Der Trend zum Bestager-Camping

Es gibt einen Moment im Leben, an dem man sich fragt, ob man wirklich Luxus-Hotels mit Infinity-Pools und Gourmetrestaurants braucht, um glücklich zu sein. Man sehnt sich nach Einfachheit und nach dem, was wirklich zählt. Für viele Menschen bedeutet dies, sich auf das Camping zu besinnen. Inzwischen gibt es sogar einen Trend zum Bestager-Camping, welches sich explizit an die Generation 50+ richtet.

«Wohnen wie gewohnt» lautet das Motto, nur eben auf engstem Raum und auf Rädern. Hier gilt es, all seine Bedürfnisse auf das Wesentliche zu reduzieren. Doch wer es schafft, findet die perfekte Kombination aus Bequemlichkeit und Abenteuer. Die Campingindustrie bietet mittlerweile alles, was man braucht, um das alltägliche Leben en miniature zu reproduzieren.

Wir haben die Probe aufs Exempel gemacht. Unser Ziel ist der Campingplatz Markushof in Auer im Südtirol, der explizit für über 50-Jährige reserviert ist. Das klingt zumindest nach einer guten Marketingidee. Steckt mehr dahinter? Unser Platz liegt in der hintersten Ecke unter einem Walnussbaum und bietet einen traumhaften Blick auf das Schloss Auer und den angrenzenden Rebberg.

Das Wohnmobil ist das perfekte Zuhause für diese Zeit. In unserem Fall handelt es sich um einen Adria Twin Sports 640. «Das Raumkonzept ist bis auf den letzten Quadratzentimeter optimiert», betonte Adria-Schweiz-Chef Fritz Minder bei der Übergabe. Auf knapp 6,4 Metern biete der Twin alles, was man zum Leben braucht: Eine Küche, Tisch und Sitzgruppe, Bett und Dusche/WC, Dieselheizung und elektrische Fussbodenheizung und dimmbare Ambient-Beleuchtung. Es gibt sogar eine automatische Schiebetür. Das sei von Vorteil, wenn man spätabends ankomme und den Campingplatz nicht mit dem Zuknallen der Türe aus dem Schlaf reissen wolle.

Die Fahrt verläuft problemlos via Julier, Ofen und das Vintschgau. Mit einer Motorleistung von 180 PS bietet das auf einem Fiat Ducato basierende Wohnmobil ausreichend Power für längere Fahrten und Bergstrecken. Wir stellen sogar fest, dass sich Adria Twin-Fahrer gegenseitig grüssen, wenn sich ihre Wege kreuzen.

«Sie haben Ihr Ziel erreicht», verkündet das Navi. Die Ankunft ist wie auf jedem Campingplatz: Neuankömmlinge werden neugierig beäugt – es ist wie auf einem Laufsteg.

Das Camping Markushof ist ein Familienbetrieb, geführt in der dritten Generation von Carmen Graiff. «In den 1970er-Jahren haben wir ganz klein angefangen, mit einer einzigen Rasenfläche beim Hotelpool», erzählt sie. Heute verfügt die Anlage über 56 grosszügige Stellplätze mit Strom- und Wasseranschluss sowie über geräumige und komfortable Sanitäranlagen. «Wir haben viele Stammgäste, die sich untereinander kennen und sich gegenseitig zum Essen einladen, und es kommen immer wieder neue dazu. Es ist wie ein kleines Dorf – ein Dorf auf Zeit.»

Die Idee, ein Mindestalter einzuführen, sei aufgrund des Bedürfnisses älterer Camper nach mehr Ruhe und Sauberkeit entstanden. Graiff erklärt: «Der Vorteil besteht darin, dass sich unsere Besucher an die ungeschriebenen Regeln halten, zum Beispiel indem sie die Dusche sauber hinterlassen oder die Nachtruhe beachten.» Graiff schmunzelt und fügt hinzu: «Es gibt sogar Gäste, die ihren Rasen selbst mähen.»

Gerade während der Corona-Zeit hätten viele Neulinge das Camping als Freizeitaktivität für sich entdeckt; doch leider würden sich nicht alle dieser meist jüngeren «Corona-Camper» immer angemessen verhalten.

Nun zum Praxistest. Tatsächlich gibt es weder Geschrei noch laute Musik – nur Ruhe und Entspannung. Okay, nicht ganz: In der Nähe sorgen ein Kindergarten, ein Froschteich und eine Schreinerei für eine abwechslungsreiche Geräuschkulisse. Camping-Regel Nummer 1: Wer sich unbedingt aufregen will, findet immer und überall einen Grund.

Wichtiger noch: Bestager-Camping ist der ultimative Beziehungstest. Denn das Leben auf engstem Raum erfordert effektive Kommunikation, um Konflikte zu vermeiden und ein harmonisches Miteinander zu ermöglichen. Paare lernen, einander zu vertrauen und gemeinsame Entscheidungen zu treffen, sei es bei der Routenplanung, der Auswahl des Campingplatzes oder bei unvorhergesehenen Ereignissen.

Um einen Eindruck zu gewinnen, starten wir eine kleine Umfrage in der Nachbarschaft. «Das gemeinsame Bewältigen von Herausforderungen dazu beigetragen, unsere Beziehung zu stärken», berichtet Max (66) aus Hamburg. Seine Frau Ute (61) ergänzt: «Wir versuchen, uns nicht gegenseitig auf den Füssen herumzustehen. Es ist ein bisschen wie Tetris spielen!»

Für Anna (54) und Luca (56) aus Utrecht besteht der Reiz darin, den Wert der einfachen Dinge wieder zu schätzen. «Wir haben den Fernseher gegen den Blick aus dem Wohnwagenfenster eingetauscht», sagt Anna. Luca ergänzt: «Für meinen Morgenkaffee benötige ich kein aufwendiges Chromstahlmonster; unterwegs sorgt die Moka Express für den perfekten Start in den Tag.»

Einige, wie Markus (62) und seine Freundin Mireille (50) aus Winterthur, entwickeln sogar einen überraschenden Ehrgeiz. Ihr Traum war es, die Mini-Küche im Wohnmobil in ein Kochparadies zu verwandeln und mit einfachsten Mitteln kulinarische Meisterwerke zu kreieren. Davon lassen wir uns gerne überzeugen, und schon bald heisst es: «Bis morgen Abend – wir bringen den Wein!» Die Ferien haben begonnen.

Unser Campingplatz:
Camping Markushof, 39040 Auer (Italien)
Telefon: +39 0471 810025
info@hotelmarkushof.it
www.hotelmarkushof.it/camping

Unser Test-Wohnmobil:
Adria Twin Sports 640 SGX
Adria Mobil Schweiz GmbH
info@adria-mobil.ch
www.http://ch-de.adria-mobil.com