Travel Tech

Terence Kwok (l.) und Hammad Hussain präsentieren Handy auf der Terrasse von travelnews.ch. Bild: TN

Für 1 Franken pro Tag mit «Handy» unlimitiert telefonieren und roamen

Jean-Claude Raemy

Ein junger Unternehmer aus Hong Kong schickt sich an, die Hotellerie von der Konsumentenseite her zu revolutionieren. Ein Schweizer Ableger ist bereits im Aufbau.

Terence Kwok ist 25 Jahre jung, aber bereits ein Star in der Startup-Szene. Der Mann aus Hong Kong hat mit seinem vor etwas mehr als vier Jahren gegründeten Unternehmen TinkLabs die Tourismusbranche im Visier und hat dafür bereits 250 Millionen Dollar an Investorengeldern gesammelt. Kernstück des Unternehmens ist das Produkt «Handy», welches Hotels mit ihren Hotelgästen 24/7 verbinden will.

Kwok, welcher gestern erstmals in Zürich weilte und dabei auch travelnews.ch besuchte, erklärt das Konzept folgendermassen: «Handy ist das erste Tool, das die Vorteile eines persönlichen Smartphones mit einem hocheffizienten Hotel In-Room-Telefonservice verbindet.» Konkret geht es darum, dass in jedem Hotelzimmer ein «Handy» für den Gast bereitsteht. Kwok weiss, dass «Handy» in der Schweiz gleichbedeutend mit «Mobiltelefon» ist, was in anderen Ländern nicht der Fall ist, doch ist es eben viel mehr als ein Mobiltelefon: «Das Hotel kann den Gast direkt ansprechen, wenn er ins Zimmer kommt. Wenn er Handy nutzt, kann er während seinem ganzen Aufenthalt gratis lokal und international telefonieren sowie frei das Internet nutzen, ohne zusätzliche Roaming-Kosten. Dazu sind auf jedem Handy Informationen über den jeweiligen Aufenthaltsort abgelegt. Nach Möglichkeit sollen auch Eintritte und Tickets direkt buchbar sein und mit der Hotelabrechnung bezahlt werden können.»

Das Hotel kann den Gast tracken und mit diesem interagieren

Für das Hotel bietet das Tool mehrere Vorteile: Zum einen kann die Zufriedenheit der Gäste und damit potenziell das Tripadvisor-Ranking verbessert werden. Dazu erhält das Hotel aber auch ein Backend, oder genauer ein Cloud-basiertes CMS mit intelligentem Data-Management- und Analyse-Tool. Das Hotel kann so verfolgen, wonach der Gast sucht oder wo er in der Stadt unterwegs ist, und dank diesem Tracking massgeschneiderte Vorschläge machen, welche der Gast als Push-Meldung auf Handy erhält.

Dass sich der Gast beobachtet fühlen könnte, ist für Kwok kein Thema: «Der Gast ist nicht gezwungen, Handy zu benutzen. Es bietet aber so viele Vorteile, dass bislang 85% der Gäste in Hotels, wo Handy verfügbar ist, dieses auch nutzen.»

Handy gibt es im Prinzip schon seit zwei Jahren. In Hong Kong, London oder auch Mailand ist es bereits in einer Mehrheit der Hotelzimmer im Einsatz – weltweit aktuell in 100‘000 Hotelzimmern in 20 Ländern. Der nächste grosse Expansionsschritt seien jetzt die deutschsprachigen Länder. Hammad Hussain, Managing Director von TinkLabs, ist bereits hochaktiv: «Wir haben erste Gespräche in Genf geführt und fahren mit Zürich fort. Es ist auch geplant, ein eigenes Verkaufsteam in der Schweiz zu haben. Die Rekrutierung läuft und wir haben bereits einzelne Zusagen.» Sitz von Handy Schweiz wird in Zürich sein. Weltweit hat Handy bislang 17 eigene Repräsentanz-Büros.

360 Franken Investment pro Zimmer pro Jahr

Für den Kunden ist der Service im Zimmerpreis inkludiert. Für das Hotel betragen die Kosten lediglich 1 Euro, oder in der Schweiz 1 Franken, pro Gerät pro Tag, wobei auf ein Zimmer jeweils ein Gerät kommt. Macht also pro Zimmer 360 Franken pro Jahr – ein überschaubares Marketing-Investment.

Dass die Kosten so tief sind, hat mehrere Gründe. Zum einen wird der lokale Content, also der Stadtguide, von der in Mailand ansässigen Firma Luxos geliefert, welche seit Kurzem in Besitz von Kwok ist. Guides für Zürich oder andere Städte, wo Handy noch nicht verfügbar ist, seien bereits vorhanden und würden laufend aktualisiert. Zum anderen sind die Mobilgeräte ein Eigenbau. Die chinesische Firma Foxconn, welche auch die Iphones baut, ist einer der grossen Investoren bei TinkLabs und liefert ein massangefertigtes Gerät für TinkLabs. Das Betriebssystem ist allerdings Android.

Ein Blick auf «Handy» zeigt: Die Bedienung ist einfach und die Inhalte können in mehreren Sprachen abgerufen werden. Pro Stadt ist ein gewisses Set an Sprachen vorhanden; dieses wird aber von Handy vorgegeben und kann nicht vom Hotel individuell gewählt werden. Nebst Englisch sind Französisch, Italienisch, Russisch, Chinesisch, Hindi und weitere Sprachen im Angebot. Theoretisch sind dank der modernen Technologie auch Erweiterungen möglich. So kann Handy auch als Fernbedienung im Zimmer oder dank NFC-Technologie als Zimmerschlüssel verwendet werden.

Das Hotel kann auch sparen

Kwok erklärt, er sei nicht aus der Hotelbranche, sein Approach mit Handy sei daher jener eines Konsumenten gewesen. Er glaubt, dass Kunden möglichst einfach – sprich mobil – Informationen zum Hotel und zur Stadt wollen und auch einfach ein Mobiltelefon mitsamt Internet haben wollen. «In vielen Hotelzimmern hat es zahllose Broschüren, Bücher, Guides, teils auch Tablets. Das ist den Kunden zu umständlich. Auch das hoteleigene Wi-fi kann als umständlich empfunden werden, je nach dem wie das Sign-Up funktioniert. Mit Handy hat man alles in einem: Telefon und somit permanente Erreichbarkeit, Internet und damit alle nötigen Informationen, sowie eine Art Standleitung zum eigenen Hotel, dessen Concierge-Dienst man über die Taste 0 ganz einfach erreicht.» Diverse Hotels, welche Handy anbieten, hätten bereits die Zimmertelefone entfernt. «Dank Handy können Hotels bei der Zimmerausstattung auch sparen», erklärt Kwok.

Der «free travel buddy» kann im April in der Schweiz loslegen

Kwok und Hussain nennen das Prinzip hinter Handy den «free travel buddy», also ein kostenloses Tool, welches den Aufenthalt in einer fremden Stadt für Gäste massgeblich vereinfacht. Dass bislang vor allem Luxushotels Handy anbieten – beispielsweise das The St. Regis in Istanbul, The Fullerton in Singapore oder das Ritz Carlton in London – ist für Kwok zwar erfreulich, widerspiegelt aber nicht das eigentliche Ziel: «Wir wollen uns in der Breite, im 3- bis 5-Stern-Segment, etablieren. Von der Kostenstruktur her sollte dies möglich sein.»

Nachdem zurzeit alle Handy-Geräte bereits vergeben sind, dauert es noch bis April, bis weitere 500‘000 Stück vorliegen. Bis dahin will Kwok dann auch Schweizer Hotels unter Vertrag haben. Er ist sich sicher, dass wenn ein Hotel Handy anbietet, andere Hotels der Umgebung ebenfalls das neue Tool anbieten werden. «Wir wollen und müssen sehr schnell expandieren. Der Startschuss zur aggressiven globalen Expansion erfolgte vor zwei Monaten. Das Gros unseres Kapitals wird in Handy investiert. Ich bin überzeugt, schnell in der Schweiz und in anderen Märkten Fuss fassen zu können.»

Die hohe Summe, über die Kwok verfügt, unterscheidet sein Produkt denn auch von Nachahmern, welche bereits auf den Plan getreten seien: «Wir haben ein paar Konkurrenten, aber niemand hat soviel Investitionsgeld, weshalb wir am besten und am schnellsten expandieren können.» Schweizer Hoteliers, welche sich für das Produkt interessieren – und möglicherweise vom besonderen Status als «Launch Customer» profitieren wollen – können sich direkt bei Hammad Hussain bei TinkLabs Europe Ltd. In London melden.