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Lisa und Dario auf dem Weg nach Muscat im Oman - die Landschaft und Gastfreundschaft der Einheimischen haben es den beiden besonders angetan. Alle Bilder: Lisa und Dario

«Die grösste Überraschung waren die Menschen, nicht die einzelnen Orte»

Nina Wild

Im Juli 2020 sind Lisa und Dario Ressegatti mit dem Velo in Richtung Asien aufgebrochen. Nach eineinhalb Jahren auf Rädern sind sie noch lange nicht müde - die beiden können es kaum erwarten, schon bald in den Iran aufzubrechen.

Vor rund eineinhalb Jahren sind die beiden Abenteurer Lisa und Dario Ressegatti von der Schweiz in Richtung Asien aufgebrochen. Sie haben aber nicht etwa ein Langstrecken-Flugticket gebucht. Nein, sie sind mit so wenig Gepäck wie möglich mit dem Velo losgestrampelt. Wenige Monate nach dem Aufbruch ins Unbekannte erzählte das Ehepaar auf Travelnews ihre spannenden Eindrücke. Damals stand gerade ein Stopp in Griechenland an auf dem langen Weg in die Türkei. Wir haben uns gefragt: Wie geht es eigentlich den beiden Weltenbummlern?


Lisa und Dario, wo befindet ihr euch gerade?

Lisa und Dario: Aktuell sind wir für sieben Wochen in der Schweiz auf Besuch. Wir planen von hier aus unsere Weiterreise und haben gerade das Visum für den Iran beantragt. Nach über eineinhalb Jahren «on the Road» wollten wir unsere Familie und Freunde sehen und zudem mussten wir auch einen Teil unserer Ausrüstung reparieren und ersetzen. Und natürlich wollten wir auch wieder Mal so richtig guten Käse essen.

Erzählt mal, wie ging eure Reise nach unserem letzten Artikel weiter?

Wir fuhren von Griechenland aus weiter in die Türkei und konnten dort eine Aufenthaltsbewilligung für ein Jahr beantragen. Geblieben sind wir insgesamt acht Monate. Im Juni 2021 öffneten die Landesgrenzen nach Georgien und es gefiel uns dort so gut, dass wir gleich mehrere Monate im Kaukasus verbrachten. Im November flogen wir nach Dubai und fuhren anschliessend weiter in den Oman. Während einem Monat erkundeten wir das Land mit dem Rad und fuhren entlang von Dromedaren, Wüsten und Wadis. Von Muscat aus flogen wir kurz vor Weihnachten zurück in die Schweiz.

«Immer wenn wir mit unseren vollgepackten Rädern vor einem Berg stehen, fragen wir uns schon, was wir hier eigentlich machen.»

Seid ihr noch nicht müde vom ständigen Trampeln?

Immer wenn wir mit unseren vollgepackten Rädern vor einem Berg stehen, fragen wir uns schon, was wir hier eigentlich machen. Doch generell haben wir noch lange nicht genug vom Velofahren und finden es immer noch eine wunderbare Art, die Welt zu erkunden. Wir haben jedoch gemerkt, dass wir zwischendurch längere Pausen benötigen, um das Erlebte zu verarbeiten und natürlich auch, um Reiseberichte zu schreiben und unsere Videos zu schneiden. Dadurch und natürlich auch wegen der Pandemie sind wir viel langsamer unterwegs, als ursprünglich gedacht. Aber genau diese Entschleunigung der Reise ist ein grosses Privileg, da es uns erlaubt, intensiver in die jeweiligen Kulturen und Länder einzutauchen und sich auch Zeit zu nehmen, beispielsweise die Sprache zu lernen oder generell natürlich Kontakte zu knüpfen.

Welches waren weitere Highlights während der Reise?

Wir möchten die bereisten Orte und Länder nicht bewerten und vergleichen, aber natürlich gibt es dann doch ein paar Regionen, die so besonders waren, dass wir sie hervorheben können. Wir verbrachten vier Monate im kleinen Ort Patara in der Südtürkei in einem Apartment und wanderten von dort aus einen Teil vom Lykischen Wanderweg, einem traumhaften Fernwanderweg entlang der Küste. Absolut einmalig für uns war auch Kappadokien, wo wir insgesamt einen Monat verbrachten und die bizarren Felsformationen mit dem Rad, per Heissluftballon und auf Wanderungen erkundeten. Georgien hat uns absolut begeistert mit seiner Vielfalt auf kleinem Raum und natürlich der guten Küche und dem Wein. Auch die dreissig Tage im Oman waren wundervoll mit den schönen kargen Landschaften und den gastfreundlichen Einheimischen. Doch das wirkliche Highlight waren die Begegnungen mit den Menschen und die Möglichkeit zu haben, mehr über ihr Leben zu erfahren.

Gibt es Geheimtipps, die ihr mit unserer Leserschaft gerne teilen möchtet?

Sehr schön fanden wir den Lake Bafa im Westen der Türkei, nördlich von Bodrum. Ein bekanntes Klettergebiet mit einem schönen See mit Sandstränden. Sicher ein toller Ort für Individualreisende und Familien. Ebenfalls beindruckend ist die Region Tuschetien in Georgien. Die grünen Täler Tuschetiens sind nur im Sommerhalbjahr mit dem Rest des Landes durch eine gefährliche Schotterstrasse verbunden, die über einen 2900 Meter hohen Pass führt. Danach kommt man in eine andere Welt mit uralten Traditionen und einer archaischen und wilden Landschaft. Es gibt familiäre Guesthouses und man kann von hier aus ein wunderschönes Mehrtages-Trekking bis nach Shatili unternehmen. Hier fühlt man sich völlig abgeschieden von allem. Von der Szenerie absolut überwältigend war auch Musandam im Oman. Eine malerische Strasse führt von der Grenze der Vereinigten Arabischen Emirate bis nach Khasab, dem Hauptort. Von dort aus kann man Fahrten mit einer Dhow in den Fjord unternehmen, Delfine beobachten, Kajak fahren, im glasklaren Wasser schnorcheln und an einem abgelegenen Strand zelten oder auch auf einer Dhow unter dem Sternenhimmel übernachten.

Welche Orte haben euch besonders überrascht?

Die grösste Überraschung waren die Menschen, nicht die einzelnen Orte. Es war inspirierend zu sehen, wie die Einheimischen vor Ort leben und mit welcher Leidenschaft sie Projekte umsetzen. Beispielsweise im abgelegenen Pankisi Valley in Georgien. Dort lebt eine muslimische Minderheit aus Tschetschenien und es gibt nur wenig Arbeitsmöglichkeiten und Chancen. Die Frauen haben hier eine tragende Rolle in der Entwicklung und eröffneten eine Englischschule für die Jugendlichen und ermöglicht ihnen damit ganz neue Perspektiven, denn viele studieren anschliessend in der Hauptstadt Tbilisi oder im Ausland und kehren mit neuen Ideen in ihre Heimat zurück. Das ist nicht selbstverständlich in einem Tal, das eigentlich sehr konservativ geprägt ist. Wir konnten die Schule besuchen und dort die Lehrerinnen und die Schüler kennenlernen. Solche Begegnungen sind unglaublich inspirierend und machen unsere Reise auch aus.

Was sind aktuell die grössten Herausforderungen für euch bei der Reiseplanung?

Das ist einerseits die Planungsunsicherheit bezüglich der Pandemie mit ständig ändernden Bedingungen und Grenzschliessungen. Oftmals gelten unterschiedliche Bestimmungen für die Einreise per Flug oder über Land. Andererseits sind es neu entstehende Konflikte wie Beispielsweise in Kasachstan oder Myanmar. Zwei Länder, die eigentlich auf unserer Route liegen. Wir müssen daher weiterhin flexibel bleiben und unsere Route stetig anpassen.