Desolé», doch der Chef arbeitet erst morgen wieder. Zähneknirschend abgereist, in der Hoffnung, dass da vielleicht noch etwas kommt. Eine Stellungnahme, eine schriftliche Entschuldigung, ein kleines Entgegenkommen für die Umstände. Nach drei Tagen das erste Mail die Frage: Ihr wolltet euch doch bei uns melden, oder? Nach einer Woche ein zweites Mail. Kein Zeichen, keine Antwort, keine Reaktion. Lieber totschweigen als sich die Mühe nehmen. Auch das Nachspiel war ein Reinfall.
Dass es auch anders geht, erfuhren wir keine zehn Tage früher im Bed & Breakfast Gätzibrunnen im zürcherischen Neerach: Unkompliziert. Zuvorkommend. Freundlichkeit pur. Und ein himmlisches Frühstück mit frischen Köstlichkeiten, lieblich zubereitet. Geht ja …