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Zurück am alten Airport Atatürk nach dem ungewollten Abstecher zum New Istanbul Airport: Sonja Hüsler (links) mit drei Mitreisenden. Bilder: SHÜ

Einwurf Meine Odyssee in Istanbul

Sonja Hüsler

Der New International Airport in Istanbul wird erst am 8. April eröffnet, trotzdem wird Reisejournalistin Sonja Hüsler von Turkish Airlines für ihren Weiterflug nach Zürich dorthin gebracht.

Sechs Wochen bin ich durch Nepal gereist, schlug mich ohne Nepali-Sprachkenntnisse durch Bergdörfer, fand in einer der chaotischsten Städte Asiens, Kathmandu, immer den richtigen Quartierbus und wurde von den freundlichsten Taxifahrern der Welt regelmässig an den richtigen Ort gefahren, obwohl sie selten mehr als zehn Wörter Englisch sprachen.

Doch auf meiner Rückreise in die Schweiz stand die Welt für mich in Istanbul plötzlich Kopf. Mit einem Fuss im durchorganisierten Europa lief von einem Augenblick auf den anderen alles schief: der Anschlussflug der Turkish Airlines nach Zürich wartet unser Flugzeug aus Kathmandu nicht ab, weil TK 727 mehr als zwei Stunden Verspätung hat, das kann passieren, easy.

Als Business Class Passagierin werde ich nach der Landung flugs und freundlich ins nahe Renaissance Hotel chauffiert und in ein untertemperiertes Gartenzimmer einquartiert. Easy, denke ich mir auch dann noch: Hauptsache ich habe für ein paar wenige Stunden ein Bett zum Schlafen, um 5 Uhr geht es ja wieder zum Flughafen.

Pünktlich stehen wir am nächsten Morgen zu viert parat, der freundliche Chauffeur hat den Wagen auf 25 Grad hochgeheizt, dankbar wärmen wir uns im Minibus auf und lassen die grossstädtische Kulisse an uns vorbeiziehen. Nach etwa fünfundzwanzig Minuten räuspert sich einer meiner Business-Class-Mitreisenden «ähhh, hat die Fahrt gestern auch so lange gedauert?» Hmmm, nein, nicht wirklich...auch war die Autobahn nicht von Bäumen und Wiesen gesäumt. «Sie, da stimmt etwas nicht, wo fahren Sie hin?» «Airport, new, new, new!» Wie bitte, wir fliegen vom neuen Istanbul Airport Richtung Zürich ab? Der neue Flughafen fertigt doch erst in ein paar Tagen internationale Flüge ab. Diese Info ist sogar zu mir nach Nepal durchgedrungen. Meine kurze Internetrecherche misslingt jedoch, mein Händy kann sich nicht ins Netz einloggen.

Keine Menschenseele ist auszumachen ausser Heerscharen von Putzleuten.

«Halten Sie an, kehren Sie um, unser Boarding ist um 6.20 Uhr. Bitte!» «No», so die strikte Order unseres Chauffeurs. Die Kommunikation mit ihm ist schwierig, trotzdem macht er einen Telefonanruf, mit wem er sprach, ist mir bis jetzt ein Rätsel, denn er sagt danach noch bestimmter als zuvor: «New Airport, yes, yes.»

Weitere fünfundzwanzig Minuten später kommen wir – kurz vor 6 Uhr – am neuen Flughafen in Istanbul an. Dort setzt uns der Chauffeur schnell ab und braust davon, bevor wir reagieren können: Keine Menschenseele ist auszumachen ausser Heerscharen von Putzleuten (der Boden ist noch ziemlich dreckig), Flughafenangestellten und Sicherheitspersonal. Aber Passagiere? Fehlanzeige. Auch sind alle Türen im grell beleuchteten Airport des internationalen Teils verschlossen. Taxis? Fehlanzeige. Jemanden den wir um Hilfe bitten könnten? Fehlanzeige.

Der armen Putzfee, die aus dem Nichts auftaucht, folge ich penetrant, rede ohne Punkt und Komma auf sie ein, bis sie sich unserem Vierergrüppli erbarmt und uns in den Domestic-Airport-Teil führt, wo schon seit Längerem Inlandflüge abgefertigt werden. So auch heute: ganze sechs werden auf dem Screen angezeigt.

Doch im Domestic-Airport fühlt man sich nicht für uns verantwortlich. Jetzt finde ich gar nichts mehr easy. Her mit dem Supervisor weise ich die Mitarbeiter des Info-Schalters bestimmt an. Der sei noch nicht da..... Wie bitte? Daliali, ruft ihn an, holt ihn aus dem Bett. Meine Innerschweizer Direktheit wirkt, der Mann vom Info-Schalter organisiert innerhalb von fünfzehn Minuten den Supervisor, kurz danach kümmert sich eine freundliche Mitarbeiterin der Turkish Airlines um uns.

Ihre Hilfsbereitschaft wirkt beruhigend, obwohl sie zuerst meint, wir müssten ein neues Ticket kaufen. Hallo, wie bitte? Wer hat uns an den falschen Flughafen gefahren? Der Ground Service der Turkish Airlines. Ich grinse nur noch: Das Erlebnis ist so schräg, es ist schon fast wieder lustig. Um 9 Uhr sind wir zurück am Atatürk-Flughafen, dreissig Minuten später werden uns neue Flugtickets für den 11.50 Uhr nach Zürich ausgehändigt. Kostenlos.

Wäre ich Economy geflogen, würde ich jetzt schon längst am Gepäckband in Zürich auf meinen Rucksack warten – denn die Eco-Passagiere wurden im Bus von ihrem Hotel an den richtigen Flughafen gebracht. Für einmal hat es sich nicht gelohnt, Business Class zu buchen. Easy, denke ich, wer hat schon den neuen Istanbul Airport so kurz vor der Eröffnung von innen gesehen? Kaum jemand. Ich grinse: mit diesem Erlebnis werde ich zu Hause für Lacher sorgen können. Tja, wenn einer eine Reise tut...

Auf Flug TK 1913 nach Zürich händigt mir die Flight Attendant noch vor dem Start stolz eine Informationsbroschüre über den neuen Istanbuler Flughafen aus. «Er wird in vier Tagen eröffnet», lässt sie mich wissen «nächstes Mal werden Sie von dort abfliegen.» Wirklich?