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Vom Touristiker zum Käser: Lloyd Zumstein ist jetzt in einem völlig neuen Geschäftsfeld tätig, sieht aber auch Parallelen zum Reisegeschäft. Bild: Monalp AG

Was macht eigentlich Lloyd Zumstein?

Jean-Claude Raemy

Der Basler mit philippinischen Wurzeln hat nach seinem Umzug von Zürich nach Thun eine Firma gegründet und nun im Glarnerland einen Käse produziert. Alles klar? Wir klären auf.

18 Jahre lang war Lloyd Zumstein ein fester Bestandteil der Schweizer Reisebranche. Nach über zehn Jahren bei Hotelplan Suisse, davon sechs bei Hotelplan und vier bei der Business-Travel-Tochter bta First Travel, wechselte er 2011 zu EF Sprachreisen, wo er als Global Business Development Manager über drei Jahre tätig blieb. Nach der Rückkehr zu bta First Travel Mitte 2014 wechselte er im Mai 2017 dann zum Mitbewerber HRG Switzerland, wo er Head of Sales wurde. Diese Position verliess er im Februar 2019.

Und heute? Inzwischen hat sich Lloyd Zumstein selbständig gemacht und ist in einem Feld tätig, mit welchem er selber vor wenigen Monaten wohl selber nicht gerechnet hat. Travelnews hat sich mit dem Jungunternehmer unterhalten.


Herr Zumstein, wir haben mitbekommen, dass sie nach der langen Tourismuskarriere nun in die Milchwirtschaft umgestiegen sind. Wie ist es denn dazu gekommen?

Lloyd Zumstein: Nach meinem Abgang bei HRG war mir klar, dass ich mal etwas Neues ausprobieren wollte. Ich habe zuerst bei einigen Startups mitgewirkt, etwa im Tech-Bereich, jedoch rasch gemerkt, dass mein Herz nicht in diesem Bereich liegt. Was danach folgte, war eher zufällig: Eine Freundin hat im Glarnerland ein Ferienhaus und kennt dort auf der Alp Meeren zwei Landwirte. Diese wollten nicht immer die auf der Alp gewonnene Milch ins Tal tragen müssen, sondern wollten lieber auf der Alp selber käsen, doch dafür braucht es ja auch Infrastruktur. Wir haben uns dann an einen Tisch gesetzt und eine Geschäftsidee entwickelt und sofort umgesetzt. Ich war von der Idee begeistert und konnte zwei eigene Familienmitglieder dazu gewinnen, mit mir eine Firma zu gründen. So entstand die Firma Monalp AG.

Was ist deren Zweck?

Der Zweck ist die Produktion von und der Handel mit Käse. Ich bin Mehrheitsaktionär. Wir verfügen auch bereits über eine Website namens deinalpkaese.ch.

Der erste Käse liegt schon vor. Wie wurde dieser produziert?

Das Problem war wie gesagt das Käsen auf der Alp. Wir haben einen mobilen Container entwickelt, in welchem alles vorhanden ist, was es zum Käsen braucht, etwa Chessi, Salzbad und Kühlzelle. Diesen haben wir per Helikopter auf die Alp geflogen. Die beiden Glarner Landwirte konnten somit direkt auf der Alp Käse herstellen mit der ganzen Milch, welche sie nicht zu anderen Zwecken brauchten und welche sonst nur verfüttert oder gar ausgeschüttet worden wäre. Entstanden ist daraus ein Käse namens «Cheesus», welchen wir nun verkaufen.

Moment mal: Wer bezahlt wofür und wie wird Geld verdient?

Die Miete des Containers ist für die Landwirte kostenlos; diese müssen nur Wasser- und Stromanschluss liefern sowie ein Fundament für den Container erstellen. Die Firma Monalp AG stellt diesen also zur Verfügung und kauft am Ende dem Landwirt auch dessen Käse en gros ab; den Glarner Partnern haben wir 1200 Kilo von total 1700 Kilo produziertem Käse abgekauft. Dadurch hat der Landwirt nicht nur weniger Transportkosten oder ungebrauchte Milch, er hat einen sicheren Abnehmer und erzielt mit dem Käse zudem einen besseren Verkaufspreis als mit der abgelieferten Rohmilch. Die Wertschöpfung wird um rund 20 Prozent erhöht. Darüber hinaus kann er wie gesagt mehr Milch verarbeiten, wofür es dann von Staatsseite zusätzliche Kickbacks gibt.

Monalp wiederum kann somit als Produzent von qualitativ hochwertigen Alpkäse auftreten. Diesen vertreiben wir, natürlich mit Marge auf den Einstandspreis, weiter an Grosshändler, Detaillisten und via unserem Online-Shop auch an Einzelpersonen.

Was heisst qualitativ hochwertig?

Der Cheesus Alpkäse ist nicht AOP-zertifiziert. Die Qualität ist trotzdem hervorragend. Hier sind echte Älpler am Werk, die nur absolut frische Ingredienzen verwenden. Gelagert wird der Käse in einem wunderschönen Sandsteinkeller in Burgdorf, beim K3 Käsehaus, wo dieser von professionellen Affineuren bis zur Reife gepflegt wird.

«Wir sind in einem Nischenmarkt tätig, sehen darin aber grosses Potenzial.»

Ist denn der Schweizer Markt nicht schon mit Käse gesättigt?

Klar, die Schweiz hat schon 450 Sorten Käse und jede Menge Produzenten. Wir bewegen uns aber im Nischenmarkt «Alpkäse», welcher nur etwa drei Prozent der landesweiten Produktion ausmacht. Wir sehen grosses Potenzial, weil die Nachfrage für lokal und bio produzierte Nahrungsmittel wächst und für Qualität gerade in der Schweiz auch gerne etwas bezahlt wird. Darüber hinaus ist unsere Produktionsmethode mit mobilen Containern neu und in der Schweiz bislang konkurrenzlos, wovon wir uns zahlreiche neue Käselieferanten versprechen.

Haben Sie denn schon genügend Produktionsmittel, Lieferanten und Abnehmer?

Das ist natürlich noch alles im Aufbau. Aber zuerst einmal haben wir nebst dem Container-Prototypen, den wir weiterhin verwenden, nun bereits professionellere Container gefunden, welche wir zumieten und welche im Prinzip auch per LKW statt per Helikopter auf eine Alp geschafft werden können. Wir haben nun bereits eine zweite Alp ausgestattet und beginnen nun mit einer Winterproduktion. Auf der Vertriebsseite haben wir mit der Emmi-Tochter Baumann Käse bereits einen Grosshändler als Partner gewinnen können. Unser Käse wird in deren Läden in Olten und Bern seit dieser Woche verkauft. Persönlich bin ich diese Woche bei Käsehandels-Detaillisten im Raum Zürich und Basel sowie in der Westschweiz unterwegs. Ich will persönlich für unsere Produkte einstehen und mir Vertriebspartner erschliessen. Ich fasse auch Restaurant- und Hotelpartner ins Auge. Unser Käse im grossen Käse-Humidor des Chedi Andermatt, das wäre doch was...

Nicht zuletzt verkaufen wir schon aktiv über unseren Online-Shop, dabei bislang natürlich vor allem via Mund-zu-Mund-Propaganda, wobei sich unsere Qualität langsam herumspricht.

Was kann man denn über den Online-Shop kaufen?

Wir bieten unseren Käse in Mengen zu 400 Gramm, einem Kilo oder den ganzen Laib zu fünf Kilo an. Dieser wird vakuumiert und in einer Kartonverpackung mit Heu und Holzbinden drin verkauft und mit einer persönlichen Nachricht von mir versehen. Wir wollen die Sinne ansprechen. Den Heuduft zu riechen, wenn man den Käse zuhause auspackt, führt den Kunden im Kopf direkt auf die Alp. Solche persönliche, emotionalisierte Vertriebsqualität ist wichtig.

Jetzt spricht doch noch der Reiseprofi... sehen Sie denn Parallelen zu Ihrem früheren Job?

Ja, diese gibt es. Wir wollen Emotionen wecken und ein Produkt nicht tel quel, sondern mit Zusatzleistungen gebündelt verkaufen und vertreiben. Aus der Erfahrung im Reisebüro habe ich dies, gepaart mit Verkaufsgeschick, sicher einbringen können. Der tägliche Umgang mit Lieferanten und Partnern ist wichtig, natürlich auch die Liebe zum Produkt. Ich kann nicht behaupten, dass ich ein Käseprofi bin, aber ich habe schon immer das Wandern und die Ferien in den Alpen geliebt, ebenso gute Küche mitsamt Käse. Solche Emotionen muss man im Produktmarketing weitergeben.

Will mit seinem Käse auch Emotionen vermitteln: Lloyd Zumstein. Bild: HO

Bleibt es beim reinen Käse-Verkauf?

Nein, auch da kommt mir die Reisebranchen-Erfahrung besonders aus dem Eventbereich zugute. Wir tüfteln bereits an Pop-Up-Käsereien, «Make your own cheese»-Events im Incentivebereich oder einfach an Teilnahmen an unterschiedlichen Events herum. Wir können uns auch eine Teilnahme an Incoming-Tourismus-Messen vorstellen. Da gibt es viele Ideen im Raum.

Zunächst aber machen Sie alles alleine...

Die Familie unterstützt mich. Aber ja, «Älpler» als Lieferanten finden, die Container-Logistik, der Vertriebs-Aufbau, die Bewirtschaftung des Online-Shops mit dem aufwändigen Versand unseres Käses - das obliegt momentan alles mir. Aber wenn es läuft, wie ich es mir vorstelle, bin ich bald nicht mehr allein. Bisher kommt unser Produkt gut an.

Sie sind Basler, haben lange in Zürich gelebt und gearbeitet, wohnen jetzt in Thun, kommen ursprünglich aus den Philippinen, produzieren Käse im Glarnerland und bald in den ganzen Alpen. Sowas kann man nicht erfinden...

Das hat sich eben so ergeben, da gibt es manchmal schon auch Fragen dazu. Übrigens wohne ich bald in Bern. Ich komme halt etwas herum, auch da scheint der Reiseprofi etwas hindurch. Und natürlich hoffe ich, bald auch wieder «Outgoing» tätig zu sein, also meinen Käse exportieren zu können. Ein eigener Käseladen in Manila, das wäre doch auch was...