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Der offene Blick ins Cockpit der Cessna Citation Mustang vermittelt Sicherheit. Alle Bilder: Maurice Gauch

Tested Für 250 Euro im Privatjet

Maurice Gauch

Leerflüge machen eine Luxusreise möglich. Wir haben einen «empty leg» bei GlobeAir für 990 Euro gebucht und sind zu viert gereist. Was das Angebot taugt, wie es funktioniert und für wen es geeignet ist, sagen wir hier.

Die Privatjet-Branche boomt mehr denn je. Die Corona-Pandemie und zuletzt das Chaos an den Flughäfen sorgen für eine stetig wachsende Nachfrage. Wer es sich leisten kann, fliegt im Privatjet.

Es gibt allerdings eine Möglichkeit, im Privatjet zu fliegen und oftmals sogar weniger als ein Airline-Economy-Ticket zu bezahlen. Ein Blick auf das aktuelle Angebot an Leerflügen lohnt sich.

Wer statt zum regulären Linienflugzeug, zum vergleichbaren Preis im Privatjet fliegen möchte, sollte diese Möglichkeit prüfen. Denn verschiedene Charter-Gesellschaften vermarkten ihre Leerflüge zu einem stark reduzierten Preis. Je nach Anbieter variieren Flugzeugtyp, Strecken und Services und somit auch die jeweiligen Preise. Bei GlobeAir gibt es die Leerflüge, auch «empty legs» genannt, bereits ab 990 Euro pro Flug. Bei Vollbesetzung mit vier Passagieren macht das gerade mal 250 Euro pro Person.

Leerflüge reduzieren und die Effizienz steigern

Die Leerflüge werden bei GlobeAir einige Tage vor dem Abflug auf ihrer Webseite aufgeschaltet. Diese können auch per Kalender-Abo für Apple oder Android-Geräte abonniert werden. Im eigenen Kalender werden diese laufend aktualisiert und können über einen Link direkt gebucht werden. Je näher der geplante Abflug kommt, desto günstiger wird der Preis. Auf bis zu 990 Euro runter kommt der Preis meist erst einige Stunden vor geplanter Abflugzeit.

Eine Flugreise im Privatjet ist dank Leerflügen auch bei einem geringen Reisebudget möglich.

Fliegt ein Passagier von Linz nach Zürich und dieser Jet kommt als nächstes in Paris zum Einsatz, so kommt es auf der Strecke von Zürich nach Paris zu einem Leerflug. Das intelligente System von GlobeAir erkennt genau, wo und wann welches Flugzeug steht und wie die Flüge mit den zeitlichen Wünschen der Kunden am sinnvollsten geflogen werden können.

Die Leerflüge möglichst gering und so kurz wie möglich zu halten ist für das österreichische Unternehmen nicht einzig von wirtschaftlichem Interesse, sondern kommt auch der Umwelt zugute. Ausserdem kehren ihre Maschinen, nicht wie in der Luftfahrt üblich, zu einer Basis zurück, sondern verbleiben am zuletzt angesteuerten Flughafen. Dadurch sind ihre Flugzeuge immer etwas verstreut und es kann jeweils auf die nächstgelegene Maschine zurückgegriffen werden. Das System kalkuliert und plant laufend bei Neubuchungen und Änderungen die notwendigen Leerflüge neu, weshalb der definitive Flugplan erst einige Stunden vor den geplanten Starts definitiv ist.

In einer Stunde von Frankfurt Hahn nach Genf

Wir haben uns die Strecken angeschaut und uns für einen Leerflug von Frankfurt Hahn nach Genf in die Schweiz entschieden. Um das Leerflug-Angebot von GlobeAir zu testen, haben wir spontan den Weg nach Frankfurt in Kauf genommen. Die Buchung unterscheidet sich nicht von herkömmlichen Fluggesellschaften und ist online oder über den Kundendienst möglich.

Angekommen am Businessterminal des Flughafens Hahn, werden wir bereits von der zweiköpfigen Cockpit-Crew herzlich begrüsst. Wir sind die einzigen Fluggäste und gehen deshalb ohne Wartschlange durch die Sicherheitskontrolle. Anschliessend geht es mit einem kleinen Bus bis vor unser Flugzeug. GlobeAir wirbt mit 15 Minuten Boarding Zeit, was bei uns mit nur 6 Minuten, um mehr als die Hälfte weniger war.

Vor dem Abflug am Flughafen Hahn, von links: First Officer Matteo Biondi, Travelnews-Tester Maurice Gauch und Flug-Captain Antonio Nigg.

Der rote Teppich ist bereits ausgerollt, die Maschine blitzplank geputzt und das erste Triebwerk bereits gestartet. Der Gedanke daran, gleich in die Cessna einsteigen zu dürfen und das erste Mal in meinem Leben in einem Privatjet mitfliegen zu dürfen, ist überwältigend. Beim Einsteigen ist die Sitzplatzwahl besonders einfach. Denn jeder der vier Ledersitze ist gleichzeitig Fenster- und Gangplatz zugleich. Die Kabine wirkt hell, die Sitze sind breit und bequem und der offene Blick ins Cockpit vermittelt Sicherheit.

Als das zweite Triebwerk gestartet wird, rollen wir bereits auf die Startbahn und erlebten die Kraft des kleinen Cessna Jets. Etwas steiler und lauter als gewöhnliche Linienflüge geht es in die Höhe. Auf der Reisehöhe angekommen, werden wir vom First Officer bedient. Zum Angebot stehen etliche gekühlte alkoholfreie und alkoholische Getränke an Board bereit. Wir entscheiden uns für den Klassiker, ein Gläschen Champagner.

An Bord der Cessna fehlt es an nichts.
Die Teststrecke Frankfurt - Genf.

Dazu bedienen wir uns an der Auswahl an Snacks mit Nüssen, Schokoladenstückchen und Gummibärchen. Es fehlt an nichts und wir geniessen den Flug, welcher uns über Strassburg und Colmar weiter über Basel und dem Berner Seeland führt. Sogar die Stadt Bern können wir auf rund 27'000 Fuss und mit einer Geschwindigkeit von 300 Knoten erblicken.

Am Bieler und Neueburgersee entlang fliegen wir über Lausanne und schliesslich über den Genfersee. Nachdem wir den Jet d`Eau von oben sehen, landen wir bereits in Genf. Am Businessjet-Terminal angekommen, verabschieden wir uns von der Crew und werden vom Bodenpersonal bereits empfangen.

Doch wo ist unser Gepäck? Es wird bereits ausgeladen und zum Terminal Businessterminal transportiert. Bis unser Taxi eintrifft, dürfen wir in einer kleinen, privaten Lounge des Bodenabfertigers warten.

Spontanität, Flexibilität und etwas Glück

Die Leerflüge eignen sich besonders für Personen, welche oft spontan privat oder geschäftlich innerhalb Europas reisen. Wer spontan unterwegs ist, zeitlich flexibel ist und regelmässig die Leerflüge prüft, findet mit etwas Glück die gewünschte Strecke als Leerflug. Leerflüge gibt es lediglich in eine Richtung.

Insbesondere bei spontan gebuchten Flugtickets, welche zwei beliebte Destinationen miteinander verbinden, kann der Preis für ein Last Minute Ticket wenige hundert Franken betragen. Ein kurzfristig gebuchter Leerflug kann daher oftmals preiswerter sein als ein Airline-Economy-Ticket einer üblichen Fluggesellschaft in der Economy Klasse. Dazu geniesst man die Vorteile des Privatjets. Sucht man im Internet nach Privatjet-Leerflügen, erscheinen dutzende Anbieter. Auch Lunajets, welche grössere Flugzeuge als GlobeAir einsetzt und damit weltweite Destinationen anfliegen kann, bietet nach eigenen Angaben Leerflüge mit bis zu 75% Rabatt auf den regulären Preis an. Bei den wenigsten Anbieter werden aber die Strecken und Preise der Leerflüge öffentlich aufgeschaltet, diese müssen zuerst angefragt werden.

Einige Privatjet-Vermittler, sogenannten Broker können ebenfalls Leerflüge ausfindig machen und es können die eigenen Strecken hinterlegt werden. Ergibt sich auf der gewünschen Strecke eine Fluglösung, wird man vom Broker benachrichtigt. Ein regulärer Flug von Genf nach Nizza erhält man bereits ab 4200 Euro.

GlobeAir ist nach unseren Recherchen der einzige europäische Anbieter, welcher die Leerflüge mit Preis öffentlich aufschaltet und diese direkt gebucht werden können.

Die Cessna Citation Mustang ist zum Abflug bereit, der rote Teppich liegt vor.