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Frank Reutlinger, Geschäftsführer von Kohl & Partner (Schweiz) AG. Bilder: HO

«Als internationales Netzwerk decken wir das ganze Tourismus-Spektrum ab»

Artur K. Vogel

Die Hotel-, Tourismus- und Destinationsberatung Kohl & Partner feiert ihren 40. Geburtstag. Neben dem Hauptsitz im österreichischen Villach ist sie in der ganzen DACH-Region vertreten. Frank Reutlinger führt die Kohl & Partner (Schweiz) AG und erklärt im Travelnews-Interview, wieso er an die Zukunft des Tourismus glaubt.

Herr Reutlinger, seit wann ist Kohl & Partner in der Schweiz, konkret in Zürich und Lausanne, etabliert?

Frank Reutlinger: Wir sind seit zwölf Jahren in Zürich und seit drei Jahren in Lausanne. Von hier aus betreuen wir Projekte im ganzen Land, aber teilweise auch im Ausland. Ich selber bin 2013 eingestiegen und seit vier Jahren alleiniger Besitzer.

Sie sind Inhaber von Kohl & Partner (Schweiz) AG. Heisst das, dass die einzelnen Niederlassungen des Beratungsunternehmens selbständig sind?

Ja, wir sind durch einen Partnervertrag mit Österreich verbunden, und wir sind untereinander stark vernetzt. Ich bin auch an Kohl & Partner Österreich beteiligt. Dreimal im Jahr trifft sich das komplette Netzwerk, um Erfahrungen auszutauschen und Projekte zu analysieren. Die enge Zusammenarbeit wie auch die gemeinsame Umsetzung von Projekten machen dieses internationale Netzwerk einmalig. Alle Standorte nutzen einen gemeinsamen Server, auf dem alle Projekte und Produkte hinterlegt sind, die von allen Beteiligten genutzt werden können.

Gegründet wurde Kohl & Partner 1981 vom Tourismusexperten Manfred Kohl. Inzwischen ist Kohl & Partner in der DACH-Region eines der am längsten existierenden und grössten Consulting-Unternehmen für Hotels, Tourismus und Destinationen.

Worauf führen Sie den Erfolg zurück?

Ein zentraler Punkt ist die Art und Weise, wie wir operieren: Wir suchen einen regionalen Zugang, machen für unsere Kunden jedoch länderübergreifende fachliche Kompetenz nutzbar. Zudem erarbeiten wir gemäss unserer Firmenphilosophie immer Lösungen, die auf die individuellen Bedürfnisse und Ausgangslagen der Kunden zugeschnitten sind. Bei uns kommt nichts aus der Schublade. Zudem begleiten wir unsere Kunden – gleich einem Kompass – beständig und zuverlässig, weshalb sich die Kompassnadel in unserem neuen Firmenlogo wiederfindet.

Was kann Kohl & Partner den Kunden zusätzlich bieten?

Unser Netzwerk besteht momentan aus acht Büros in der DACH-Region und Südtirol sowie einem internationalen Beraterteam von mehr als 40 Expertinnen und Experten, welche das gesamte Tourismus-Spektrum abdecken können. Nehmen Sie als Beispiel aus unserem Team die diplomierte Hôtelière-Restauratrice Karin Breitenstein. Sie verfügt vor allem im MICE-Bereich über breite, internationale Erfahrung auf Kaderstufe. Zudem hat sie sich im Coaching sowie im Training von Teams und Führungskräften weitergebildet.

Bringen viel Expertise mit: Karin Breitenstein und Frank Reutlinger.

Gibt es in den verschiedenen DACH-Ländern Unterschiede im Verhältnis zwischen Kunde und Berater?

In Österreich ist man ihnen gegenüber sehr offen. Es gibt dort noch sehr viele familiengeführte Betriebe, und deren Betreiberinnen und Betreiber haben oft eine sehr enge Bindung zum Unternehmen, dafür manchmal weniger Zeit in Aus- und Weiuterbildung investiert. In der Schweiz ist das Verhältnis zu Beratern eher etwas distanzierter. Wir überzeugen dann Kunden jeweils mit der Frage: Versteht Ihr Eure Tätigkeit als Hobby oder als Spitzensport? Im Spitzensport ist es doch auch üblich, dass man Trainer, Physiotherapeuten und Teamärzte beschäftigt.

Kohl & Partner hat sich zum Jubiläum einen neuen Firmenauftritt samt neuer Webseite gegeben. Weshalb?

Mit unserem vorherigen Auftritt waren wir eigentlich ganz glücklich. Aber über die lange Zeit hat sich Kohl & Partner verändert, und wir verspürten das Bedürfnis, diese Veränderungen gegen aussen zu manifestieren. Der Prozess dauerte rund drei Jahren. Wir haben mit der Agentur Fredmansky in Linz unsere Markenstrategie definiert und den Wert unserer Marke hinterfragt.

«Unser Ziel war schon immer, unsere Partnerinnen und Partner auf Augenhöhe zu beraten.»

Also haben Berater Berater beraten?

Ja, genau. Als Resultat der Erkenntnisse aus diesem Prozess entstand unser Redesign. Unser Ziel war es schon immer, unsere Partnerinnen und Partner auf Augenhöhe zu beraten, mit ihnen zu interagieren statt zu dozieren. Das möchten wir mit dem neuen Firmenauftritt noch stärker verankern.

Kohl & Partner begleitet Destinationen in Sachen strategische Ausrichtung und touristische Weiterentwicklung. Können Sie uns ein konkretes Beispiel aus der Schweiz nennen?

Im Rheinwald im Kanton Graubünden an den San Bernardino- und Splügen-Passtrassen haben wir im Rahmen einer Zukunftswerkstatt strategische Schlüsselprojekte für den Tourismus definiert. Dabei wurden aus sechs Gemeinden insgesamt 80 interessierte Personen zusammengezogen und in Workshops relevante Angebote und Ausrichtungen definiert. In diesem Zusammenhang hat Kohl & Partner einen Prozess für die Herleitung und Definition von Schlüsselprojekten lanciert.

Sie beraten neben Destinationen auch Hotels.

Oft geht beides Hand in Hand. Nehmen wir z.B. den Kanton Appenzell-Innerrhoden, der nur über 45 Beherbergungsbetriebe verfügt. Wir haben die Situation analysiert und Handlungsempfehlungen für einzelne Hotels, für die Destination und für den gesamten Kanton erarbeitet. Daraus entstanden weitere Projekte: Wir begleiten auch heute noch, drei Jahre später, Hotels in ihrer strategischen Ausrichtung, aber auch in der Detailplanung wie etwa dem Neubau von Hotelzimmern. Das zeigt die Bandbreite, die wir abdecken können.

Ein anderes Projekt: Für eine grosse, namhafte ausländische Gruppe haben wir für die eine oder andere Marke in ihrem Portfolio 60 Schweizer Standorte evaluiert, diese dann auf 24, auf 15 und am Schluss auf zehn reduziert.

«Menschen werden immer reisen, entweder aus Notwendigkeit oder weil sie ihren Horizont erweitern und neue Kulturen kennenlernen wollen.»

Wir haben jetzt stets vom Incoming-Geschäft geredet. Haben Sie auch Outgoing-Expertise?

Ja, wir haben vor einiger Zeit zum Beispiel die Giardino-Gruppe bei der Prüfung einer Expansion ins Ausland beraten. Dazu haben wir lokale Partner hinzugezogen.

Sie bieten auch Coaching an. Können Sie ein Beispiel nennen?

Hotellerie Suisse hat als Folge der Corona-Pandemie zusammen mit dem Bundesamt für Wirtschaft Seco ein Coachingprogramm für die Beherbergungsbranche lanciert, um Betrieben zu helfen, sich fit für die Zukunft zu machen. Wir arbeiten in diesem Programm mit und begleiten in diesem Rahmen verschiedene Betriebe. Zudem sind wir in verschiedenen Destinationen, z.B. in Gstaad, auf der Lenzerheide oder am Zürichsee, an der Umsetzung von Projekten beteiligt.

Auf Ihrer Webseite ist von einem Engagement an Universitäten und Fachhochschulen die Rede. Was dürfen wir uns konkret darunter vorstellen?

Einige unserer Berater sind auch als Dozenten tätig, zum Beispiel Karin Breitenstein hier in der Schweiz, die ich bereits erwähnt habe, an der Höheren Fachschule für Touristik IST in Zürich. Zudem begleitet sie Bachelor- und Master-Arbeiten im Schwerpunkt Tourismusentwicklung an der Fachhochschule Graubünden FHGR in Chur. Ein anderes Beispiel: Zusammen mit der Universität Bern haben wir, im Auftrag des Seco, gemeinsam eine Studie über den Strukturwandel bei touristischen Klein- und Familienbetrieben in der Schweiz erarbeitet.

Stichwort Pandemie: Tourismus und Hotellerie stecken in einer tiefen Krise und stehen vor einer unsicheren Zukunft. Kohl & Partner hat trotzdem Expansionspläne. Wie sehen diese aus?

2022 werden wir zusätzliche Repräsentanzen in Mittel- und Norddeutschland eröffnet, welche die bestehenden Standorte in Bayern und Baden-Württemberg ergänzen. Ich selbst bin auf der Suche nach weiteren Senior-Partnern für die Geschäftsfelder Hotellerie und Destination zur Ergänzung unseres Teams. Diese arbeiten selbständig, erbringen aber ihre Dienstleistungen unter der Marke Kohl & Partner.

Was bewegt Sie dazu, trotz schwierigen Zeiten an die Zukunft zu glauben?

Auf diese Frage gibt es zwei Antworten: Erstens gibt es Beherbergung seit jeher. Denken Sie an den Nomaden, der mit seiner Karawane unterwegs ist und in der Nacht ein Lager für sich und seine Tiere braucht. Menschen werden immer reisen, entweder aus Notwendigkeit wie dieser Nomade, oder aber, weil sie ihren Horizont erweitern, neue Kulturen kennenlernen, Verständnis für andere Lebensweisen entwickeln, zu neuen Ufern aufbrechen wollen.

Und zweitens glauben wir daran, dass es für uns als Kohl & Partner sinnvoll ist, weitere Standorte zu eröffnen. Wir haben auch in den Regionen, in die wir expandieren wollen, schon Projekte umgesetzt. Aber gemäss unserer Firmenphilosophie ist es sinnvoll, neben der allgemeinen auch auf lokale Expertise zugreifen zu können.