Trips & Travellers

An Spitzentagen wie über Auffahrt und Pfingsten können Zugreisen zur mühsamen Angelegenheit werden, hat unsere Autorin feststellen müssen. Bild: Daniel Gubler, bahnbilder.ch

Einwurf Die letzte Zugreise

Marion Lehmann

Auf dieser Eurocity-Fahrt über das Auffahrtswochenende von Zürich nach München und zurück hat wenig bis gar nichts geklappt.  

Als wir vor drei Monaten einen Städtetrip nach München geplant haben, meinte mein Partner, «cool, machen wir, mit dem Auto ist man ja schnell dort». Das gefiel mir aber wegen den stressigen deutschen Autobahnen, auf denen gebolzt wird, gar nicht. «Nein, lass uns doch mit dem Zug fahren, das ist gemütlicher, da können wir einen Apéro geniessen». Ich konnte ihn überreden und bald die Zugreise buchen – für 172 Franken pro Person, hin und zurück, 2. Klasse.

Der Eurocity mit den sieben Wagen traf in Zürich am Auffahrtsmorgen ein. Doch die Wagennummern 3, 4 oder 5 auf unseren Tickets und jenen der wartenden Reisenden neben uns waren in der Komposition nicht auszumachen, die Nummerierung lautete 13, 14, 15,…; so begaben wir uns mit leichter Verunsicherung in den Wagen 15 statt 5. Und statt der erwarteten «reserviert»-Zeichen hiess es bei jedem Sitz «frei». Na gut, da haben wir mal Platz genommen auf den Sitzen, die wir für unsere hielten und harrten den Dingen.

Der Zug war mittlerweile übervoll, die Leute standen in den Gängen, die Koffer versperrten den Durchgang. Die Reise ging los. Das Chaos brach dann beim dritten Stopp in St. Gallen aus, als weitere Leute einstiegen und sich mit Müh und Not bis zu ihren Sitzen durchkämpften, die aber dann schon besetzt waren ... Drei Damen mit den richtigen Sitzplatz-Reservationen wollten Platz nehmen, die Leute, die schon da sassen, erhoben sich, wussten aber gar nicht, wohin sie stehen sollten, denn alle Sitze und auch die Gänge waren schon voll. Ein Riesenpuff.

«So hatten wir uns diese Zugreise nicht vorgestellt.»

Nach drei schönen Tagen in München freuten wir uns auf die Rückreise im Speisewagen, in dem für uns zwei Plätze reserviert sein sollten. Doch kein Tischchen mit unserer Reservation war auszumachen und eine Ablage für unsere Koffer? Auch nicht. Zudem die Durchsage: «Tut uns leid, wegen Personalmangel ist das Angebot im Speisewagen erst ab Buchloe erhältlich…».

In Buchloe stieg dann eine für den Speisewagen zuständige Person ein, ein junger Ägypter, wie wir später im Gespräch mit ihm erfuhren. Er hatte sofort alle Hände voll zu tun mit ungeduldigen Passagieren an den Tischen und einer lange Schlange am Bistro. Der engagierte Mann konnte einem leidtun.

Auf dem Gang zur Toilette versuchte ich das 1. Klasse-Abteil zu durchqueren, was fast unmöglich war. Einige Leute sassen da am Boden, die notabene fast das Doppelte bezahlt hatten als wir.

Das Billett wurde in den ganzen dreieinhalb Stunden nicht einmal kontrolliert. Der Verdacht lag nahe, dass sich die Kondukteurin oder der Kondukteur entweder nicht durch die Gänge quetschen konnte oder schon gar nicht blicken lassen wollte. So schön der München-Aufenthalt war, die Zugreise war alles andere als gemütlich und relaxt, so hatten wir uns das nicht vorgestellt.

Dann traf ein SMS aus dem Familienkreis ein, ob wir schon zuhause seien? Mein Partner antwortete darauf, «nein, wir haben eine halbe Stunde Verspätung». Und dies sei übrigens seine letzte Zugreise gewesen.