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Seit November 2016 leitet er Phocuswright: Simon Lehmann zu Besuch im Zürcher Supertanker bei der Travelnews AG, wo er im Advisory Board sitzt. Bild: TN

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Gregor Waser

Seit vier Monaten leitet Simon Lehmann die Geschicke von Phocuswright, der Research- und Konferenz-Plattform. Sein Job: mit Phocuswright in Europa, Asien und Lateinamerika zu expandieren.

An Elan hat es dem Chef von Interhome (2006 – 2013) und Biketec (2014 – 2016) nie gefehlt. Doch so engagiert und visionär wie derzeit hat man den bald 47-Jährigen noch kaum je erlebt. Er ist dort angelangt, wo seine Passion liegt: bei der Digitalisierung der Reiseindustrie, auf die sich Phocuswright, die US-amerikanische Plattform, konzentriert.

2006 besuchte Lehmann erstmals die Phocuswright-Konferenz, gut zehn Jahre später ist er deren Präsident. «Ich war daran stets sehr interessiert, was bei der Digitalisierung der Reiseindustrie passiert und was auf uns zukommt. Die gewonnenen Erkenntnisse versuchte ich damals bei Hotelplan und Interhome einzubringen», blickt er auf jene Zeit zurück.

Er sei vor zehn Jahren einer der wenigen Europäer gewesen, die bei Phocuswright aktiv präsent waren, an den Konferenzen teilnahmen, bald auch als Redner und Studien-Auftraggeber (mit Interhome). An den VIP-Dinners, an die ihn Phocuswright-Gründer Philip Wolf bald einmal einlud, lernte er etwa Geoff Boyd von Priceline/Booking.com oder Steve Kaufer von Tripadvisor kennen. So kam es, dass Interhome-Angebote schon früh bei Booking.com integriert wurden.

Simon Lehmann blieb auch nach seinem Branchenwechsel im Jahr 2014 von Interhome zu Biketec mit Phocuswright verbunden, gleichzeitig war er Verwaltungsrat beim Airbnb-Konkurrenten HomeAway, der Ferienwohnungsplattform, die 2016 von Expedia für umgerechnet 4 Milliarden Franken übernommen wurde. Und nachdem er sich im letzten Jahr von Biketec in Huttwil BE trennte kam wenig später ein Anruf aus Manhattan: ob er Interesse hätte, Phocuswright zu leiten. Am 1. November begann er den Job.

«Research ist unser Backbone»

Phocuswright ist auf drei Säulen aufgebaut. 40 Prozent des Umsatzes wird in der Marktforschung und mit Studien erzielt («Research ist unser Backbone», sagt Lehmann) und 60 Prozent mit Konferenzen. Das dritte Standbein ist die Innovationsplattform. Hier werden Startups unterstützt, die im Idealfall, wie es das Beispiel Getyourguide zeigt, Jahre später bei Phocuswright als Sponsoren präsent sind. Dank der Innovationsplattform stehen Startups im Kontakt mit Investoren – dank dieser Unterstützung sind über 2 Milliarden Franken an Investitionen in den letzten Jahren in diese Unternehmen geflossen.

Etabliert ist Phocuswright schon lange im 320-Millionen-Markt USA, in dem die Digitalisierung des Reisebusiness Europa um Jahre vorausliegt. Doch Simon Lehmanns Vorgänger zögerten mit einer stärkeren Expansion nach Europa vorerst – wegen den sprachlichen Herausforderungen und weil man thematisch noch anders aufgestellt war. Nun holte Phocuswright mit Lehmann einen europäischen Geschäftsleiter an Bord, um eben in Europa, aber auch in Asien und Lateinamerika stärker zu expandieren.

40‘000 Meilen hat Simon Lehmann in den ersten Wochen seines neuen Jobs schon abgeflogen. Eine Woche pro Monat ist er im Büro in Manhattan, dann wieder im Homeoffice in der Schweiz oder wie eben gerade in Indien an einer Phocuswright-Veranstaltung und heute Montag fliegt er nach New Orleans an die Timesharing-Konferenz ARDAWorld.

Bald kommt es zum europäischen Höhepunkt, der Phocuswright-Konferenz in Amsterdam. Der Umbruch der europäischen Reisedistribution, wie sich klassische Reiseveranstalter in einem neuen Umfeld behaupten können und Innovation im Tourismus, werden die Haupthemen sein. Die Trends von morgen stehen ebenso auf dem Programm wie praxistaugliche Erkenntnisse aus Phocuswrights Research Abteilung. Dabei werden auch international renommierte Experten und Vordenker wie etwa Gilles Despas von Thomas Cook oder Simon Breakwell, der Gründer von Expedia Europa und Partner der Technology Crossover Ventures, auf der Bühne sein. Ein Panel zur Regulation und der Preisthematik dürfte ebenfalls für grosses Interesse sorgen, mit dabei sind EU-Parlamentarier.

Auf Mitte Mai freut sich Lehmann, der bei der Travelnews AG im Advisory Board sitzt, jetzt schon: «Nach drei Jahren in Dublin findet die Europakonferenz nun erstmals in Amsterdam statt. Die Erreichbarkeit, die sprachliche Neutralität kommt gut an: wir konnten die Anzahl Anmeldungen bereits verdoppeln – es wird eine grossartige Veranstaltung für Entscheider, Investoren und innovative, junge Unternehmen in der Reisebranche. Amsterdam ist ein hippe Stadt – und mit der Alten Börse und Platz für 800 Leute haben wir eine top Location.»