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Werner Steimann: der langjährige Touristiker bei einem seiner seltenen Stopps in Zürich. Bild: TN

Was macht eigentlich Werner Steimann?

Wo führen Sie heute Ihr Leben? Welche Gedanken haben Sie beim Blick zurück auf die Reisebranche, Herr Steimann? Der langjährige Branchenprofi, seit fünf Jahren pensioniert, lebt heute auf Sardinien und im Tirol.

«Ich wohne seit 1997 von April bis November in Sardinien. Dank meiner Lehre von 1963 bis 1966 in einem italienischen Reisebüro in Zürich und den 7 Jahren bei Alitalia sprach ich schon immer sehr gut italienisch und konnte mich daher auch schnell integrieren. Ich wohne in der Nähe von der weltberühmten Costa Smeralda in einem Haus mit 10'000 Quadratmeter Umschwung und habe bis zu meiner Pensionierung für den Sardinien Spezialisten Smeraldo Tours die Ausflüge organisiert und begleitet.

Die Zusammenarbeit mit meinem ehemaligen Arbeitskollegen Gian Carlo Crosina war für beide Seiten eine positive und schöne Zeit. Ich begegnete in diesen 15 Jahren tagtäglich vielen Leuten und lieferte ihnen auch immer wieder die besten Weine und Olivenöle aus Sardinien. Nach meiner Pensionierung 2011 erhielt ich ab und zu Anfragen für Incentives und Gruppenreisen von meinen Bekannten und zusammen mit einer ehemaligen Arbeitskollegin wurden diese Gruppen organisiert und ich durfte sie begleiten. Die Gartenarbeit und die Betreuung meiner Freunde, die bei mir wohnten, füllen mich aus und ich geniesse oft die Zeit mit ehemaligen Kollegen und zeige ihnen die schönsten Teile Sardiniens.

In den letzten Jahren nahm die Zahl der Kreuzfahrtschiffe, die Olbia anlaufen, deutlich zu und ich begleite dann und wann die Ausflüge als Reiseleiter. Die sardische Agentur ruft mich stets kurzfristig an und wann immer ich Zeit habe, freue ich mich auf diese Ausflüge. Ich war schon immer ein begeisterter Radfahrer und dank diesem Hobby und meinen Sprachkenntnissen kam ich in der Vergangenheit auch mit Persönlichkeiten wie Chelsea-Eigner Roman Abramovic oder dem Finanzminister von Qatar und anderen Berühmtheiten zusammen und organisierte für diese Radtouren in der näheren Umgebung.

Da der Aufenthalt in Sardinien Ende Oktober zu Ende ist, verbringe ich den November meistens in Zürich und fahre anfangs Dezember nach Seefeld im schönen Tirol und arbeite ab Mitte Dezember in der Skischule Seefeld. Dank meinen Italienisch- und Französisch-Kenntnissen habe ich meistens Gäste aus diesem Sprachraum. Seit über zehn Jahren mache ich diese Arbeit und viele Gäste wurden zu Freunden. Die Arbeit an der frischen Luft und die tägliche Bewegung halten mich gesund und sind Labsal für Geist und Körper. Seefeld ist nicht nur ein schöner Ort in Tirol, sondern hier wohnt auch meine Frau, die ich auf Sardinien vor 16 Jahren kennengelernt habe und vor drei Jahren heiratete.

«Der Untergang der Marke Kuoni war für mich ein Schock, obwohl diese Firma für das Ende von vielen kleinen Betrieben verantwortlich war»

Dank den heutigen Kommunikationsmöglichkeiten ist es ein Leichtes alle Neuigkeiten und Trends in der Heimat und weltweit zu verfolgen. Da ich über 30 Jahre in Zürich in der Reisebranche tätig war interessiert mich diese Branche immer noch sehr. Der Untergang der Marke Kuoni war für mich ein Schock, obwohl diese Firma für das Ende von vielen kleinen Betrieben verantwortlich war. Die meisten Firmen wie Imholz Reisen, Danzas, etc. gehören der Vergangenheit an und haben grosse Löcher in der Branche hinterlassen. Die heutigen Riesen wie TUI, Hapag Lloyd oder Wagons-Lits beherrschen die ganze Branche und dennoch gibt es kleinere Unternehmen mit grosser Kundenbindung und hervorragenden Fachkenntnissen, die überleben können.

Das Internet hat die ganze Branche verändert, was sicher auch dazu beigetragen hat, dass heute viel mehr Leute sich Reisen leisten können und dass der Tourismus immer noch eine der am schnellsten wachsenden Industrien ist. Die veränderten politischen Verhältnisse werden den Tourismus noch viel mehr beeinflussen und sehr schnell gehts mit einer Destination nach oben und einige Zeit später stürzt sie ab, weil die Politiker nicht auf die Menschen hören.

Meine Zeit bei Alitalia, Hotelplan und später bei CC-Travel war geprägt durch hartes Arbeiten, sehr guten Fachkenntnissen und viel Enthusiasmus. Die beste Zeit des letzten Jahrhunderts hat neue Ideen kreiert und meistens auch zu Erfolg gebracht. Untereinander herrschte ein natürlicher Konkurrenzkampf, aber kein Krieg. Man setzte sich teilweise zusammen, um Strategien zu besprechen und auch um Probleme zu lösen. Natürlich war noch alles Handarbeit und der Fleissige konnte schlussendlich auch die Früchte ernten. Die ganz Grossen von heute haben auch die Unterstützung der Banken und die Kleinen können nur noch als Vermittler agieren und wenn die grossen die Vermittler nicht mehr wollen, werden die Türen zugemacht. Ich bin froh, dass ich nicht mehr im täglichen Wettkampf stehe und geniesse meine Zeit in Harmonie.

In meiner Zeit bei Alitalia und CC-Travel habe ich die ganze Welt mehrmals bereist und dank meinen damaligen Vorgesetzten bei Alitalia war ich an einigen Destinationen wie Malediven, Sumatra, Borneo, Caracas oder Bogota einer der ersten Touristiker. Auch die Zeit mit dem TOC (Travel Oldtimer Club) hat mich zu einigen wunderschönen Destinationen gebracht, die ewig in meinen Erinnerungen sein werden. Heute reise ich mit meiner Frau und unseren Hunden nur noch in Europa, was ich mir immer schon vornahm, wenn ich mal in Pension bin. Meine Frau ist seit einem Jahr ebenfalls in Pension und unser Traum wäre, mit einem Camper durch die Gegend zu ziehen und schöne Erlebnisse zu haben. Wer weiss wann.»

(TN)