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Sarah Stücker mit ihrem Partner Gebhard Zuern in der selbst gewählten neuen Heimat Yukon: Das kanadische Hotelierleben macht den beiden auch nach neun Jahren weiterhin viel Spass. Bilder: zVg

Was macht eigentlich... Sarah Stücker?

Vor neun Jahren zog die frühere Skytours-Produktmanagerin mit ihrem Partner in den Yukon, um eine Lodge zu betreiben. Kürzlich haben die beiden zudem das Management einer weiteren Lodge in der Nähe übernommen. Wir haben uns mit ihr über das «Abenteuer Kanada» unterhalten.

Sarah Stücker, Sie sind inzwischen seit neun Jahren in der Wildnis des Yukon im Westen Kanadas zuhause. Wie kam es überhaupt dazu?

Zusammen mit meinem Lebenspartner Gebhard Zuern waren wir damals auf der Suche nach einem spannenden beruflichen Projekt, welches wir zusammen aufbauen könnten. Dank guten Kontakten in meinem Job haben wir die Tagish Wilderness Lodge gefunden, diese übernehmen können und letztlich auch den «Immigration Process» gut über die Bühne gebracht. Gebhard konnte für den Betrieb der Lodge seine Erfahrungen als Hotelier und Inbound-Touroperator in Asien einbringen, ich meine Erfahrungen und Kontakte aus der Schweizer «Kanada-Clique».

Was haben Sie denn konkret vor diesem grossen Schritt ins Ausland gemacht?

Zunächst habe ich eine Ausbildung an der HFT Luzern absolviert. Dann stieg ich bei Eurotrek ins Touroperating/Marketing ein; es folgten einige weitere kurze Berufsstationen. Vor dem Sprung nach Kanada war ich fast drei Jahre lang als Product Manager Kanada/Alaska bei Skytours tätig, welche ja heute in Travelhouse/Hotelplan aufgegangen ist. Das war damals mein Traumjob.

Sie suchten dennoch eine neue Herausforderung in einer relativ kleinen Lodge irgendwo in der kanadischen Natur. Was waren die Hürden im neuen Alltag als «Hotelier» im Yukon?

Die Bürokratie ist tatsächlich schlimmer – oder schlechter organisiert – als in der Schweiz. Arbeitskräfte sind sehr schwer zu finden, selbst für sogenannte «entry level jobs». Die Arbeits-Ethik und die Mentalität ist anders, es existiert wenig Betriebs-Loyalität.

Das Klima trägt das seine an Herausforderungen bei. Bei Minus 35 Grad im Winter stösst jede Infrastruktur an ihre Grenzen - vor allem, wenn man weder am öffentlichen Strom- noch Wassernetz angeschlossen ist. Es reicht ein kurzes Stück gefrorener Leitung, um den ganzen Betrieb lahmzulegen. Aber daran gewöhnt man sich und es ist rückblickend sehr interessant zu sehen, welche Arbeiten und Vorkehrungen man nun automatisch erledigt, während wir vor einigen Jahren noch damit gekämpft und eben auch Fehler gemacht haben.

«Der Markt hat sich in den letzten drei Jahren merklich geändert»

Es gibt aber auch Herausforderungen in punkto Vermarktung. Die Tagish Wilderness Lodge hat relativ wenige Zimmer. Wie geht so etwas finanziell auf?

Wir haben ein exklusives Produkt im höheren Preissegment. In der grandiosen Natur des Yukon bieten wir darüber hinaus einzigartige, private Ausflüge an. Mit diesen haben wir so manchen Lebenstraum unserer Kunden erfüllen können.

Der Markt hat sich allerdings verändert in den letzten drei Jahren. Der Yukon wird einem breiteren Publikum zugänglich gemacht, welches mehr preissensitiv ist. Der «Trend-Traveller» hat offensichtlich andere Destinationen gefunden, welche jetzt «in» sind. Diese Entwicklungen haben die Lukrativität des Betriebs gemindert. Wir haben einsehen müssen, dass unser Angebot nicht mehr in derselben Weise anspricht wie noch vor drei oder vier Jahren. Auch die Logistik machte uns immer mehr zu schaffen, das Klima verändert sich mehr und mehr ins Unbekannte.

Die Tagish Wilderness Lodge wird nicht mehr für FITs angeboten?

Nicht mehr im selben Rahmen wie bisher. Die Lodge ist nach wie vor im Sommer für exklusive Kleingruppen wochenweise buchbar, oder für monatliche Privatmieten für «Sabbatticals». Natürlich ist die Miete immer inklusive einer vollumfänglichen Instruktion zum Betrieb.

Im Winter betreiben wir überdies eine kurze Saison mit fixen Paketen, die wir auch für FITs anbieten. Die Logistik ist im Winter einfacher - kein Witz!

Aber Sie haben sich auch nach einem etwas «sichereren» Projekt umgeschaut.

Das ist so. Wir betreiben nun auch das Southern Lakes Resort, welches ebenfalls am Tagish Lake, ganz in der Nähe unserer Lodge, liegt.

Wie kamen Sie denn dazu?

Wir kannten beide das «Tagish Lake Adventure Resort» bereits flüchtig aus unserer kurzen Zeit bei Imholz. Auf unserem Weg von der Lodge nach Tagish, jeweils mit dem Boot, fuhren wir in den letzten Jahren fast täglich daran vorbei. Das Grundstück war einige Jahre zum Verkauf ausgeschrieben, aber für uns finanziell ausser Reichweite. Ein guter Freund hat uns dann aber schliesslich mit der Investorengruppe bekannt gemacht, welche kürzlich das Resort kaufte.

Wir waren von Tag 1 an mit dabei, haben Renovation, Markteintritt und später Expansion mitgestaltet und durchgeführt und bestreiten nun den operativen Alltag im Resort zusammen mit einem kleinen, aber sehr motivierten Team.

«Wenn es mal läuft, dann kann es fast jeder managen, aber der Aufbau ist die Knochenarbeit.»

Sie sind in diesem Fall also nicht Eigentümer.

Nein, wir sind Projekt-Manager. Wir haben eine Management-Firma namens Timberwolf Management Ltd. gegründet, welche sich solcher Projekte wie im Southern Lakes Resort oder anderer, kleinerer Startups annimmt. Unsere Spezialität sind Betriebe wie dieser, also von überschaubarer Grösse und die entweder einen Relaunch brauchen oder neu eingeführt werden.

Uns macht die Zeit vor, während und kurz nach der Eröffnung am meisten Spass. Es gibt unendlich viel zu organisieren, zu besorgen, Prozesse fest zu legen oder Angestellte zu trainieren, damit wir mit dem vor uns liegenden Produkt den Ansprüchen unserer Kunden - vor allem aber auch unserer eigenen Vision - gerecht werden. Wir sind am meisten interessiert am Projekt, am «wie und was» und der erfolgreichen Markt-Einführung. Wenn es mal läuft, dann kann es fast jeder managen, aber der Aufbau ist die Knochenarbeit. Diese macht sich dann bezahlt, wenn man Gäste mit strahlenden Gesichtern verabschiedet und man sieht, dass die Dienstleistungskette funktioniert.

Was ist speziell am Southern Lakes Resort?

Von der auch hier reizvollen Lage und der etwas grösseren und doch modernen Infrastruktur wollen hier mehr Einheimische profitieren. Das Resort ist ein beliebtes Ausflugsziel für die «Locals» geworden. Wir haben der «community» eine Bereicherung geben können: Wir beschäftigen Leute aus der Umgebung, trainieren junge Schulabgänger und arbeiten mit externen Kleinunternehmen zusammen für Transport und Ausflüge. Wir sind zwar 1,5 Fahrstunden vom regionalen Zentrum Whitehorse entfernt, doch die Leute kommen am Samstagabend bei uns vorbei zum Schnitzel essen oder verbringen gar ein Wochenende mit der Familie in einer unserer Cabins.

Schön zu hören, dass es gut läuft. War die Idee aber nicht mal, ein zeitlich begrenztes Abenteuer im Yukon zu durchleben? So wie es aussieht, seid ihr ja jetzt auf langfristige Tätigkeit im Yukon eingestellt.

Um ein Projekt richtig zu machen, muss man schon einige Jahre investieren. Das Southern Lakes Resort ist sehr schnell gewachsen und läuft besser, als wir uns das alle erhofft hatten. Was wiederum heisst, dass die Prozesse laufend angepasst werden müssen, um dem schnell gestiegenen Volumen gerecht zu werden. Das ist nun unsere Aufgabe in der nächsten Zeit. Wir bleiben so lange da, bis es sauber läuft, wie es uns gefällt und wie uns die Aufgabe genügend herausfordert. Und seien wir mal ehrlich: Der Yukon ist «not too shabby a place to live»!

Ihr seid aber beide auch grosse Asien-Fans und verbringt viel freie Zeit dort – ist eine Zukunft in Asien auch denkbar?

Wir sind offen für Vieles.

Die Logistik ist kompliziert, das Klima manchmal erbarmungslos - aber dafür erleben die beiden im Yukon auch fantastische Natur und manchmal Nordlichter. Bild: Sarah Stücker

(JCR)