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Walter Güntensperger, Chairman von Huerzeler Bicycle Holidays, tritt auf Mallorcas Strassen in die Pedalen – neben ihm Tony Rominger, Giro- und dreifacher Vuelta-Sieger, der bei Huerzeler in der Geschäftsleitung die Marketingbelange betreut. Bild: HO

Was macht eigentlich Walter Güntensperger?

Gregor Waser

Viele Jahre prägte er als CEO Hotelplan Suisse. Wo lebt Walter Güntensperger heute? Und wohin führen ihn seine Reisen? travelnews.ch hat ihn befragt.

Herr Güntensperger, Sie waren 13 Jahre lang CEO von Hotelplan Suisse bis 2005. Wo leben Sie heute?

Walter Güntensperger: Mein Lebensmittelpunkt ist nach wie vor die Schweiz, meine Familie und meine Unternehmungen sind hier. Mein Ausstieg bei Hotelplan war nicht das Ende meiner Berufskarriere. Ich hatte mich damals, 2005, selber «befördert» und die Sehnsucht vieler Manager, selbständiger Unternehmer zu werden, in die Tat umgesetzt. Dazu konnte ich auch noch eine meiner grossen Leidenschaften, das Radfahren, mit meiner beruflichen Tätigkeit verbinden. Ich übernahm von Max Hürzeler den Radreiseveranstalter «Huerzeler Bicycle Holidays», schon damals Marktleader für Radsportferien auf Mallorca. Dadurch wurde Mallorca zu meiner zweiten Heimat. Ich bin vor allem während der Radsaison, also im Frühjahr und im Herbst auf der Insel.

Wie sieht Ihr Alltag heute aus?

Ich bin nach wie vor mehr als vollzeitbeschäftigt. In drei Monaten werde ich 65 und kriege AHV, werde aber weiterarbeiten, hoffentlich aber nur noch Teilzeit. Die Nachfolgeregelung ist aufgegleist. Wir sind in der Umsetzungsphase. Da arbeitet man eine Zeit lang eher mehr als weniger. Letzten Sommer habe ich die Funktion des CEO an Urs Weiss übergeben und konzentriere mich auf die Aufgabe als Chairman / VR-Präsident. Das gibt genug zu tun für einen Unternehmer im Pensionsalter. Und ich mache nach wie vor viel Sport; natürlich bin ich regelmässig mit dem Rennrad unterwegs und mache in der Schweiz Mountainbike-Touren, spiele Golf – das Handicap ist verbesserungswürdig –, bewege mich auch sonst viel etwa mit joggen, turnen oder bei der Gartenarbeit. Im Winter bin ich immer noch begeisterter Skifahrer, mit Vorliebe für Tiefschnee und Freeriding. Ich lese auch regelmässig, täglich etwa zwei Stunden.

Wie hat sich Huerzeler Bicycle Holidays entwickelt?

Wir haben die Firmengruppe seit der Übernahme von Huerzeler weiter ausgebaut. Heute begrüssen wir pro Jahr rund 50'000 Gäste in unseren Radsportstationen auf Mallorca, Lanzarote und in Andalusien, sowie auf vielen Radrundreisen weltweit. Das sind gut dreimal soviele wie bei meinem Einstieg 2005. Wir betreiben auf Mallorca unsere Betriebsgesellschaft Bicicletas Mallorca S.L., eine Incomingfirma «Active Direct Services» sowie eigene, spezialisierte Reisebüros in der Schweiz, Active Travel AG, Uster und in Deutschland, Mallorca Aktiv GmbH. Zudem bieten wir mit Alpha Golftours in Zürich auch Golfreisen weltweit an. Insgesamt beschäftigt meine Unternehmensgruppe in der Hochsaison etwas über 200 Personen, in der Schweiz, Deutschland und vor allem in Spanien.

«Ich geniesse den Kontrast zur durchgetakteten Schweiz»

Wie gefällt Ihnen das Leben auf Mallorca?

Immer noch ausgezeichnet. Wir haben eine Wohnung in Strandnähe und nahe von unserem Geschäftszentrum. Ich bin zwar oft auf der Insel, aber selten über längere Zeit. Das heisst, ich fühle mich immer noch als Gast, habe aber dennoch ein grosses Beziehungsnetz, fast wie ein Resident. Der mediterrane Lebensstil gefällt mir sehr gut. Ich geniesse den Kontrast zur durchgetakteten Schweiz. Zumindest als Abwechslung. Die schönsten Radlerstrecken beginnen vor der Haustür und viele Golfplätze sind gleich um die Ecke. Viel Freude machen mir auch die persönlichen Kontakte zu unseren Mitarbeitenden und Gästen in den mittlerweile 13 Radsportstationen auf Mallorca.

Gibt es auch Dinge, die Sie als Schweizer vermissen?

Nein. Wohl weil ich ja nicht dauern da bin. Das Leben in beiden Ländern ist für mich komplementär. So geniesse ich das für mich Beste aus beiden Welten. Ich muss sie nicht vergleichen und werten sondern geniesse die Unterschiede. Aber eigentlich exportieren wir halt schon ein kleines Stück Schweiz auf die Insel. Der Qualitätsanspruch der Swissness ist sehr wichtig für unser Angebot. Das bringen wir immer zur Geltung. Das Schweizer Kreuz ist auf unseren Produkten, zum Beispiel den Velos, Radtrikots und anderen Bekleidungsstücken, aber auch im Logo und in der Werbung stark präsent. Zwei Drittel unserer Gäste kommen aus Deutschland und einige Prozente aus Skandinavien und Grossbritannien. Die schätzen das «Schweizerische» an unserem Angebot noch mehr als die Schweizer. Auch privat, in meiner Wohnung, geniesse ich einen quasi Schweizer Standard: mit Zentralheizung, Isolierfenster und so weiter.

Stehen Sie noch im Kontakt mit Ihren ehemaligen Berufskollegen?

Ja, klar. Ich bin ja nach wie vor Touristikunternehmer und nutze mein über Jahrzehnte aufgebautes Beziehungsnetz. Hotelplan , TUI, Neckermann und andere TOs sind Vertriebspartner für unsere Angebote. Auch bei den Leistungsträgern und Technologie-Partnern bestehen Beziehungen aus früheren Tagen. Da pflege ich auch die Kontakte, wenngleich eher selektiv und nicht sehr intensiv. Aus Hotelplan-Zeiten gibt es den Oldtimer Club. Da versuche ich einmal im Jahr an einer Veranstaltung dabei zu sein. Einige Leute sind mir von Hotelplan in mein eigenes Unternehmen gefolgt und treu geblieben.

«Im September von Seattle nach San Francisco, im Oktober folgt eine Argentinien-Radtour»

Verfolgen Sie das Tourismusgeschehen in der Schweiz noch?

Ja. Ich lese regelmässig die Branchenmedien. Auf Messen und anderen typischen Tourismus-Veranstaltungen sieht man mich allerdings kaum. Ich bin Gründungsmitglied des Garantiefonds und seit Anbeginn im Stiftungsrat und im Finanzausschuss. Da treffe ich regelmässig wichtige Exponenten der Branche. Den üblichen Branchenklatsch vermisse ich allerdings gar nicht. Für einen kleinen, hochspezialisierten Nischenanbieter gelten andere Gesetze als für den Mainstream. Welche Destination wieso gerade boomt oder nicht, interessiert mich eher weniger. Auch nicht wer gerade wo anheuert oder kündigt. Da hatte ich rasch Distanz gewonnen.

Welche Ereignisse während Ihrer Zeit als CEO von Hotelplan Suisse sind Ihnen besonders in Erinnerung geblieben?

Uff. Das sind viel zu viele, um hier ein objektives Bild zu zeichnen. Ich hatte insgesamt eine Superzeit bei Hotelplan. Dafür bin ich dankbar. Während meiner 13-jährigen CEO-Zeit machten wir immer Gewinne und das Filialenetz konnten wir auf über 100 Verkaufsstellen verdoppeln. Wir hatten  HIT und Mytos entwickelt und eingeführt. Auf dieser Grundlage kann man auch heute noch bezüglich Technologie eine gute Figur machen. Der Mc Donald’s Flieger! Hatten wir ja zusammen mit der Crossair gemacht. Die Gründung der Belair. Und auch Negatives, das uns besonders betraf wie Luxor 1997, 9/11 und der Tsunami 2004.

Wohin führen Sie Ihre Reisen heute?

Ich reise praktisch nur noch für Radtouren oder Golfreisen. Dieses Jahr begleite ich zwei dreiwöchige Touren als Rad-Guide: Im September den Highway 101 runter, von Seattle nach San Francisco und im Oktober eine Argentinien-Radtour in der Gegend von Salta/Tucuman, am Fusse der Anden. Reisen per Velo sind für mich die ideale Form des Reisens; man kommt vorwärts, circa 100 Kilometer im Tag, in einem angenehmen und gesunden Reisetempo und ist nahe bei den Menschen, ihrer Kultur und der Natur. Und ganz nebenbei kann man jeden Tag ohne Gewissensbisse landestypische kulinarische Höhenflüge geniessen.