Trips & Travellers
Paris für Foodies: Vom Märtyr zur Madeleine
Andreas GüntertWer Paris besucht, steuert gerne die bekannten Sehenswürdigkeiten an – der Eiffelturm, die Champs Elysées und der Louvre gehören fürs Reisevolk zum Pflichtprogramm. Das kommt nicht von ungefähr, weisen die Pariser Touristenmagnete doch einiges an Charme und Schönheit auf.
Aber oft lassen sich nur wenige Hundert Meter von den Menschenmassen entfernt Trouvaillen entdecken. Beispielsweise unterhalb der Basilika Sacré Coeur de Montmartre: Die Starke Strecke Rue des Martyrs im 18. und 9. Arrondissement von Paris, durch die uns Internaut-Gastautor Marc Bürgi führt.
Die Strasse im Pariser Künstlerviertel Montmartre hat eine dunkle Geschichte, erinnert sie doch an die Christen, die zu Zeiten der Römer im Jahre 250 getötet wurden. Ihr entlang sollen die verurteilten Gläubigen zur Hinrichtungsstätte auf dem Pariser Hügel Montmartre geleitet worden sein – der deswegen auf französisch «Märtyrerberg» heisst.
Ein kleines Paradies für Foodies
Heute stimmt die «Märtyrerstrasse» nicht mehr traurig. Im Gegenteil: Ein Spaziergang entlang ihren rund zwei Kilometer ist sogar sehr vergnüglich. In ihrem oberen Teil ist die Pariser Strasse der Märtyrer ein kleines Paradies für Foodies, für Fans von Patisserie, feinem Käse und andere Gourmet-Köstlichkeiten.
Erstaunlich viele Pâtisseries, Boulangeries, Confiseries und Fromageries bieten ihre Produkte an. Spätestens beim Gedränge vor der Konditorei La Meringaie wird eines klar: Heute sind an der Rue des Martyrs die dunklen Tage der Märtyer vorbei. Abgelöst von Köstlichkeiten wie Meringues und Meringuettes, von Macarons, Mendiants und Marrons Glacés. Und von Madeleines, wie wir später noch sehen werden.
Im unteren Teil unserer Starken Strecke Paris spielt sich zu späten Stunden ein reges Nachtleben ab, denn dort befinden wir uns mitten im «SoPi» – so wird das Trendviertel südlich des Place de Pigalle (SOuth of PIgalle) gerne bezeichnet. Eine Ausgehmeile wird diese Pariser Gegend aber erst zu später Stunde, tagsüber bietet sie sich zum Flanieren an. Fangen wir also unseren Stadtbummel an!
Ein Kaffeehalt
Unseren Café geniessen wir an der Place Gustave Toudouze, an einer Parallelstrasse der Rue des Martyrs. Gleich vier Restaurants schmiegen sich an den kleinen Platz. Die Atmosphäre ist entspannt, dafür sorgen auch die Bäume, Bänke und der grüne Brunnen in der Mitte. Paris s’éveille!
Besonders gut in der Pariser Sonne sitzen lässt es sich an einem Tischchen vor dem Restaurant Chez Gustave. Wo wir uns in einer der Kernkompetenzen Frankreichs üben: Joie de Vivre zelebrieren.
Ein Laden, eine süsse Sünde
Gleich bei der Place Gustave Toudouze befindet sich auch die in Reiseführern hoch gelobte Pariser Modeboutique Célia Darling. Welches die Darlings von Célia sind, lässt sich schnell herausfinden. Die gute Dame ist eine Vintage-Schatzsucherin. Was wir in etwa so verstehen: Alles, was früher einmal gut ausgesehen hat, sieht heute noch besser aus. Wenn man es tragen kann.
Wer inzwischen einen kleinen Hunger verspürt – oder einfach nur Lust auf etwas Süsses hat – besucht die junge Crew vom Le Comptoir de Madeleine. Diese Feingebäck-Equipe hat sich mit ihrem Geschäft in einer Seitenstrasse, an der Rue Victor Masse 17, eingerichtet.
Im Le Comptoir de Madeleine, der Name verrät es, konzentriert man sich auf das vielleicht französischste aller Gebäcke – die Madeleine. Wir in der Schweiz kennen la Madeleine auch als Schmelzbrötli. Diese Spezialität backen die jungen Franzosen hier in Paris in verschiedenen Variationen.
Ein Restaurant
Für das Mittag- oder Abendessen wagen wir uns in die touristische Zone am Fusse im Viertel Montmartre vor, wo sich die Touristen auf der Rue des Martyrs drängen. Dort befindet sich das Titi Graille. Von aussen wirkt das Lokal mit der Hausnummer 98 wie eine typische Pariser Touristenfalle – doch wer das Restaurant deswegen meidet, wird etwas verpassen.
Gastgeber Stéphane ist äusserst charmant, weiss viel über die französische Küche zu erzählen und serviert gute Gerichte zu einem fairen Preis. Keine Selbstverständlichkeit in Paris. Die Ente, kombiniert mit Lauch und gebratenen Kartoffeln, schmeckte ausgezeichnet, und auch der Espresso war fein. Umgerechnet knapp dreissig Franken kostete uns dieser gelungene Abend.
Ein Souvenir
Gleich vis-à-vis von unserem Restauranttipp betreibt Benjamine seinen Souvenirshop You & Me». (Hausnummer 95). Auch er hat wie Nachbar Stéphane keine Angst vor Touristen, doch auch er kann trotz seiner sehr kommerziellen Ausrichtung mit Charme und Wissen punkten. Bei ihm lernen wir eine Menge über Champagner. Der hochpreisige Schaumwein landet dennoch nicht im Reisegepäck.
Zum Mitbringsel küren wir eine etwas günstigere Alternative. Und merken: Montmartre Paris kann auch günstig. Unser Mitbringsel aus Paris ist ein Feigen-Confit (Ladenpreis 2 Euro). Zurück in der Schweiz, wird uns der Gelee, mit etwas Weichkäse gepaart, die Reise in Erinnerung rufen.
Du weisst es schon: Entlang der Rue des Martyr» lassen sich diverse einladende Käse- Konditorei- und andere Lebensmittelgeschäfte entdecken. Eine gute Wahl fürs Geldausgeben ist die Patisserie Sébastien Gaudard, Strassennummer 22.
Im hübschen, weissen Ladenlokal gibt es allerlei zuckrige und schokoladige Köstlichkeiten – etwa Tartelettes au chocolat, also kleine, mit Schokoladencrème gefüllte Törtchen. Oder Tartes Bordaloues, Birnentartelleten, ein weiterer französischer Dessertklassiker. Auch die Schokolade des Patissiers ist fein.
Ein Drink
Unseren Drink genehmigen wir uns wenige Schritte vom Ende der Rue des Martyrs entfernt, wo die Treppe hinauf zur Basicila von Sacré Coeur beginnt. Hier an der Rue des Trois Frères, Hausnummer 32, braut die Equipe der Brasserie Patoche verschiedene Biere und schenkt sie auch gleich aus.
Mit den IPAs, Pale Ales oder Lagerbieren von Patoche lässt sich prima auf einen gelungenen Reisetag anstossen. Oder darauf, dass sich in der kommenden Nacht noch etwas zusammenbraut im Quartier South Pigalle, das hier alle SoPi nennen.
Die Anreise zur Rue des Martyrs
Am besten lässt es sich über die Metrostation Pigalle an unser Starke Strecke Rue des Martyrs gelangen. Die Haltestelle wird von den Linien 2 und 12 der Metro Paris bedient. Wer einige Schritte rechts Richtung Osten spaziert, findet sich bereits in der Märtyrerstrasse wieder.
Sehenswürdigkeiten Montmartre Paris
An Touren und Ausflügen im Quartier Montmartre herrscht kein Mangel. In der Nähe der Märtyrer-Strasse und der Sacré Coeur de Montmartre (mit vollem Namen übrigens «Basilika vom Heiligsten Herzen in Montmartre») lassen sich auf einem Stadtbummel oder Spaziergang einige Sehenswürdigkeiten finden.
Aber weiter jetzt auf unserer Tour de Montmartre: Die Avenue Frochot hat einige klingende Namen aus Paris vorzuweisen, berühmte Persönlichkeiten wie der Dramatiker Alexandre Dumas, Gitarrist Django Reinhardt, Modeschöpfer Jean-Paul Gaultier oder Schriftsteller Victor Hugo lebten hier.
Leider ist die Strasse heute privat und abgesperrt. Doch ein Blick durch das eiserne Tor am Place Gustave Kaspereit lässt sich erhaschen. Und auch wegen des Art-Déco-Glasdaches neben dem Eingang zur Avenue Frochot ist der Platz einen Abstecher wert.
Ebenfalls zu empfehlen ist das Musée de la Vie romantique im Pariser Quartier Nouvelle Athènes. Hier sind unter anderem Werke des Malers Ary Scheffer sowie Möbel und andere Memorabilien der Schriftstellerin George Sand zu sehen. Der Besuch im historischen Gebäude an der Rue Chaptal 16 lohnt auch wegen dem Museumbistro mitsamt Garten.
Wenn wir von Museen sprechen: Das Museum von Salvador Dalí an der Place du Tertre gehört natürlich ebenfalls zu den Sehenswürdigkeiten im Künstlerviertel Montmartre.
Etwa 15 Gehminuten von der Strasse der Märtyrer entfernt, befindet sich Pariser Nordfriedhof, im Volksmund als Cimetière de Montmartre bekannt. Hier liegen viele bedeutende Künstler begraben, wie etwa Modeschöpfer Pierre Cardin, Maler Edgar Degas und Schriftsteller Alexandre Dumas. Auch der deutsche Dichter Heinrich Heine ruht für immer auf diesem Friedhof in Paris.
Eine Sehenswürdigkeit der sehr viel lebendigeren Art: Ganz in der Nähe unserer Starken Strecke befindet sich das Varieté Moulin Rouge. Und, wichtig für Film-Fans: Das Café des Deux Moulins, bekannt geworden aus dem Film «Die fabelhafte Welt der Amélie». Oder, wie es passender zu unserer Starken Strecke heisst: «Amélie de Montmartre». In dieser Ecke von Paris lassen sich die Routen ablaufen, die im filmischen Leben der Amélie Poulain eine Rolle spielten.
Natürlich ist kein Spaziergang im Pariser Künstlerviertel Montmartre perfekt ohne die namensgebende Basilika Sacre Coeur de Montmartre. Sie befindet sich im 18. Arrondissement und ist kaum zu verfehlen.
Das etwas weniger bekannte, aber kaum weniger sehenswerte Pendant des 9. Arrondissement in Paris heisst Notre-Dame-de-Lorette.
Das im Stile einer römischen Basilika erbaute Gotteshaus aus dem 19. Jahrhundert befindet sich wenige Schritte südlich des Place Saint-Georges.
Auch der Platz selber ist ein gutes Ausflugsziel in diesem Viertel. Das Monument in der Mitte des Place Saint-Georges und die herrschaftlichen Häuser ringsum machen die Eleganz des Platzes aus. Etwas versteckt, gleich dahinter, befindet sich ein schöner kleiner Park mit Namen Square Alex Biscarre.
Haben wir Deine Lust auf die Stadt Paris geweckt? Très bien. Hier findest Du weitere Starke Strecken in der französischen Hauptstadt Paris. Und hey, sag Paris einen Gruss vom Internauten!
Und falls Du noch immer nicht genug hast von der Grande Nation: Hier geht es direkt zu allen Internaut-Beiträgen über Frankreich.