Vom Elektromonteur in Winterthur zum Reiseanbieter in Alaska

Ruedi Bolt ist in der beschaulichen Gemeinde Flawil SG aufgewachsen, bevor es ihn als junger Erwachsener in die Stadt St. Gallen verschlug. Er absolvierte eine Ausbildung zum Elektromonteur und arbeitete bei verschiedenen Unternehmen wie Formavitrum oder Stadlerrail. Der Liebe wegen, zog der Ostschweizer mit 26 Jahren nach Winterthur zu seiner damaligen Freundin und heutigen Frau Anina Bolt, die sich zu dieser Zeit im Studium befand. Sie beide sind Outdoor-Enthusiasten, sie sehnten sich nach mehr Wildnis und Freiheit.

Eines Tages äusserte Anina Bolt den Wunsch, dass sie gerne einen Teil ihrer Ausbildung in den USA absolvieren möchte. Bislang verbrachte sie die meisten Jahre in der Umgebung Winterthurs. Da sie Doppelbürgerin ist und sowohl den Schweizer, als auch den amerikanischen Pass besitzt hat sie unzählige Möglichkeiten offen. Ruedi Bolt willigte ein, jedoch nur, wenn die Destination nicht wärmer als die Schweiz sei und der Aufenthalt nicht nur für ein oder zwei Jahre sei. Er hatte nämlich den Drang, ein Leben aufzubauen und sich irgendwo niederzulassen, nicht nur für lange Zeit Ferien zu machen.

Die beiden planten eine Rundreise durch verschiedene US-Bundesstaaten wie Kalifornien, Oregon, Washington, Idaho und Utah. Als das Paar zurückkam, die Enttäuschung. «Nach diesem Roadtrip waren wir ziemlich ernüchtert und wussten nur, wo wir nicht hin wollten», so Ruedi Bolt. Die Abenteuerlust war ohnehin noch immer nicht gestillt, also ging es hoch in den Norden nach Alaska. Das Land zog die beiden vom ersten Moment an in seinen Bann.

Mit je zwei Koffern wanderten die beiden im Jahr 2012 schliesslich in die Stadt Anchorage aus, überwältigt vom Glitzern, das an kalten Tagen in der Luft lag. Sie kauften sich ein Auto und konnten nun endlich die unberührte, weite Natur erkunden. Ein langersehnter Traum, der sich erfüllte. Aber Obacht, meint Ruedi Bolt: «Alles ist in Alaska weiter, schwieriger und anstrengender als zuvor gedacht. Ein kleiner Spaziergang kann gleich zum grossen Abenteuer werden, wenn man sich noch nicht auskennt. Langsam, langsam, fanden wir uns hier dann aber sehr gut zurecht und konnten die faszinierende Schönheit Alaskas geniessen, welche sich Besuchern oft nicht gleich offenbart, wenn sie keinen Fuss in die Wildnis zu setzen wagen.» Diese Umstände brachten den Schweizer auf eine Idee: Mit der eigenen Reiseagentur den Menschen die spektakuläre Landschaft Alaskas näherbringen.

Der Entschluss, das eigene Business auf die Beine zu stellen, fiel Ruedi Bolt nicht schwer. Er beschreibt sich selbst als Opportunist, als einer, der die Gelegenheiten beim Schopf packt. «Da die meisten amerikanischen Firmen keine Ferien oder bezahlte Feiertage kennen, bin ich irgendwann zum Schluss gekommen, dass ich mir ein Leben kreieren muss, von dem ich keine Ferien brauche. Die Selbstverantwortung ist attraktiv, birgt aber auch Schwierigkeiten. Dennoch schätze ich es, meines Glücks eigener Schmied zu sein», erklärt Ruedi Bolt.

Das Ergebnis trägt den Namen NorthSoul und mit der Reiseagentur wird eine klare Mission verfolgt: «Be a part of nature». Ruedi Bolt erklärt: «Ich möchte, dass meine Kunden die Verbundenheit mit der Natur und ihrem Ursprung auf ihren Reisen durch Alaska spüren.» So bietet der Schweizer zum Beispiel Kanu-Touren auf wilden Flüssen durch die dichten Wälder an, organisiert Schlittenhundefahrten, bei denen die Gäste ihr eigenes Vierbeiner-Team steuern lernen oder macht Wintercamping-Ausflüge, wo die Reisenden erleben, wie man den Elementen trotzt und wie herrlich sich ein Holzofen im Zelt anfühlt.

Für die Touren ist kein besonderer Fitness-Level notwendig, sie sind bewusst einfach gehalten, um den Bezug zur Natur zu finden. Alternativ organisiert Bolt Minibustouren für vier bis neun Gäste und entführt die Gruppen zu den schönsten Plätzen in Alaska. Die Leidenschaft ein guter Gastgeber zu sein entdeckte er während seiner Anstellung bei einer Wohnmobilvermietung, wo er sich schnell zum Werkstattchef hocharbeitete und dann bald neben der Instandhaltung der Mietautos auch für die Ausgabe der Fahrzeuge an Touristen zuständig war. «Die Arbeit mit den Gästen hat mir unendlich gut gefallen und ich merkte schnell, dass mir Kundenservice sehr liegt und mir die Arbeit mit den Reisenden unglaubliche Freude macht. Diese Zeit in der Wohnmobilvermietung nenne ich meine Lehre im Tourismus», sagt Bolt.

Durch die gute Zusammenarbeit mit den lokalen Guides und Firmen, kann der Schweizer den Kunden vielseitige Programme anbieten. Chinook Tours Switzerland by Lotti Pluess in Steffisburg vertreibt die Reisen bereits an seine Endkunden und andere Reisebüros und Touroperators in der Schweiz und Ruedi Bolt hofft, weitere Partner im süddeutschen Raum für sich gewinnen zu können und den Markteinstieg in Amerika zu schaffen. Er bewirbt seine Produkte vor allem über die Social Media-Plattformen Facebook unter «northsoul» und auf seinem Instagram-Account «northsoul_inc».

Heute lebt die Familie in der Stadt Houston, eine Fahrstunde nördlich von Anchorage. In der Zukunft träumt Ruedi Bolt von einem eigenen Nature Adventure Resort am Meer mit imposanten Bergen im Hintergrund, das grösstenteils mit Selbstversorgung betrieben wird. Von dort aus möchte er Aktivitäten, wie Kanu-, Schlittenhunde-, und Seakajaktouren stationär anbieten. «Die Ruhe der Natur, das ewige Spiel von Ebbe und Flut, die gewaltige Macht der Schneestürme, die Nordlichter in der Winternacht und der Tanz auf den Kufen des Hundeschlittens sollen meine Gäste zu einem ‹I am part of nature›-Bewusstsein bringen. Dies ist mein Traum vom Leben in beruflicher Hinsicht, auch wenn ich zurzeit zwar auf dem Weg dorthin, aber noch weit entfernt davon bin.»

Alle NorthSoul-Tourenangebote können über die Website www.northsoul.com oder direkt per E-mail an info@northsoul.com gebucht werden. Schweizer Reisebüros und Touroperators können sich an Chinook Tours Switzerland by Lotti Pluess, Oberdorfstrasse 8, CH-3612 Steffisburg, wenden unter: www.chinooktours.ch oder 033 438 8086.