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Patrick Brenzikofer hat schwierige Zeiten durchlebt, ist nun aber wieder bereit, in der Branche durchzustarten - auch wenn der Zeitpunkt gerade schwierig ist. Bild: zVg

Was macht eigentlich Patrick Brenzikofer?

Der «Berner Bär» prägte während Jahren die Reiseszene mit dem Nordamerika-Spezialisten TRAVEL TO, später mit der ersten Camper- und Motorhome-Website Tourlink und schliesslich als Verantwortlicher für den Verkauf von Charterkapazitäten bei Skywork Airlines. Dann wurde es plötzlich still um ihn. Nun ist der krisenerprobte Unternehmer und Manager wieder zurück.

Herr Brenzikofer, Sie tauchen in der grössten Krise des Tourismus wie Phoenix aus der Asche wieder auf. Ihr früheres Unternehmen TRAVEL TO ging wegen einer Krise, in jenem Fall die Terroranschläge des 9/11, ein. Welche Parallelen sehen Sie zu 9/11?

9/11 war ein einzelnes und geografisch begrenztes Ereignis. Es stoppte mit einem Schlag den Tourismus mit den USA und traf somit das Kerngeschäft von TRAVEL TO mitten ins Herz. Corona hingegen ist eine Pandemie und betrifft somit die ganze Welt. Wie lange und mit welcher Intensität wir mit den Auswirkungen des Virus leben müssen, ist nicht absehbar.

Wahrscheinlich wird es Länder und Regionen geben, die früher bereisbar werden und andere, bei denen es länger dauern wird, bis sie wieder auf der touristischen Weltkarte auftauchen. Daher sehe ich kaum Parallelen zu 9/11. Das Ausmass der Auswirkungen ist ein Vielfaches und deren Dauer unbestimmt. Und es betrifft ausnahmslos weltweit die gesamte Reiseindustrie.

Was passierte eigentlich nach TRAVEL TO?

Wir versuchten unser Know-how und unser Netzwerk an einen breiter abgestützten Reiseveranstalter zu fairen Bedingungen abzugeben. Das Vorhaben liess sich leider nicht realisieren.

Aus meinen Erfahrungen mit Nordamerika erkannte ich dann den wachsenden Bedarf nach einer Anlauf- und Vermittlungsstelle für Camper- und Motorhome-Vermietungen.

Wie sind Sie dabei vorgegangen?

In diesem Bereich fehlten einerseits eine kompetente Beratung und anderseits ein breit abgestütztes Angebot. Als Anlaufstelle schufen wir damals die interaktive Website TOURLINK.ch mit Informationen, Angeboten, Berechnungsinstrument und Kontaktaufnahme. Wir waren zudem fast rund um die Uhr erreichbar, also auch dann, wenn Kunden Ferienpläne schmieden: abends und am Wochenende. Wir deckten die ganze Welt ab.

Warum haben Sie Tourlink dann verkauft?

Ein deutsches Unternehmen begann, aggressiv über Google Adwords zu werben und uns preislich deutlich zu unterbieten. Wir merkten in der Hauptbuchungssaison, November bis März 2012-2013, dass unser Umsatz einbrach. Gerade rechtzeitig gelang es uns, die Firma
an ein führendes Online-Reisebüro zu verkaufen.

«Von einem Tag auf den andern war meine Welt völlig umgekrempelt.»

Wie ging es danach für Sie weiter?

Als eingefleischter Berner suchte ich nach meinen Jahren als Unternehmer und Selbständigerwerbender eine Anstellung in der Region. Skywork Airlines war damals kurz vor ihrem Höhepunkt und suchte einen Manager für den Sales Charter. Die Dornier 328 mit ihren 33 Sitzen, ihrer guten Performance bezüglich Geschwindigkeit und Einsatzeignung auf regionalen Flugplätzen war das ideale Gerät für gehobene Reisen von kleinen und mittelgrossen Gruppen. Ich war sowas wie ein «Alleinunternehmer» für dieses kreative und finanziell attraktive Geschäft.

Mitten im Aufbau schlug das Schicksal dann am 15. August 2015 zu. Von einem Tag auf den andern war meine Welt völlig umgekrempelt.

Sie waren dann längere Zeit weg vom Fenster...

In der Tat. Eine Gehirnblutung setzte mich von einer Minute auf die andere schachmatt. Ich brauchte einige Zeit, um wieder einen normalen Alltag führen zu können. Nun bin ich aber wieder voll da! Motiviert, noch einige Jahre in meinem angestammten und geliebten Berufsumfeld meine Kenntnisse und mein
Können einzusetzen. Ich denke, die Krise verlangt nach abgeklärten, erfahrenen und innovativen Fachleuten.

Sie sind also auch up-to-date?

Meine Frau leitet nach wie vor die Filiale von Schär-Reisen in Ittigen und so bin ich im Bild, was in der Branche läuft. Internet und die Fachmedien halten mich zudem auf dem Laufenden. Und ich freue mich sehr darüber, dass viele alte Kontakte auch nach meinem doch längeren Time-out noch bestehen und mich bei der Neuorientierung unterstützen.

Wohin soll denn die Reise gehen?

In Richtung Beratung, Organisation von Events und aussergewöhnlichen Studienreisen für spezifische Zielgruppen, also eine enge Zusammenarbeit mit und für Menschen. Musik und Kulinarisches sollen dabei nicht zu kurz kommen.

«Der Umgang mit Menschen muss wieder im Mittelpunkt stehen und nicht das Streben nach finanziellem Gewinn.»

Patrick Brenzikofer in seinem Element: An der Gitarre mit seiner Jam-Band. Bild: zVg

Welches waren die Höhepunkte Ihrer bisherigen touristischen Karriere?

Als Jüngling war ich bei der Popularis Tours Leiter des USA-Geschäfts geworden. Als Coop ihre Reisetochter an Kuoni verkaufte, wollten wir – die Kollegen Dominic Lüthi und Daniel Oberer und ich – unser Know-how und das Beziehungsnetz sichern und planten den Aufbau eines neuen Nordamerika-Spezialisten. Ermutigt und unterstützt wurden wir dabei von einem unserer besten Kunden, meinem Mentor René Jenny. Dazu hatten wir einen starken Partner nötig. Mit einer emotionalen Dia-Show, vertont vom und mit dem legendären Roland «Roli» Künzi, gewannen wir sowohl die Herzen der TTS-Chefs wie auch deren Unterstützung. Dieses Engagement wurde dann belohnt mit dem zweimaligen Gewinn des Travel Star Awards für TRAVEL TO als besten NordamerikaTouroperator. Allen Unkenrufen zuwider konnten wir uns gegenüber dem Spezialisten Travac und dem allgegenwärtigen Kuoni mit unserem Angebot bei den Reisebüros als der ideale Partner profilieren. In diese Zeit fiel auch der erfolgreiche Kontakt mit dem Agenten der «Siegfried & Roy at the Mirage», der weissen Löwen-, Tiger- und Illusionisten-Show in Las Vegas, für die wir dann zum exklusiven Ticketagenten für die Schweiz wurden.

Ein weiterer Höhepunkt war die anderthalb Monate dauernde Ecuador-Reise für den Aufbau des TO-Geschäfts für dieses faszinierende Land. Ich fotografierte alle Bilder für den Katalog, den wir sogar inhouse produzierten.

Wenn ich mich richtig erinnere, waren Sie auch Mitglied einer Band?

Seit meinem 14. Lebensjahr liebe ich Musik. Das Gitarrenspielen war mir wichtiger als die schulischen Leistungen. Es gibt meines Wissens kein anderes Instrument, das nur mit sechs Saiten die ganze Gefühlswelt abbilden kann, vom schrillen Urschrei bis zum sanften akustischen Streicheln. Nachdem ich nun vier Jahre lang eine musikalische Pause eingelegt habe, bin ich auch hier wieder zurück. Zu meiner Überraschung eigentlich technisch dort, wie zu jenem Zeitpunkt, als ich gezwungen wurde aufzuhören. Ich spiele zurzeit in einer «Jamband» zum Vergnügen.

Allerdings steht in meiner «Bucketlist» die Kreation einer sinnvollen Kombination von Musik und Reisen. Denn Musik ist für mich die einzige weltweit verstandene Sprache, die ohne Worte Menschen ungeachtet ihrer Herkunft, Hautfarbe und Religion verbindet.

Werfen wir noch einen Blick in die Kristallkugel: Welche Entwicklungen erwarten Sie im Tourismus nach Ende der aktuellen Coronakrise?

Das ist äusserst schwierig zu sagen. Wenn ich lese, dass amerikanische Fluggesellschaften schon gegen Ende Mai wieder in die Schweiz fliegen wollen, halte ich das für unrealistisch.

Überzeugt bin ich, dass das Zwischenmenschliche, also wie wir aufeinander zu- und miteinander umgehen, deutlich gewinnen wird. Der Umgang mit Menschen muss wieder im Mittelpunkt stehen und nicht das Streben nach finanziellem Gewinn.

(JCR)