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Jede einzelne finanzielle Transaktion in der Schweiz ist betroffen. Bild: Fotolia

Sind Reisebüros bereit für den neuen Zahlungsverkehr?

Jean-Claude Raemy

Alle Unternehmen müssen innert den nächsten Monaten auf die neue Zahlungsnorm ISO20022 umstellen. Viele KMU, darunter viele Reisebüros, haben sich mit der Thematik offenbar noch nicht auseinandergesetzt.

Sagt Ihnen der Begriff «ISO20022» etwas? Nein? Sie sind nicht allein. Und doch sollten Sie sich, sofern Sie Unternehmensinhaber sind, schnell damit auseinandersetzen. Denn dieser Begriff steht für radikale Wechsel bei der Zahlungsnorm, welche jede einzelne finanzielle Transaktion in der Schweiz im kommenden Jahr betreffen werden.

Oder anders gesagt: Vielleicht müssen Sie Kontonummern und Software-Standards ändern, sonst erhalten Ihre Angestellten plötzlich keinen Lohn und Rechnungen von Lieferanten werden nicht mehr sauber beglichen. Oder wussten Sie, dass künftig anstelle von Kontonummer, BIC-Nummer usw. nur noch ausschliesslich eine internationale IBAN-Nummer verwendet wird? Eben. Das bedingt Vorbereitung und bringt vermutlich auch Kosten mit sich.

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Was hat es mit ISO20022 also auf sich? «Dieser Standard der International Organization for Standardization, ISO, hat sich zum Ziel gesetzt, eine weltweite Konvergenz von bereits existierenden und neuen Nachrichtenstandards aus den verschiedenen Bereichen der Finanzindustrie herbeizuführen», erklärt Gabriel Juri, Leiter Arbeitsgruppe Kommunikation Migration Zahlungsverkehr bei der Six Interbank Clearing AG in Zürich. Der lange Titel ist vielsagend: Für diese Migration gibt es eine eigene Kommunikationsstelle. Dies, weil trotz vielen Informationen von Seiten der Banken und der Postfinance die Message noch nicht überall angekommen ist. Die Six Interbank Clearing, eine gemeinsame Gesellschaft von Postfinance und Banken, organisiert die Umstellung – und gibt jetzt kommunikativ nochmals Gas.

Was man hierbei noch wissen muss: In der Schweiz sind zwei verschiedene Zahlungssysteme gebräuchlich – eines der Postfinance und eines der Banken. Täglich fliessen rund 500 Milliarden Franken durch die beiden Systeme. Weil sie mit unterschiedlichen Normen arbeiten, erschwert dies die Zahlungsabwicklungen und verursacht Kosten. Auch deshalb braucht es die Vereinheitlichung.

Also zurück zur ISO 20022: Diese umfasst neben Meldungen des Zahlungsverkehrs und Kontoreportings auch weitere Bereiche wie den Wertschriftenhandel, den Aussenhandel oder das Treasury. Ziel des ISO-20022-Standards auf XML-Basis ist ein höherer Automatisierungsgrad der Zahlungsprozesse.

Hintergrund der Umstellung ist die revidierte Geldwäschereiverordnung, welche von der Eidgenössischen Finanzmarktaufsicht FINMA am 1. Januar 2016 in Kraft gesetzt wurde. Dazu gehört auch die Einführung eines neuen Einzahlungsscheins mit Datencode – dessen auf Mitte 2018 geplante Einführung nun aber bis auf Weiteres verschoben wird. Das klingt alles kompliziert und ist es auch. Gerade deshalb ist es laut Juri zwingend notwendig, sich frühzeitig mit seiner Hausbank in Verbindung zu setzen, um die nötigen Änderungen vorzunehmen.

Risiken erkennen und vorbeugen

Die Banken müssen bis im November dieses Jahres ihre Software an die neue Norm angepasst haben. Die Kunden der Banken und der Postfinance, also die Unternehmen, haben bis Mitte 2018 Zeit, umzustellen. Trotz dem langen Zeitrahmen ist Vorsicht geboten: Einzelne Finanzinstitute werden gewisse Überweisungsverfahren, wie etwa Lohnzahlungen, bereits Ende dieses Jahres umstellen. Deshalb muss man wissen, wie die eigene Bank vorgeht.

Grösseren Unternehmen mit viel Zahlungsverkehr und professionellen Strukturen haben ihre Hausaufgaben gemacht und sind dran. Im KMU-Bereich ist das Problem weniger bekannt – wobei laut einer GFS-Studie auch der Aufwand deutlich geringer sein dürfte. Ein Problem ergebe sich dann, wenn ein Risiko nicht erkannt oder der Aufwand falsch eingeschätzt werden.