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USA auch mittels Kunst erleben – zum Beispiel an der Clarion Alley in San Francisco. Alle Bilder: Daniel Tschudy

San Francisco zeichnet neue Bilder

Daniel Tschudy

Die kleine Weltmetropole San Francisco sucht sich wieder selbst, auch mit Hilfe von interkultureller und politischer Street Art. USA-Reportage, Teil 1/4.

Was hat die «City by the Bay» nicht schon alles schon erlebt: Immigrationswellen aus der alten Welt und dem Fernen Osten, Naturkatastrophen und Flower Power, und leider auch HIV und eben erst Corona. Zudem dient sie seit den 60er-Jahren als Anziehungspunkt für die Aussteiger und Einsamen.

Aber San Francisco rappelt sich immer wieder auf und tut dies gerade noch einmal: Nach einer jahrzehntelangen «Invasion» durch die globalen Tech-Branchen, welche den durchschnittlichen Jahreslohn in San Francisco, bis vor der Pandemie, auf über 125'000 Dollar pro Person pulverisierte und damit die Immobilienpreise explodieren liess.

Einige Wenige haben vom Aufschwung profitiert, für die meisten wurde San Francisco ein teures Pflaster mit fast unbezahlbaren Wohnungen. Die demokratische Lokalpolitik liess sich zu lange von der Corporate Welt vereinnahmen und muss sich heute mit den Folgen auseinandersetzen. Gerade die Wohnungsnot ist, neben Rassismus, eine heisse gesellschaftliche Herausforderung … und dies wird laut und bemerkenswert in die Strassen getragen, wie ein Besuch von Travelnews in diesen Tagen zeigt.

Eine Herzensgeschichte

Im Zentrum, rund um den Union Square, an der Geary Street beispielsweise, befinden sich mehrere etablierte Kunstgalerien, die Werke auch der interkulturellen Szene präsentieren.  Oder dann hat die Stadt kürzlich mit dem Projekt «Metro Art» künstlerisches Schaffen zu den Bahnstationen und in den Untergrund gebracht. Einerseits um die Metro-Stationen zu verschönern, andererseits um den Kulturschaffenden neue Bühnen zu bieten.

Ein weiteres Beispiel ist das bereits vor 18 Jahren ins Leben gerufene Projekt «Hearts in San Francisco». Mittlerweile wurden von Künstlern aus der Bay Area bereits 131 Herzskulpturen geschaffen. Sie werden jeweils für 3 Monate im öffentlichen Raum ausgestellt und danach für eine Stiftung zur Unterstützung des Zuckerberg San Francisco General Hospital versteigert. Mittlerweile wurde so bereits fast 3 Millionen Dollar gesammelt.

Die Bühne Clarion

Frank Marx, ein aus Deutschland stammender Fremdenführer, insistiert auf seinem sehr persönlich gestaltenten Rundgang, dass man auch die alternative Szene kennenlernen soll. Diese findet man überall in der Stadt, teils als Popup-Art bald dem Niedergang geweiht, teils über mehrere Monate erlebbar. Ein intensives Kennenlernen der Gesellschaft und seiner Probleme findet man beispielsweise an der Clarion Alley im Mission District. Die kleine Strasse ist bekannt für Gemeinschafts- und Kunstaktivitäten, darunter das Clarion Alley Mural Project oder das American Indian Center.

Ursprünglich stand hier eine Versammlungshalle, das Woodmen Building, in der sich einst Eisenbahnarbeiter gewerkschaftlich organisierten. Seit den frühen sechziger Jahren trafen sich Musiker und Künstler und heute sind es die teils fantastischen Wandmalereien, die von kultureller Herkunft und sozialer Ungerechtigkeit erzählen. Frank kennt die Gemälde fast auswendig: wie sie über Wohnungsnot und Rassismus berichten, teilweise komplementiert werden, und dann auch wieder beschmiert oder übermalt. Lebend halt alles, häufig kurzfristigste Street Art, immer intensiv, kraftvoll und schmerzhaft auch.

Natürlich, San Francisco bietet auch Golden Gate und Cable Cars. Aber wirklich persönlich wird es, wenn man die Aussenquartiere sucht und die Menschen kennenlernt.

Und sollte es mal regnen, dann käme als Alternative zum gleichen Thema ein Besuch im Museum of the African Diaspora an der Mission Street in Frage. Dort konzentriert man sich auf Künstler aus verschiedenen Diasporas, seien es Afrokubaner, Afroasiaten, Afrokaribiker oder Afroamerikaner. Das MoAD ist ein Ort des Geschichtenerzählens. Es will nicht einfach Artefakten und Kunstgegenstände sammeln, sondern vielmehr über Menschen und deren individuellen Erfahrungen berichten. Wunderbare Bilder auch hier.

Nützliche Links:

Übernachtungstipp: Hotel Stanford Court

Dieses kurz vor der Pandemie komplett renovierte 4-Sterne-Haus passt bestens zum Thema Kunst. Schon beim Eingang findet man eine 3 Meter hohe Pinguinskulptur von Beniamino Bufano. Dann ist das ganze Hotel mit allerlei Gemälden und Bildern dekoriert, teils an die Filmindustrie erinnernd, teils an die lange eigene Geschichte des Hauses, welches 1912 entstand.

Die Lage oben auf dem Nob Hill ist ideal, denn man kann sowohl südlich Union Square, östlich Chinatown östlich und nördlich Fisherman's Wharf zu Fuss oder mit der Cable Car erreichen. Standford Court ist trotz fast vierhundert Zimmer eine Art Boutique-Hotel mit einfachem Restaurant-Service, einem Fitnesszentrum, und vor allem einer exzellenten Lage. Einziger Tipp, man sollte nur Zimmer mit Aussensicht buchen. Das Hotel passt gut für den Schweizer Markt.

Weitere Infos: www.stanfordcourt.com