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Peter Verhoeven, EMEA-Chef bei Booking.com, äussert sich zur Philosophie und den anstehenden Plänen des Buchungsportals. Bild: Booking.com

«In den Kundenbewertungen steckt ein riesiges Potenzial»

Nur das Hotelzimmer zu buchen, genügt nicht mehr. Wie Booking.com mit seinen Kunden ins Gespräch kommen und mehr aus den Kundenbewertungen machen will, erklärt Peter Verhoeven, Managing Director für Europa, den Mittleren Osten und Afrika.

Herr Verhoeven, in der Schweiz regt sich Widerstand. Der Ständerat hiess einen Vorstoss gut, der die Macht von Booking.com einschränken will. Sind Sie enttäuscht?

Peter Verhoeven: Wir verfolgen die Debatte sehr aufmerksam. Wir sind überzeugt, dass unser Geschäftsmodell, das von mehr als 25 Kartellbehörden weltweit akzeptiert wurde, ein faires ist. Wir verlangen lediglich, dass online für das gleiche Zimmer der gleiche Preis gilt wie auf den eigenen Websites der Eigentümer. Beim Rest haben die Hotels freie Hand; darunter fallen auch Geschäfts- und Gruppenreisen. Lediglich wenn es um die eigenen Websites der Eigentümer geht, verlangen wir dieselben Tarife.

Trotzdem: Weshalb ist es ein faires Angebot?

Wir sind stets darum bemüht, dass möglichst viele Kunden auf unsere Seite kommen und letztlich die Angebote der Hotels, Herbergen und Ferienwohnungsbesitzer anschauen. Wir tragen also die Marketingkosten. Unsere Webseite macht Reisen transparenter. Ein Kunde muss sich nicht mehr mühsam durch alle möglichen Webseiten klicken, um einen Überblick zu erhalten. Den bieten wir ihm. Deshalb verfügen wir auf unseren Seiten über so viel Traffic. Es gibt also gute unternehmerische Gründe, mit uns zusammenzuarbeiten.

Die Diskussion läuft. Stehen Sie im Gespräch mit eidgenössischen Parlamentariern?

Wir betreiben kein aggressives Lobbying. Wenn wir angefragt werden, stellen wir Politikern gerne unser Geschäftsmodell vor. Das haben wir in der Vergangenheit wiederholt getan.

Was ist, wenn das Parlament in der Schweiz nun eine Gesetzesverschärfung beschliesst und damit den Handlungsspielraum von Booking.com einschränkt?

Dann akzeptieren wir das.

Wenden wir uns einem ganz anderen Thema zu: Eine aktuelle Studie der Hochschule für Wirtschaft und Tourismus Wallis zeigt, dass der Anteil der Buchungen über Online-Buchungsplattformen wie die Ihrige im vergangenen Jahr in der Schweiz stark gestiegen ist. Ist dies ein globaler Trend?

Ein Drittel aller Buchungen bei uns erfolgen heute über das Handy, und die Tendenz ist steigend. Zwei Tage vor der Abreise beträgt der Anteil bereits 50 Prozent. Mobile wird ein immer wichtigerer Markt. Aber dies ist auch eine Herausforderung.

Inwiefern?

Unsere Kunden wollen ein einfaches System. Das können wir ihnen auch bieten. Dies ist eines unserer Erfolgsrezepte. Nicht umsonst verzeichnen wir heute 1,2 Millionen Buchungen pro Tag. Doch dahinter steckt sehr viel Arbeit, das kann ich ihnen versichern. Ein Team von mehr als 13'000 Personen arbeitet heute für uns, damit das Buchen bei uns immer einfacher wird und wir Schritt halten mit der technischen Entwicklung. Die Systeme verändern sich heute unglaublich schnell.

Wohin geht die Entwicklung?

Ganz klar Richtung Mobile. Doch das allein genügt uns nicht.

Das heisst?

Wir stellen fest, Kunden wollen mehr als nur ihr Hotelzimmer bei uns buchen. Sie möchten die Möglichkeit haben, Fragen zu stellen, sich an den Besitzer der Ferienwohnung wenden zu können. Aus diesem Grund prüfen wir die Einrichtung eines Chats. Die Kunden sollen in ihrer Muttersprache ihr Anliegen und ihre Fragen stellen können und diese werden dann automatisch übersetzt. Ein Beispiel: Ein Chinese kann in Mandarin seine Anfrage stellen und der Ferienhausbesitzer in der Schweiz erhält die Übersetzung, kann in seiner Sprache eine Antwort schicken und der Chinese erhält automatisch eine Übersetzung in Mandarin. Das klingt jetzt simpel, doch dahinter steckt ein riesiges Potenzial. Was wir als weiteren Trend erachten: Ich bin im Ausland im Hotel und möchte in der Stadt etwas unternehmen. Bei uns findet er nicht nur die entsprechenden Angebote, sondern kann gleich auch noch die dafür notwendigen Tickets buchen. Das kann ein Museums- oder Konzertbesuch, eine Kanalfahrt oder viel mehr sein.

 «Wir prüfen die Einrichtung eines Chats. Kunden sollen in ihrer Muttersprache Fragen stellen können»

Wann soll dies eingeführt werden?

Wir bieten das Angebot versuchsweise für einige Personen in London, Paris, Amsterdam, Rom und Dubai an.

Wie ist das Echo?

Die Leute lieben das!

Dann rollen Sie es bald flächendeckend aus?

Das ist gar nicht so einfach. Zudem entspricht dies nicht unserer Philosophie. Ich werde immer wieder gefragt: Was ist das nächst grosse Ding von Booking.com? Wir funktionieren nicht so. Wir verfolgen einen Weg der kleinen Schritte und sind dauernd am Testen.

Wie viel?

Wir machen jeden Tag rund 1000 Experimente, um unser Angebot zu verbessern.

Was testen Sie denn sonst noch?

Wir möchten unseren Kunden noch besser auf sie abgestimmte Angebote unterbreiten. Wir versuchen dabei auch sehr stark auf die Bewertungen unserer Kunden zu setzen. Denn in diesen Bewertungen steckt ein riesiges Potenzial und sie geniessen bei den Kunden eine wichtige Rolle in der Entscheidungsfindung.

(dieses Interview erschien zuerst in der «Zentralschweiz am Sonntag»)

(DWB)