Tourismuswelt

Das Risiko reist immer mit

Ein Sturz vom Kamel, ein Ägypten-Reisender mit Afrika-Phobie oder ein Helikopter-Flug auf eigene Faust: Wir haben bei einem Experten nachgefragt, in welchen dieser Fälle die Reiseversicherung die Kosten übernommen hat.

Wer heutzutage eine Reise tut, ist versicherungstechnisch oft für alle Eventualitäten gewappnet. Rund 50 Prozent der Schweizer Reisenden verfügen mittlerweile über eine Jahresversicherung und etwa 30 Prozent schliessen eine kurzfristige Versicherung ab. Nur rund 20 Prozent verreisen also „versicherungslos“. In welchen Fällen kommt eine „Assistance“ aber wirklich zum Tragen? Wann wird man ins Heimatland „repatriiert“ und wann greift die Annullierungskostenversicherung? Ich habe beim Reise-Versicherungsexperten Andy Keller von der Allianz Global Assistance nachgefragt, ob er konkrete Beispiele nennen kann.

Annullierungskosten

Beispiel 1: Ein Kunde hat einen Flug ab München nach Japan gebucht. Leider wurde der Zug nach München ohne optische bzw. akustische Meldung nur bis Zürich eingesetzt. In Zürich angekommen stellt er fest, dass er weder mit dem nächsten Zug, noch mit dem Taxi, den Flug ab München rechtzeitig erreichen wird. Der Kunde, selber Heli-Pilot, kontaktiert einen Kollegen, der ihm prompt einen Helikopter-Flug nach München organisiert. Die Kosten werden durch die Annullierungskostenversicherung gedeckt, da die Gesamtannullierung teurer gekommen wäre als der Helikopter-Flug nach München.

Beispiel 2: Ein Kunde bucht im Internet kurzfristig eine Aktions-Pauschalreise nach Hurghada (Ägypten). Zwei Tage vor Abflug macht ihn ein Kollege darauf aufmerksam, dass Hurghada in Afrika liegt. Am nächsten Tag ruft der Kunde an und will seine Reise annullieren, denn zu den Afrikanern wolle er ganz sicher nicht. Der Kunde verfügt zwar über eine Jahresversicherung der Allianz Global-Assistance, das „Ereignis“ wird von dieser aber natürlich nicht gedeckt. Da er die Reise schon bezahlt hat, verreist der Kunde trotzdem – ob es ihm trotzdem gefallen hat, ist nicht bekannt.

Assistance

Beispiel 1: Eine Kundin stürzt in der Mongolei bei einer Kameltour vom Kamel und zieht sich dabei massivste Rückenverletzungen zu. Die Überführung per Helikopter nach Ulan Bator gestaltet sich äusserst kompliziert – die Kosten belaufen sich auf 42‘000 Franken. Anschliessend ein betreuter Spezialtransport per Flugzeug zurück in die Schweiz. Es entstehen Gesamtkosten von 220‘000 Franken.

Beispiel 2: Ein 65-jähriger Kunde wird in Tansania während einer Fahrradtour von einer Biene gestochen und fällt vom Rad. Die Folge: Ein Beckenbruch. Da er in Tansania nicht adäquat versorgt werden kann, wird er mit einem Ambulanzflugzeug nach Nairobi überführt. Nach neun Tagen Spitalaufenthalt erfolgt der Rückflug in die Schweiz (in der Business-Klasse). Kostentotal: 17‘000 Franken.

Private Medical

Beispiel: Was die Heilungskosten angeht, gelten die USA als Hochpreisinsel. Zu Recht, wie das Beispiel eines Schweizers zeigt. Er musste hospitalisiert werden und die Kosten beliefen sich auf 16’000 US-Dollar pro Tag im Spital. Die Schweizer Krankenkasse muss aber nur für den doppelten Ansatz aufkommen, der in der Schweiz vergütet worden wäre – in diesem Fall 3300 Franken. Da der Mann eine Jahresversicherung bei der Allianz Global Assistance (AGA) abgeschlossen hatte, musste er die Differenz nicht aus der eigenen Tasche bezahlen. Die AGA übernimmt die nicht durch die Krankenkasse gedeckten Kosten bis zu einer Höhe von 1 Million Franken.

Andy Keller hat generell festgestellt, dass sich viele Reisende nicht mehr seriös auf ihre Reise vorbereiten und der Preis zu oft im Vordergrund steht. Zu beobachten sei auch, dass heute bis ins hohe Alter gereist wird und man sich dabei oft selber überschätzt. Der Reiseversicherungsexperte empfiehlt in jedem Fall den Abschluss einer Reiseversicherung, um finanziell hochstehende Risiken abzudecken. Wenn man schon über eine Versicherung verfügt oder bereit ist, sich diesem finanziellen Risiko auszusetzen, dann könne man auf den Abschluss verzichten.

"Viele Reisende bereiten sich nicht mehr seriös auf ihre Reise vor. Zu oft steht der Preis im Vordergrund."

(TN)